Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Ingberter Anzeiger“? mit seinem Unterhaliungeblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dien Stag, Donnerstag 
nd Samsfag. Abonnementspreis vierteljährig 45 Krzr. oder 13 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile 
Blrlattschrift oder deren Raum berechnet. 
Dounner stag, den 29. Oetober 1868. 
Nro. 129. 
Deutschland. Wien 24. Oct. Das Büdget für 1800 wird von der 
Mänchen, 21. Olt. Die neuesten Nachrichten schreiben: Regierung erst nach Schluß der Delegationen im Reichsrathe ein⸗ 
(Ultramontane Feier des 18. Olt.) Den Jahrestag der Leipziger hebtacht werden. Als Nachfolger Herr v. Werther's soll nicht 
Sclacht, an welchem das deutsche Volk den Tyhrannen Napoleon herr v. Magnus, sondern der derzeitige preußische Minister Graf 
iederschlug und Deuischland von der Schmach der Fremdherr⸗Eulbenburg bestimmt sein. Herr von Magnus soll für 
schaft befreite, weiß der „Volksbote“ nicht würdiger zu feiern, als den Posten eines Generalconsuls des norddeutschen Bundes in Peft 
ihem er schamlos die Erwartung auf baldiges Erscheinen fran⸗ best:mmt sein. — W 
oͤsischer Heere auf deutschem Boden ausspricht. Auf Seite 1051 Die freie christliche Gemeinde in Grat hat ihre eigene Schule, 
pricht namlich der „Vollsbote“ von den Protesten, welche die einstweilen mit 26 Kindern eröffnee. — 
chemaligen Herrscher von Hannover, Kurhessen und Nassau gegen Wien, 27. Oct. Der „R. Fr. Pr.“ zusolge gab geftern 
idre Vertreibung erhoben haben. Der „Volksbote“ sagt dahbei der Reichskunzler v. Beust zur Rechtfertigung der Forderung einer 
mortlich: Die vertriebenen Fürsten würden schwerlich so entschie · Kriegsstärle von 800,000 Mann (die schließlich mit großer Mehr— 
den hervorgetreten sein, wenn sie nicht wüßten, wie schlecht es um heit bewilligt wurde) eine Erklürung ab des Inhalts: Oesterreich 
Hreuhen steht, und daß die französischen Kanonen bald alle ge- unterhalte mit Frankreich und England die besten Beziehungen, 
laden sein werden — einschließlich der Kugelspritzen, vor denen auch mit Italien siehe man auf freundschaftlichem Fiß, nur habe 
die lapferen Preußen so entfetzlich Respect haben. Ein preußischer Italien nicht immer freie Hand. Gegenüber Preußen werde Oeker— 
Dintertheil ist auch nicht viel besser, als der eines Garibaldijüng- reich unverändert an der Politik festhalten, jeder Wiedervergeltung 
üngs, um daran Kugelspritze und Chassepots ihre Trefflichkeun zu entsagen. Auch mit Rußland werde man verjuchen, freund- 
probiren und Wunder thun du lassen — zum Beften der deuts schaftliche Beziehungen zu unterhalten. Gegenüber der Eventualität 
schen Freiheit, die ohne ausgiebige preußische Prugel unmöglicheines Conflicts zwischen Frankreich und Preußen aber müsse Oester- 
e Wir bedauern die Stadt München lief, welche wahrscheine reich gerüftet sein, jowohl um der eigenen Neutralität Achtung zu 
uͤch die Schmach nicht verdient, daß solche schändliche Niederträch— verschaffen, als andere vielleicht zum Eingreifen geneigte Maͤchte 
tigkeit in ihr von Einzelnen zur Schau getragen wird. Aber zurüczuhalten. Schließlich bezeichnete Herr v. Beust die Donau⸗ 
auch heute müssen wir wieder fragen: Welchen Namen verdient fürstenthümer als einen wichtigen beachtenswerthen Punlkt für die 
die Partei, die solche Vertretung duldet und welchen Namen der- Verhältnisse des Orient. 
jenige Theil des Kierus, der oͤhne Scham ausspricht; „Was Prag, 21. Oct. Soeben hält der Kaiser Ferdinand seinen 
der Voltksbote will. das wollen wir, und was wir wollen, das Linzug. Was mag der greise Fürst sich wohl denken, wenn er 
will dir Volksbote? die heutigen Zustände hier erblict und in seinen Erinnerungen 
Darmstadt, 28. Oct. Der Gemeinderath hat den Gehalt 20 Jahre zurückgeht, und welche Gedanken mögen wohl diese 
der Volksschullehrer auf ein Minimum von 700 fl. und auf ein Menschenmasse bewegen, die eben den Einziehenden stumm begrüßi? 
Maximum vdon 1000 fi. sixirt. — Zwei Decennien der so wechselvollen Geschichte Oersterreichs ziehen 
Nach der „Post“ wird das darmfädtische Militärberkörpert, gestaltenreich und bewegt wie in einem Zauberspiegel 
mit Anfang des nächsten Jahres ganz nach preußischem Muster an uns vorliber. 
uniformitt.. 
Baden-Baden, 26. Oct. Gestern wurde der neuent⸗ 
worfene Telegraphenvertrag von den Bevollmächtigten 
der betheiligten Regierungen unterzeichnet. Die Conferenz ist ge— 
schlossen. Der Veitrag wird spätestens mit Juli 1870 in Wirk 
jamkeit treten. 
Berlin. 26. Oct. Daß der General v. Moltke plötzlich 
und unerwartet nach Baden berufen worden ist, wird mit der 
Vertheidigung Süddeutschlands in Verbindung gebracht. Ja, man 
geht sogar so weit, zu versichern, der berühmte General sei dazu 
bestimmt, die Vertheidigung Badens direct zu organisiren, wenn 
dessen Eintritt in den norddeutschen Bund beschlossen werde, was 
der Fall sein wird, sobrld Frankreich irgend eine Miene mache, 
seine Kriegsabsichten gegen Preußen zu verwirklichen. Jedenfalls 
ist es jetzt von der höchsten Wichtigkeit, daß die süddeutschen Ver—⸗ 
heidigungskräfte mit denen des Nordbundes in Einklang gefetz 
werden. 
Berlin, 26. Oct. Die „sreuzzig.“ erklärt positiv, daß 
leinerlei Landtagsvorlagen über einen zuerhebenden Zuschuß zur Ein— 
lommen⸗ resp. Klassensteuer zu erwarten seien. — Der norddeutsche 
Gesandte in Wien, Frhr. v. Werther wurde heute pom König 
empfangen. — Gestern ist der Landschaftsmaler Ed. Hildebrandf 
gestorben. 
Die Getreide⸗Transportle aus Ungarn und Oesterreich nehmen 
bereits wieder solche Dimensionen nach dem Rheine und Frank⸗— 
reich an, daß die betreffenden Eisenbahnderwaltungen eigene große 
Packwagen in Masse zu diesem Zwecke zur Verfügung siellen 
mußten, welche sich durch besondere Inschriften kenntlich machen. 
Wien, 23. Oct. Der bisherige spanische Gesandte am 
Wiener Hofe, Herr della Torre Ahllon, hat gesiern auf telegra— 
ohischem Wege aus Madrid die Benachrichtigung erhalten, daß die 
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hm die Weisung zu, die Legation an den ersten Gesaudtschafts- 
Attache, Herrn Baquer zu übergeben. 
Paris, 22. Oct. Gestern sprach ganz Paris von einem 
gegen den Kaiser ausgeführten Attentate während der Jagd im 
Walde von St. Germain; richtig scheint zu sein, daß einem Diener 
ungeschickter Weise ein Gewehr losging und einen der in der Nähe 
des Kaisers stehenden Jagdgäste (Caumont-Tinguy) verletzte. 
Das Gerücht, der nordamerikanische Staatssekretür Seward 
habe der spanischen provisorischen Regierung Anträge gestellt, die 
Infel Cuba zu verkaufen, ist falsch. 
Paris, 28. Oct. Die France meldet, die Regierung sei 
geneigt, dem Vorschlag Spaniens, über den Verirag zur Grenz⸗ 
feststellung Ratificationen auszuwechseln, keine Schwierigkeiten eni⸗ 
gegen zu setzen. — Moustier empfing gestern Mery, der beauf—⸗ 
tragt ist, provisorisch die spanische Gesandtschaft zu führen. — 
Die „Liberte“ wiederholt ein Börsengerücht, nach welchem Dãne⸗ 
mark eine energische Note an Preußen gerichtet habe. 
Paris, 24. Oct. Frankreich steht also viel ßärker und 
ungleich weniger umdroht da, als seit 50 Jahren! Die napole— 
onische Karte lehrt es und die inspirirte Presse, sogar die France 
ruft dazu: „Es ist dies eine unbestreitbare Thatsache!“ Wie 
zanz anders lautete vor dem 17. September, dem Tage von 
Fadix die Sprache dieser Neinmalweisen! Frankreich, so lautet 
jetzt das Selbstlob der Franzosen, Frankreich hat territorial Alge⸗ 
rien erobert, Savohen und Nizza „erlangt“; strategisch hat es sich 
m Mittelmeer durch seine algerischen Häfen verstärkt, die Toulon 
gegenüber, diesen Theil des Meeres beherrschen, in Italien durch 
derstellung der Alpenlinie, auf der Rheinseite durch die erlangte 
Käumung und Zerstörung der Festung Luxemburg; dipkomatuisch 
ist die besjere Stellung Frankreichs in Europa außer Zweifel, 
und ist Preußen seit 1866 gröder, so ist doch dafür das alte 
System der Allianzen gebrochen, der norddeutsche Bund nur ein 
Stück von Deutschland, das vom Süden durch Zeinen Vertrag in 
aller Form abgetrennt ist; Preußen ist isolirs und schaut' sich