Full text: St. Ingberter Anzeiger

ungetommen, dort in einem Hause zum Wellenberg in der Brun 
nengasse einquartiert und militärisch unterrichtek worden. Am 23 
d. erhielteuͤ einige Abtheilungen von ihrem Commandanten Be⸗ 
ehl, sich am andern Tage zur Abreise bereit zu halten, frfilich 
nur, uͤm nach Rheineck, Glarus, Aarau u. s. w verlegt zu wer⸗ 
den. Einige Leute daten den Hauptmann, hier bleiben zu durfen, 
wo sie leichter Beschäftigung fünden; dieser aber erklärte ihnen 
ihr Wünschen und Hoffen hätte jetzt ein Ende, sie hätten keinen 
Willen, sie wären Soldaten und hätten sich dem Befehle zu fügen. 
Dies war am Vormittag des 28. d. Mittags reisten die bis da⸗ 
hin im Hotel Bauer einiogirten Commisiäre — 16 Personen — 
ab. Unterofficiere, welche in die Sache eingeweiht waren, erzählten 
im- Vertrauen, die Leute würden alle nach Frankreich spedirt, 
einige machten wohl einen kleinen Umweg, damit es nicht fehr 
auffiele, doch ging Alles einem Ziele zu. Und in der That ist 
Keiner nach Rheineck oder Glarus u. s. w. gekommen, sondern 
Alle sind an und über die französischen Gränze (meist über Basel) 
gebracht worden. Nur Einigen, welche landeskundig waren, gelang 
es, an der Grenze za entwischen; die Meisten aber kennen die 
Gegend nicht, wissen also auch nicht, was mit ihnen vorgeht 
Viele haben sogar noch das feste Vertrauen auf ihren König, daß 
ex fie durch ihre Führer doch wieder in ihre Heimath, wenn auch 
auf Umwegen, zurüdbringen lasse.“ “ 
Italien. — 
Flor enz, 31. Jan. Der Senat genehmigte das proviso⸗ 
rische Budget für Februar. Der Finanzminister kündigte die Bud⸗ 
getvorlage für 1869 im Februar an. 
Florenz, 2. Febr. Die „Italia“ sagt: General Du⸗ 
mont wird nächsten Montag in Civitavecchia ankommen. — Die 
„italienische Correspondenz“ erfährt daß von Toulon zwei Fregat⸗ 
len abgegangen sind, um sich zur Einschiffung einer der beiden 
Brigaden, welche das Besatzungscorps von Clvitavecchia bildete, 
dorthin zu' begeben. Dieselbe Correspondenz erklärt das Gerücht 
von einer demnächst bevorstehenden Reise des Königs Victor Ema— 
nuel nach Lissabon als unbegründet. 
Rusland. 
Petersburg, 1. Febr. Ein Leitartikel der deutschen 
„Petersburger Zeitung“ schreibt die Isolirung Rußlands den Er— 
ravaganzen der panflavischen Presse in den panslavischen Umtrie— 
ben zu, die russische Reg'erung sei diesem Treiben fremd und ei⸗ 
nem Kriege gegen Europa abgeneigt. Das Ausland sei mangel— 
haft unterrichtet und betrachte die Aeußerungen der Presse als die 
Meinung der Regierung. Der Artikel warni davor, den Pansla— 
bisten nachzugeben, wodurch man nur den Wünschen der Polen 
entsprechen und die friedlich Entwicklung des Landes stö— 
ren werde. — 
Petersburg, 1. Febr. Unter Vorsitz des Großfürsten⸗ 
Thronfolgers hat sich ein Centralcomite zur Unterstützung der im 
russischen Reiche von der Hungersnoth betroffenen Ortschaften ge— 
bildet. — Die Ersetzung des Coutreadmirals Vutakoff in den griechi⸗ 
schen Gewässern durch Popoff wird officiell dementirt. 
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VBVermischte s. 
Speyer, 3. Febr. Am 11. Febr. nächsthin wird der 
obersde Recrutirungsrath zur definitiven Berichtigung der Conscrin⸗ 
tionslisten im Regierungsgebäude hier zusammentreten. Am 
Dienstag 11. Febr. kommen die Bezirksämter Speyer, Ger— 
mersheim, Landau und Frankenthal; am 13. Februar Kaisers— 
lautern, Bergzabern, Homburg und Neustadt; am 15. Februar 
circhheim, Kusel, Pirmasens und Zweibrücken an die Reihe. Die 
Verhandlungen erstrecken sich auf die Listenberichtigung, auf die 
Prüfung der Verhandlungen der Conscriptionsbehörden und 
auf die Prüfung der hiegegen einlaufenden Reclamationen. Da 
nach dem neuen Wehrgesetz keine Zurüchstellungen mehr zulässig 
sind, so wird sich die Prüsung auf die Zurückstellungsgesuche nicht 
erstrecken, bielmehr bleiben diese Gesuche vollkommen unberücksich⸗ 
tigt und unbeachtet. Nach den Art. 8—212 des neuen 
Besetzes können bestimmte Kategorien von Conscribirten gänz⸗ 
liche oder theilweise Befreiung von der Wehrpflicht oder 
eine Aussetzung des Diensteseintrüttes ansprechen. Die betr. Ar— 
likel lauten: J— 
. Art. 8. Wer in der Ausbildung zu einer wissenschaftlichen 
oder künstlerischen Thätigkeit dder zu einem höheren technischen 
Gewerbe begriffen ist und durch seine sofortige Einreihung einen 
erheblichen Nachtheil erleiden würde, darf im Frieden die Ausse 
tzung seiner Einreihung bis zu demjenigen Kalenderjahre verlangen, in 
welchem er das 24., falls er Candidat der Medicin oder Thierheilkunde 
ist, bis zu demjenigen, in welchem er das 25.Lebensjahr vollendet 
Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, es würde aber unverschulde⸗ 
ter Umstände wegen bei sofortiger Einreihung einungewöhnlicher 
Nachtheil entstehen, so kann die Aussetzung auf ein Jahr gestattet wer⸗ 
den. Bei eintretender Mobilisirung werdem: dikjenigen Wehrpflich⸗ 
igen, deren Einreshung auf länger als 1 Jahr —R — 
zhne Loosung in die active Armee' eingereiht. * 
Act! II. Von der Wehrpflicht sind befreit: L.Die Stan⸗ 
desherreti und ihre Familien (5 11 der Beilage IV zur Verfassungs- 
irkundej) 3. Der geistliche Stand (IX Titel z 1 der Verfaffungs- 
urkuude) und zwar bei den Katholiken diejenigen, welche eine der 
söheren Weihen erhalten oder in inländischen Klöstern lebensläng⸗ 
iche · Gelübde abgelegt haben; bei den Prolestanten jene, welche 
öͤrmlich ordinirt sind, dann vorschriftsmäßig angestellle Rabbiner. 
3. Der einzig übrig gebliebene Sohn solcher Ellern welche einen 
Zohn während des von ihm in der bewaffneten Macht Bayerns 
geleisteten Dienstes oder in Folge desselben verloren haben. 
b. Jeder Sohn von Eltern, welche auf die bemerkte Weise zwei 
Sbhne verloren haben. Zeitweise sind von der Wehrpflicht be 
reit: 1. Katholische und protestantische Studirende der Theologie, 
velche sich durch ein Zeugniß der Universität, des Lyceums, des 
Irdenslectorats oder des Vorstandes einer Missionsanstalt, sowie 
nit dem Gymnasialabsolutorium versehene Rabbinats-Candidaten. 
velche sich durch Zeugniß eines im Königreiche angestellten Rab— 
ziners und der betr. Cultusgemeinde als solche ausweisen. 
3. Schullehrer, Schulgehilfen uud die Candidaten des Schulam- 
es, welche in einer staatlichen oder dieser gleichstehenden Vorbe⸗ 
teitungsanstalt sich befinden. 83. Der Sohn einer Familie, wel⸗ 
her dieselbe durch seine Arbeit ernährt, so daß sie außerdem der 
Armenpflege zur Last fallen würde. 4. Der junzere von zwei 
Zöhnen bis zu dem Kalenderjahre, in welchem die Dienstpfücht 
»es nach Art. 7. eingereihten Bruders in der activen Armee mit 
Nusnahme der Ersatzmannschaft endigt. Unvberehlichte Geschwister, 
velche nach dem Tode beider Eltern deren Haushalt gemeinsam 
'ortführen, sind als eine Familie zu betrachten. 
Die in den vorstehenden Arlikeln begriffenen Conscribirten, 
velche um die bezeichneten Begünstigungen nachsuchen wollen, ha⸗ 
»en ihre Gesuche thunlichst bald bei dem betreffenden Bürgermei- 
teramte anzubringen, welche sie nach Antrag der Betheiligten zu 
nstruiren und dem Bezirksamte vorzulegen hat. WV 
FJulie Schäffer, 1612 Jahre alt, wurde auf ährem 
deimwege von Kaiserslautern nach Trippstadt ermordet uud vor⸗ 
Jestern Abend todt aufgefunden. J 
..F, Lud wigshafen, 8. Febr. Die heute dahier tagende 
Heneralversammlung der Pfälzer Nordbahnen hat einstimmig die 
Annahme der Concession für die Herstellung der Alsenzbahn und 
die demgemäße Erhöhung des bisherigen Gesellschaftscapitals don 
7,700,000 Gulden beschlossen. 
München, 30. Jan. Gestern Abends wurde die Re— 
zistratorswittwe Th. v. Pl. eine hochbetagte, geachtete Frau in 
hrer Wohnung am Thürpfosten erhängt aufgefunden; dieselbe litt 
eit längerer Zeit an Trübsinn und hat fich wohl unter dem Ein— 
lusse dieses Zustandes selbst den Tod gegeben. 
Karlsruhe, 4. Febr. Der Minister Mathy ist in der 
vergangenen Nacht nach mehrwöchentlicher Krankheit gestorben. 
.Mainz, 29. Jan. Nicht geringes Aufsehen erregt die 
Berhaftung zweier hiesigen Ladenmädchen, die seit einer Reihe 
von etwa 12 Jahren ein hiesiges Manufacturwaarengeschäft, in 
dem sie conditionirten, vollständig plünderten. Der“ Werthbetrag 
»es veruntreuteu Gutes wird auf mehrere Tausend angegeben. 
Mitangeschuldigt sind eine weitere Anzahl von Personen, bei 
enen die schlauen' Diebinnen die annectirten Waaren verbargen 
ind absetzten. Auch dieser Diebshehler ist eine Anzahl verhaftet. 
Heute Vormittag wurden mehrere Karrenladungen Waaren 
iller Art bis zu den theuersten Artikeln, welche in der betreffen⸗ 
»en Diebstahlsuntersuchung bereits erhoben wurden, durch Lohn⸗ 
nänner von dem Polizeibüreau unter einer Massenbegleitung von 
sdeugierigen nach dem Instizpalais gebracht. Die Uutersuchung ift 
roch in vollem Gange und liefert leider immer weitere Zeichen 
iner sehr verzweigten Verbrechergesellschaft zu Tage. 
fIn Mainz wurde am 80. Jan. der Bahnwärter Graben 
deim Zusammenstellen eines Zugs, am 31. auf der Main-Nekar- 
zahn zwischen Friedrichsfeld' Und Heidelberz gleichfalls ein Bahn 
vürter überfahren und getödtet. 
7 Koln, 1. Febreno Gestern Abend zerstörte cine furchtbare 
Feuersbrunst die Wollspinneret des Herrn Classen Kappelmann zu 
Sielsdorf (bei Frechen). 
317, Galsche Conpons.) Seit einigen Tagen wurden in Köln 
an mehreren Cassen Zinscoupons der Köln⸗Mindener Eisenbahn 
präsentirt, welche sich als falsch erwiesen haben. Dieselben lauten 
auf 3 Thlr. und der Fälligkeilstermin auf den 1. Januar 18681 
Sie tragen? sämmtlich die Nr. 65,831 und gehören der IV. Emis⸗ 
ion Lit. B. an. Die Coupons sind äußerst tänschend nachgemacht, 
und fast nur an der etwas dünn gehalienen Unterschrift des Reu— 
anten„Küpper“ kennbar 
Berlin, 1. Febr. Laut des soeben veröffentlichten IV. 
Baben Verzeichnisses waren beim Hülfsvereine. für Ostpreußen bis