Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hork nach alter Gewohnheit eine Rede, in welcher er die Wich— 
igkeit der bevorstehenden Präsidentenwahl hervorhob. Er ver— 
heidigte zwar den von Johnson eingeschlagenen Weg der Re— 
ronstruction der Südstaaten und verwarf die Politik der radicalen 
Partei, an den ex die gewaltthätige Rückzängigmachung getroffe— 
ner, wenn auch unkluger Staatsmaßregeln tadelte, jedoch be— 
lennt er sich selbst noch immer zu den sclavereifeindlichen Repu⸗ 
zlikanern als den Unionsrettern. Der Sieg der Democraten ir 
der bevorstehenden Präsidentenwahl dagegen würde die Wiederauf 
zichtung der Ruhe und des Friedens im Lande verzögern. 
New-York, 3. Nov. Die Indianer geiffen am Sams 
jag einen Zug der Pacific⸗Bahn an und beschädigten denselben 
ernstlich. Die Bahnzüge erhalien von nun' an militärisches 
Beleite. 
Vermischtes. 
Landau, 29. Oct. Am letzten Samstag ging Lehrer 
Keller von Ingelheim nach Barbelroth. Als er in das Müblhofer 
Wäldchen kam fiel ein Schuß — Keller hatte 16 Schrot im 
BGesicht und der Hase, dem der Schuß galt, lag todt am 
58 Ein Bauer aus Mühlhofen war der Held dieses Doppel 
schu es. 
n Der Sp. Anz. enihält folgende spaßige Anzeige; Ein Land⸗ 
wehrmann, beinahe verheirathet, sucht zu seiner Ausbildung als 
Kanzleidiener eine passende Stelle. 
f In Frankfurt wurde am 31. Oct. das Denkmal des 
um die genannte Stadt hochverdienten Simon Moriz von Beth— 
nann (an seinem hundertjährigen Geburtstage) feierlich ein 
geweiht. I J 
f Essen, 28. Oct. (Falschmünzer.) Vor circa 14 Tagen 
gelang es der hiesigen Polizeibehoͤrde, die Fäden zu einer Falsch 
münzerei in di Hände zu bekommen, in Folge dessen hier wie in 
Berbeck Verhaftungen von Personen erfolgten, die außerdem durch 
die dabei vorgenommenen Haussuchungen noch das Auffinden meh⸗ 
rerer falscher Münzen, wie auch einiger Bruchstüdde die Formen 
herbeiführten. Ein Complice der Falschmünzer, und zwar einer 
der wesentlich belastetsten, hatte es jedoch verstanden, sich vorläufig 
dem Arme der Gerechtigkeit zu entziehen, bis auch er denn gestern 
in Winen hinter Schloß und Riegel gebracht worden ist. Die Fa⸗ 
brikate beschränkten sich lediglich auf Nachahmung preußischer Ein ⸗ 
thalerstücke neuerer Prägung. 
Die Schwurgerichtsverhandlung gegen den wegen versuch⸗ 
jen Mordes angeklagten Stud. jur. Guͤtbier hat in Berlin am 28. 
Oct. mit der Freisprechung desselben geendet. Bei seiner Ver⸗ 
nehmnng erklärte der Angeklagte, daß er aus Verzweissung über 
die Untreue und den Lebenswandel des von ihm geliebten Mäd⸗ 
hens — dasselbe ist schon zweimal ohne Erfolg im Magdalenen⸗ 
zift gewesen und auch wegen Diebstahls bestraft — sich selbst 
jabe das Leben nehmen wollen. Als er dazu die Waffe erhoben, 
ei ihm das Mädchen in den Arm gefallen und durch Losgehen 
)es Schusses verwundet worden. Die Selbstbeschuldigung habe 
r nach der That nur erhoben, weil er das Leben überdrüssig ge⸗ 
wesen. Seine Aussage vor Gericht gab das Bild eines tief zer⸗ 
rütteten Seeelenzustandes und machte großen Eindruck, wogegen 
zie Vernehmung des mit der größten Dreistigeeit auftretenden 
Frauenzimmers einen traurigen Blick in die socialen Zustände 
hun ließ. Ihre Aussage war schwankend, bald belastend, bald 
beschuldigend, so daß über den Hergang selbst sich nichts JZuver- 
iässiges ermitteln ließ. Der Staatsanwalt hielt die Anklage auf 
oersuchten Mord aufrecht. Der Vertheidiger Rechtsanwalt Mun⸗ 
lel, führte aus, daß der Angeklagte seiner Leidenschaft seine Le⸗ 
hensstellung, seine Familie, seine Mutter geopfert; als er' sah, 
daß dies alles nicht half, habe er beschlossen, sich den Tod zu 
jeben, und zwar in Gegenwart des Mädchens, um durch diesen 
egten Alt vielleicht noch heilsam auf das Mädchen zu wirken 
Ddaß der Schuß nicht ihn, sondern das Mädchen getroffen, sei 
ein Glück, denn er sei der Ansicht, daß der Angeklagte noch 
so viel sittliche Kraft besitz, um der menschlichen Gesellschaft 
noch etwas nützen zu können. Nach verhältnißmäßig kurzer 
derathung erklaͤrten die Geschworenen den Angeklagten für 
uicht schuidig. Der Verhandlung wobnle ein zahlreiches Damen⸗ 
Bublikum bei. 
Durch eine Explosion schlagender Weiter in dem 
Lothschild'schen Kohlenschachte „Wissenschaft“ bei Polnisch-Ostrau 
vurden am 29. October ein Bergarbeiter getödtet, drei ver⸗ 
vundet. 
In Pest, ist der dreijährige Knabe der Näherin 
A. Platz in dolge übermäßigen Genusses geistiger Getränke plötz 
äch gestorben. 
t Im Kurhaus zu Meran wurde ein angeblicher Baron 
Zaß aus Mainz verbaftet welcher hor einigen Monaten einem 
üddeuischen Gastwirih 1300 Thlr. gestohlen haben soll. Der 
elbe trug in Meran studentliche Abzeichen. — Es ist dies der⸗ 
elbe junge Mann, welcher sich als Baron von Scharowski kürz⸗ 
ich im Bad Gleisweiler aufhielt und am 9. October einer 
dame daselbst mittelst Erbrechung aus einem Kleiderschranke 
300 Thlr. gestohlen hat. Die Identität der Person ist bereits 
estgestellt. Er wird zunächst an das Untersuchungsgericht 
rach Mainz abgeliefert, von welchem er zuerst reclamirt 
worden war. 
“ Henri Rochfort ist ein Taschenspieler. Kaum hatte er 
ieine Lalerne in Brüssel geschrieben, so wur, sie schon in Frank⸗ 
reich in vielen tausend Exemplaren verbreitet. Es. war zum Todt⸗ 
irgern. Endlich haben die Grenzzöllner herausgehracht, daß sie 
Kaiser Naßoleon selber einschmuggelte, er wußie, freilich nichts 
davon. Wöchentlich langten aus Belgien und JIltallen große 
Transparte von Büsten des Kaisers an und in den Büsten siacken 
die Laternen. 
F In Graudenz wurde die Tischlerswittwe Tschirichni 
aus Jesiorken wegen Gattenmords zum Tode, der Käthner 
Jäschke wegen Theilnahme daran zu zwanzig Jahren Zuchthau 
verurtheilt. 
1 Zwei Engländer, welchen die Stellwagenfahrt von Bozen 
nach Trient um fünf Gulden per Siz zu theuer erscheint nud dir 
daher die Wiedereröffnung der Bahn abwarten wollen, haben sich 
in cinem dem Rendelsteiner Thurme gegenüber an. der Talfer ger 
egenen Hause eingemiethet. Als sie nämlich jenes alte, von der 
Talfer leßthin bedenklich unterwaschene Bauwerk. bechtigten. be⸗ 
jauptete der Eine, es werde in 14 Tagen zusam nenstürzen wo— 
rauf der Andere sogleich 100 Pfd. Sterling wettete, der Thurm 
verde noch seine vollen sechs Wochen aushalten. In dem best⸗ 
gelegenen Zimmer jenes Hauses stellten sie alsbald nach ihrem 
Finzuge einen photographischen Apparat auf, bei dem sie Tag und 
Nacht abwechselnd Wache halten, um Rendelstein im Augenblicke 
»es Zusammensturzes aufzunehmen. Vor der Hand steht der 
Thurm noch. 
7 Das ferne Ostaflen hat nun auch einen Musensohn in der 
Berson eines jungen Japanesen nach Heidelberg geschickt, der da⸗ 
elbst naturwissenschaftliche Vorlesungen besuchen will und schon 
iemlich gut deutsch spricht. 
Der gegenwärtige Sultan besitzt 900 Franen — alle Weiber 
des Harems, Odalisken ꝛc. mitgerechnet. Eigentliche Gemahlinne ie 
hat Se. türkische Majestät nur drei von ausnehmender Schönheit: 
Dournel („die neue Perle“), Hairant Dil Evortrefsliches Herz) 
und Eda Dil (., die Eleganz des Herzeus“). Die Zahl der Eunucheñ—, 
cammerherren, Pagen, Garden, Kutscher, Pfeifenstopfer ꝛc. be⸗ 
rägt 2300. Täglich werden im Serail 500 Tische gedeckt, 
an denen zweimal im Tage bei 6000 Portionen Speisen ser⸗ 
virt werden. 
f Wien, 2. Nov. Gewinnjziehung der 1860er Loose. 
daupttreffer 300,000 fl. erhielt Serie 13094 Nr. 18; zweite 
Treffer auf Serie 18832 Nr. 3; dritte Treffer auf Serie 8470 
Ar. 1; in 10,000 fl. gewinnen Serie 16754 Nr. 10, S. 6935 
Rr. 14; in 5000 fl. gewinnen S. 667 Nr. 10; S. 667 Pr. 
15, S. 2020 Nr. 14, S. 5237 Nr. 6, S. 7907 VNr. 14, 
5. 8268 Nr. 10, S. 9592 YNr. 3. S. 9731Nr. 1, S. 11890 
Rr. 8, S. 11480 Nr. 12, 6. 13278 Nr. 3, S. 15295 Nr, 
5. S. 18713 Nr. 5, S. 18328 Nr. 20. 
Wer 2uusik liebt 
den machen wir ganz besonders auf die Firma J. H. Heller 
in Bern aufmerksam, welche Spielwerkle und Spieldosen, fowie 
zie verschiedenartigsten Gegenstände mit Musik (letztere fast aus— 
chließlich eigene Erfindung) in der größten Mannigfaltigkeit lie⸗ 
ert. Wenn man die aufs reichhaltigste ausgeftatteten Maga— 
ine besichtigt und eine Production der größern Werke anhört, wie 
. Beispiel die großen Orchestrions und die electrischen Klaviere, 
zeren Spiel, sowie das Sprühen der electrischen Flammen, an's 
Unglaubliche grenzt, wird man unwillkürlich von dem Wunsche be— 
eelt, ebenfalls ein solches Werk zu besitzen. „Der Wein er— 
reut des Menschen Herz“ aber die Spielwerke von J. H. 
deller nicht minder. Liebhabern der Musik können wir die— 
elbe um so mehr empfehlen, da der Ruf der Heller'schen Spiel⸗ 
verke sich nicht nur über ganz Europa, sondern bis in die fernsten 
Begenden jenseits der Meere erstreckt, rathen aber zu direckem Be⸗ 
zug, da wie wir vernommen haben, durch sogenannte Vermittler 
fielfach unechte Werle untergeschoben werden. Wer daher seinen 
ieben Verwandten und Freunden oder sich selbst eine Weihnachts⸗ 
* machen will, wende sich dirett an J. G. Heller in 
ern. e