St. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 150. Donnerstag, den 17. Deeember 1888.
Dent schland.
Mänuchen, 11. Dec. Der „Abdztg.“ schreibt man: Der
dnig wird Montag den 21. December aus Hohenschwangau sier!
urückerwartet, wo er dann zu längerem Aufenibalt die k. Nesidenz
beziehen wird. Von einer demnächst bevorstehenden Reise desselben
nach Petershurg ist in Hofkreisen nicht das Mindeste bekannt und
et sind auch keinerlei Vorbereitungen getroffen, welche auf eine
derartige Absicht des Königs dcuten könnten.
München, 11. Dec. Nach dem Gesetzentwurf, das Wehr—
geld betreffend, unterliegen einer jährlichen Reluitionsabgabe
Wehrgeld) für die Gjährige Dienstzeit im stehenden Heere alle
dicjenigen Wehrpflichtigen, welche nicht zur wirklichen Ableistung
der Dienstzeit in der acktiven Armee gelaugen. Die Größe dieses
Wehrgeldes wird nach dem Gesammi-Einkommen der Pflichtigen
estgesetzt und zwax auf 3 fl. (Kinkommen von 2090 fl.), 6 il.
201 -300 fl.), 9 fl. (301 - 400 fl.), 12 jl. (401 -500 fl).
15 fl. (501-690 fl.), 18 fl. (601-- 700 ff.), 21 ft. (704 —
00 fl.), 30 fl. (801 — 1000 fl.), 40 fl. (1003 --1200 fl.),
30 fl. (1201 - 1400 fl.) und so fort in der Weise, daß jede
veiteren 200 fl. eine Erhöhung von 10 fl. bilden bis zur Er—
eichung des zMaximums von 100 fl. — Befreit sind die in der
dendarimerie Dieuenden, diejenigen, welche durch im Dienste er—
ittene Beschädigungen von gänzlicher igrfüllung der Wehrpflicht
hefreit wurden, welche ein die Ecwerbsfähigkeit in hohem Grade
zeschränkendes Gebrechen haben-und zugleich vermögenslos sind,
velche ihren Lebensunterhalt theilweise oder ganz von der Armen—
flege empfangen. Aus dem Ertrage des Wehrgeldes werden zwei
jesonderte Fonds gehbildet, von welchen der eine unter der Ver—
vwaltung des Staatsministeriums des Innern zu Kapitulationsver—
zütungen der Gendarmerie, der andere unter der Verwaltung
des Kriegsministeriums zu Kapitulationsvergütungen der activen
Armee bestimmt ist. Dem für die Kapitulationsvergütungen der
Zendarmerie bestnntten Fond wird von dem Ertrage des Wehr—
zeldes ein Averfum von jährlich 60,000 fl. zugewiesen. So lange
zicht 6 Jahrgänze Wehrgeldpflichtiger vorhanden sind, wird dieses
Aversum auf jährlich 10,000 fl. für jeden in die Beitragspflicht
zetretenen Jahrgang festgesetzt. Die Art der Verwendung wird
zurch Verordnung bestimmt. — Das nach Abzug dieses Aversums
erbleihende Erträgniß des Wehrgeldes bildet den unter der Ver—
valtüng des Kriegsministeriums stehenden Fond. Aus demselben
rhalten Kapitulanten, welche Unteroffiziere sind oder in Unteroffi—
ziersrang stehen, für jedes im Laufe ihrer Reserves und beziehungs—
veise Landwehrpflicht mit entsprechendem Betragen im Dienste
oirklich präsent zugebrachte Jahr, vom 1. Januar 1869 an ge—
rechnet, eine Kapitulationsvergütung von 100 Gnlden. *
München, 12. Dec. Der k. Staatsminister des k. Hauses
ind des Aeußern, Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst, hat in Folge
illerhöchster Ecmächtigung gestern aus den Händen des k. k. öster⸗
zeichischen w. Geheimeraths Grafen v. Ingelheim das kaiserliche
Schreiben entgegengenommen, welches denselben in der Eigenschaft
ils k. k. österreichischen außerordentlichen. Gesandten und bevoll—
nächtigten Minister am hiesigen Hofe beglaubigt.
— Dem k. württembergischen Staatsrath und Bevollmäch—
igten Württembergs bei den Militärconferenzen der süddeutschen
Staaten, Scheuerlen, wurde das Großcomthurkreuz des Verdienst-
)rdens vom hl. Michael verliehen.
— Dem ek. Staatsministerium der Justiz ist zur Kenntniß
zekommen, daß ein Landgericht auf Anregung des vorgesetzten
Bezirbsgerichts eine Reihe mufangreicher Acten an das nächstge—
egene Archin einsendete, ohne daß zuvor das erforderliche Beneh—
men mit dem k. allgemeinen Reichsarchive, wie es bei den Appel—
ationsgerichten und Kreisregierungen längft in Uebung ist, ge⸗
yflogen worden war. Um der Wiederkehr solcher Vorkommnisse
zu begegnen und zu verhindern, daß die zur Aufnahme der werth—
jollen Archivalien bestimmten Räume nicht durch Ueberfüllung der
Archive mit Acten, deren Inhalt kein dauerndes Interesse bietet,
lerkürzt werden, hat das k. Staatsministerium der Justiz im Ein—
verständniß mit dem k. Staatsministerium des Innern die We—
sung ergehen lassen, daß in allen Fäller, wo Stadt- oder Lande
zerichte und Bezirksgerichte die Abgabe von Acten am die Archivs-
conserpatorien beabsichtigen, vörher die fragkichen Acten in“ allen
Inuptgruppen deutlich verzeichnet und diese Verzeichnisse, wenn es
ich um bezirksgerichtliche Acten handelt/ durch das einjchlägige
Appell ationsgericht, wenn aber Acten der Stadt- oder Landgerichte
un Frage stehen, durch das vorgefetzte Bezirlsgericht mit—
elst einfacher Note an das k. allgemeine Reichsarchiv zur Einsicht
uind Aeußerung eingesendet werden.
— Naͤch dem Gesetzentwurf jber das Wehyrgeld tritt zur
Festsetzung desselben in jedenn Eesaßbezirke ein Ausschuß in Thä⸗—
igkeit, welcher besteht: a) aus dem Vorstande der Dristricksver—
valtungsbehörde (in unmittelbaren Städten dem Bürgermeister)
der dessen Stessvertreter als Vorsitzendem, b) aus drei fständigen
Nitgliedern für den ganzen Ersatzbezirk (aus den füuf bürgerlichen
Zeisitzern der Ersatzcommission durch das Loos bestimmt), ch) aus
dem Bezirksarzte gder einem Stellvertreter desselben, d) je für
die Gemeinde, um deren Pflichtige es sich Jandelt, aus dem Ge—
neindevorstande oder dessen Stellperkretck. beziehungsweise in grö—
zeren Städten aus dem Districtsvorsteher! des trefsenden Stadte
nezirkes oder einem von dem Magistrat zu bestimmenden Stellver⸗
reter desselben. J
München, 13, Dec. Die württembergischen Bevollmäch—
iaten, Eisenbahndirector'v. Klein'und Finanzrash Knapp, sind heute
Morgens nach Stuttgart zirückgekehrt. nachdem gestern Abends im
Auswärtigen der Staatsvertrag wegen Herstellung einer Eisenbahn⸗
verbindung von Rürnberg üser Ansbach nach Crailsheim unter—
eichnet worden. — D eeen an hub der, Abg.-Kammer
riti morgen Vormittags 9 Uhr zusammen — Der Reichsraths-
ammer⸗ Ausschuß hat das I. und lil. Buch des Civilproceßent—
vurfs in zweiter Lesnag erledigt.
München;! 14. Pet. Der Aßgeorduete Mandel beantragt,
»er Gemeindeordnung folgenden neuen' Artikel beizufügen: „Die
Zemeinden sind auch berechtigt, ihre Augehörigen, oder einen Theil
der einzelne Klassen derselbzne durch ottspolizeiliche Vorschriften
u dersönlicher Theilezhu an Feuerwehrübungen unsdr Androhung
er im Art. 175. A0j. 2. 283 Polizeistrafgesetzbuches festgesetzten
Zlrafen auzuhaszRen.
Tienstesnachrichten.
Der Grenzobercontroleur F. Wellnhofer in Habkirchen, Haupt⸗
pslamts Zweibrücken, ist nach Berchtesgaden versetzt und an dessen
Ztelle der berittene Grenzoberaufscher A. Brunner in Rehau er—
zannt worden. .*
Berlin, 18. Dec. Die gestrige Generalversammlung des
Wahlvereins der Fortschrittspartei nahm 4 Resolutionen an, da—
hin gehend: 1. Es ist mit allen Kräften dahin zu wirken, daß
Ari. 25 der preußischen Berfassung, welcher den unentgelklichen
Unterricht in der Volksschule anordnet, endlich ausgeführt werde.
1. Zur Durchführung der nothwendigen Selbstberwaltüung der
Bemeinden, Kreise und Provinzen bedarf es einer für den gqnzen
Ztaat gemeiusamen freisinnigen Gemeindeordnung. 3. Die? eif—
cigsten Anstrengungen sind auf Erhaltung des Friedens und Ver—
ninderung der stehenden Heere (wäre sehr zu wünschen) zu richten
uls erster Anfang hiezu ist die gesetzliche Einführung der 2jähr!
jen Dienstzeit zu verlangen. 4) Als das beste Mittel zur För—
deruug der Austlärung und des Fortschrittes ist die Gewährung
oller Preßfreiheit und zur Wahrung derselben die Verweisung der
Preßprozesse an die Geschworenen unumgänglich nothwendig.
Berlin, 13. Dec. Viel besprochen wird die Reise des
ßrafen v. Bismarck nach Dresden. Dieselbe hatte den Sosten—
ibelen Zweck, dem König Johann die Geburtstagswünsche des
dönigs Wilhelm zu überbringen; man legt ihr aber eine politische
zedeutung bei, da — der erste Vorgang dieser Art — der Bun—
stanzler selbst sich auf den Weg gemacht hat. Jedenfalls liegt