Mitte des VBahnhofs angekommen, dirigirlen die Locomliven ihre
Dampfkraft rückwärts, und die beiden Wagenpaare setzten allein
ihren Weg fort, um mit einem furchtbaren Gekrach bald darauf
aneinander zu rennen. Der Anblidi, welcher sich nunmehr den
Zuschauern darbot, war ein Bild der gräulichsten Verwüstung
Die direct auf einander gerannten Eckcoures waren
in tausend Splitter und Fetzen zerrissen, die FJedera ge
bogen und an beiden Waggons Sitze, Fußböden und Axen zer—
krümmert. Diese große Zerstörung ist um' so merkwürdiger, als
die Geschwindigkeit der beiden Züge, die schon wegen der kleinen
Strecke, auf welcher man den Verfuch ausführte, gemäßigt werden
mußte, keine allzugroße war. r
r Die Garde der preußischen Armee umfaßt nach dem neuen
Personalausweis gegenwärtig ein 958 Mann starkes Officiercorps.
Rach den Geburtsverhältnissen classirt figuriren darunter 1 Her⸗
zog, Elimar von Oldenburg, 12 Prinzen, 1 Fürst, 91 Grafen,
97 Barone und Freiherren, 664 Edelleute und 92 Bürgerliche.
Der „wegen Unterichlagung in amtlicher Eigenschaft
empfangener Gelder und anderer Vergehen“ steckbrieflich berfolgte
frühere Advocat Dr. Thesmar in Köln veröffentlicht einen langen
aus London datirten Brief, in welchem er die Unterschlagung leug⸗
net und mittheilt, er sei in Hietzing vom Koönig Georg in beson
derer Audienz empfangen worden. Dies erkläre den eigentlichen
Grund der gegen ihn ergriffenen Maßregel.
. Ein Weinhändler unterhielt seine Gaste vielfältig mit
Aneldoten aus dem letzten deutschen Kriege, die er bei Besuchen
bon Militärpersonen gehört hatie. Einer seiner Gäste fragte ihn
daher: „Sind Sie mit im Felde gewesen ?* Ehe der Befragte
uoch zur Antwort kommen konnte, verjsetzte ein alter Gast: Das
eben nicht, aber bei ihm geht es doch immer recht kriegerisch zu
Er selbst hat einen Schuß, seine Gäste gewöhnlich einen Hieb
und seine Weine einen Stich.
„In Brand gerathene Kleidungsstüce.“
Unter dieser Ueberschrift lesen wir in der „Spenei'schen Zeitung
Folgendes- „Einigen jungen Damen theilte ich vor geraumer
Zeit mit, wenn sie das Unglück haben sollten, daß ihre Kleider
sich entzündeten, so sei das sicherste Mittel, zur augenblicklichen
Löschung des Brandes in ein Beit zu springen und sich rasch mit
der Decke zuzudecken. Eine mir theure Anverwandte, deren Kleider
in helle Flammen gerathen aren, verdankt vielleicht der Befolg⸗
ung dieses Rathes ihr Leben, sie erlitt nicht die mindeste Be—
schadigung. Von den Polizeibehörden sollte es befohlen werden
daß auf allen Theaterbühnen, wo sich Unglücksfälle der Art of
ereignen, ein Bett mit Decken bereit zu halten sei. Freiherr R.
Weber v. Rosenkranz.“
* Paris. Nachstehende. aus authentischen Quellen ge⸗
schöpfte Daten über die Hauptbestimmungen des Baronen James
Rothschildschen Testaments liefern den Maßstab von der kolossalen
Hinterlassenschaft des Verblichenen, die in der That eine Milliard
weit übersteigen dürfte. Testamentarisch hinterließ Baron J.
Rothschild: seiner Frau 200 Miill. Fres., ferner das prachtvolle
Schloß Ferridre, dessen Kunstschätze allein auf mehr als 20Mill
Fres. geschätzt werden, und das Haus in der Rue Lafitte in
Paris. Seinem zweiten Sohn Gusiav hinterließ er 200 und
seinem dritten Sohne Edmund 150 Mill. Fres., überdies seinem
Enkel (dem Sohne des verstorbenen Salomon Rothschild) 80 Mill.
FIres. Den reichlich über 500 Mill. Fres. betragenden Rest des
Vermögens vermachte der Erblajser gleichsam als Majorat seinem
ältesten Sohne Alfons als Universalerben. Ueberraschend knauserig
erscheint dagegen die Anordnung zu Gunsten der im Comtoit
Bediensteten, indem den längere Zeit Angestellten testamentarisch
nur der Betrag eines Jahrgehalts und den Uebrigen eine noch
spärlichere Gratification zugedacht wurde.
f Die Agitation zu Gunsten einer vernüuftigeren Aussprache
des Lateinischen und Griechischen in England nimmt in dortigen
Gelehrteukreisen sichtbar zu. Ein Artikel von Herrn Clark in
Cambridge empfiehlt in der letzten Nummer dbes Philological
Journal, daß die deutsche Aussprache der beiden klassischen Spra⸗
hen in allen Schulen eingeführt werde.
FLondon. Ein Dieb erbrach vor einigen Tagen das Got—
teshaus der Baptisten in Stepney-Green, einer Vorstadi. Es war
stockfinstere Nacht. Der Dieb wuͤßte nicht, daß man tags vorher
getauft hatte, und daß die Cisterne, in welche der Täufling zum
Empfange des Sacraments hinabgestiegen war, in der Milte der
sirche weit offen stand. Der Died, keine Gefahr ahnend, schritt
munter fürbaß. Doch man denke sich seinen Schrecken, als er
Ilötzlich kenen Boden mehr unker sich fand und in die mit Wasser
gefüllte Grube hinabfiel. Nachdem er einige Zeit in der größten
Angst in der Cisterne herumgewatet hatte, gelang es ihm endlich.
den Ausgang zu finden. Er zitterte vor Frost an allen Gliedern,
und seine Kleider trieften von Taufwasser. Als er nun hin und
her in der Dunkelheit herumtastete, da fühlte er eine gefüllte
Flasche. Sie enthielt guten Portwein und sollte den folgenden
Tag bei der Communion verwandt werden. Dies war dem im
Bade abgekühlten Diebe ein willkommener Trank, den er gleich
mit tiefen Zügen kostete. Nun schien er auch nach Bad und
Stärkung der Ruhe zu bedürfen; denn am andern Morgen fand
man jhn in einer Ecke der Kirche in tiefem Schlafe, die leere
Flasche bei ihm liegend. Die Polizei der Thames — Street nahm
den sonderbaren Dieb bald in Gewahrsam.
— 7 DVDie Streitträfte Griechenlands sind gering. Bei einer
Bevölkerung von 193 Millionen kann es kaum 30,000 Mann ins
Feld stellen. Die Kriegsmarine besteht in 86 Schiffen: 1 Fre⸗
zatte. 2 Corvetten, 6 Schraubendampfern, 1 Raddampfer uͤnd
26 kleineren Fahrzeugen. Und dabei herrfcht im Staatsschatze
eine Ebbe, daß selbst dem Konige seine Civilliste nicht ausbezahlt
werden kann. Und doch hat Montecuculi gesagt: Zum Krieg⸗
führen gehört Geld, abermals Geld und nochmals Geld.“ An
dem nervus rerum gerendarum mangelt es Griechenland gänzlich
und eben so sehr an Credit, um sich ihn von irgend einer Seite
zu verschaffen. Dieser Umstand ganz allein vermindert die Kriegs⸗
hesorgnisse bedeutend.
Washington. Die Präsidentenwahl hat zu mannich⸗
s'achen Wetten Veranlassung gegeben, wie man sie nur hier zu
dande antrifft. Daß der verlierende Theil seinen Geguer im
Zchubkarren ein oder zwei Meilen weit fahren muß, ist eine sich
bei jeder Wahl wiederholende Scene. Eben so ist das Tragen
ines vollen Mehlsackes oder eines Fasses mit Aepfeln: von einer
Stadt nach der andern innerhalb einer vorgeschriebenen Zeit nichts
Neues unter der amerikanischen Sonne. Einer der Senatoren
des Staates Cansas aber hatte sich anheischig gemacht, ohne Kopf⸗
bedeckung und in Begleitung eines Musilchors durch die Straßen
der Hauptstadt Leawenworth, in welcher er persönlich von Jeẽder⸗
mann gekanut ist, zu marschiren, falls ein gewisser District keine
republikanische Majorität erzielen sollte. Er verlor die Wette und
mußte, als Mann von Wort, fich dem Spaziergange unterziehen.
7 Wafhington. Eine originelle Art und Weise, Ehen
zu stiften, ist kürzlich hier von einer Dame in Anwendung ge—
dracht. Beim Dessert eines Diners von 50 Perionen macht die
Wirthin des Hauses den jungen unverheiratheten. Damen und
derren den Vorschlag, auf einen Zettel zu schreiben, wen sie am
iebsten zum Gatten, resp. zur Gattin sich wünschen. Niemand
zuudert, die Wirthin nimmt unter dem Versprechen der Discretiou
die zugerolllen Wahlzettel entgegen, prüft sie, und es findet sich
daß acht Paare von jungen Leuten sich gegenseitig verstanden,
ohne jemals sich verständigt zu haben. — Und gleich auf der
Stelle werden die Verlobungen proclamirt. Fünf von den Paaren
haben eingestanden, daß sie sich niemals getraut haben würden,
auf andere Weise sicn zu erklären, als auf diese scheinbar harmlose
Art. — Die anderen Wahlzettel, welche nur bon der Hausfrau
gelesen worden waren, wurden vernichte. J
fNewyork. Die siamesischen Zwillinge haben am 8.
December auf dem Dampfer Jowa ihre Reise nach, Englaud au⸗
getreten, um sich in Paris voneinander trennen zu lassen. In⸗
folge ihrer während des letzten Krieges erlittenen beträchtlichen
pecuniären Verluste beabsichtigen sie, sich vor ihrer Operation eine
zjeitlang in Großbritannien sehen zu lassen. Sollle die Operation,
der sie sich unterwerfen wollen, glücklich vollzogen werden, so be⸗
absichtigt Herr Chang, sein Heimathsland Siam zu besuchen, und
Herr Eng, nach den Vereinigten Staaten zurückzukehren.
Die Schulbehörden von Philadelphia haben beschlossen, sämmt⸗
lich Lesebücher aus den ihnen untergegebenen Schulen zu enifernen,
und zu den Leseübungen die — Zeifun gen benützen
zu lassen.
F Die peruanische Regierung hatte vor einiger Zeit durch
ihre Agenten 300 Einwanderer aus Rheinbayern' der Schweiz,
Tyrol und Italien auwerben lassen. welchen sie durch coutractliche
Verpflichtung mancherlei günstige Bedingungen zusicherte. Jetzt
laufen von dorther zahlrciche Berichte ein. aus denen erhellt, daß
die unglücklichen Auswanderer, für deren Eristenz und Uuterbring-
ung so gut wie nichts geschieht, dem größten Elend verfallen sind.
Viele von ihnen ziehen bettelnd umher, andere liegen krank und
hilflos darnieder und finden nur mii Mühe Aufnahme in einenm
Hospital. —
Laundwirthschaftliches.
—Wiemansich gute Saatfrucht verschafft?
zewiß eine Frage, die jeden Landwirth lebhäft interessiren muß,
denn wenn auch die große Masse noch nicht begriffen hat, daß
der Ernteertrag mit der Qualitaͤt der Saetfrucht steigt und fällt,
io ist es doch im Allaemeinen anerkannt, daß sich eine gute
Saatfrucht unter sonst gleichen Verhältnifsen besser entwickelt, als
ine jolche von geringerem Werthe.“ Zur Gewinnung einer guten
Zaatfrucht ist es unerläßlich, die zur Saatgewinnung bestimmte
Frucht auf dem Halme ihre vollendete Reife erlangen zu lossen,