Zchwurgerichtsfitzungen für die Pfalz.
1. Quariol 18683...
Zwaibruhen. 80. Febr. Anklage gegen Wilhelm Herr-
mann 28. Jahre dalt, KTagner« in? Speyer wegen vorsätzlicher
drperverletzung mit nachgefolgtem Tode.
Eheleute Herrmann hatten vor ihrer am 20. März 1867
tattgehabten Verehelichung dereits ein am 29. März 1864 zur
Weli gekommenes Kind mit einander gezeugt, das durch die Hei⸗
rath legitimirt wurde. Während der Zeit vorher hatte die Mut⸗
ter, die als Schenkamme diente, das Kind bei verschiedenen Kost⸗
leuten, wo es hie und da von den Eltern besucht wurde. Die⸗
selben scheinen keine besondere Liebe zu dem Kinde gehabt und es
nur als eine Last angesehen zu hahen. Nach der Aussage der
Nachbarsleute erlitt das Kind auch bei seinen Eltern eine rohe
Behandlung und Zuchtigungen, die jedes vernünftige und erlaubte
Maß überschritten. Nainentlich kamen diese Mißhandlungen vor,
venn der Vater heim kam, wobei derselbe Aeußerungen fallen
ließ, wie: „Ich schlage Dich, daß Du derrechst;“ so daß selbst
zie Ehefrau Herrmann sich mehrmals bellagte und im Juli 1867
zeim igl. Polizeicommissär zu Speyher die Anzeige hievon machte
Am 21. oder 22. Nov. abhin rief dieselbe eine Nachbarin zu
dem Kind, das am Boden lag, mit Schaum vor dem Munde
und Zudungen in den Gliedern, und theilte am 26. desselben
Monals mehreren Zeuginnen mite ihr Mann habe den Knaben
wei Tage vorher der Art tractirt, daß er noch ganz verschlagen
ind fast leblos in feinem Bettichen liege, wovon diese sich auch
elbst überzeugten. Trotz nunmehr herbeigeholter ärztlicher Hilfe
zarb das Kind noch am nümlichen Abend. Nach. dem ärzjtlichen
Butachten ist dasselbe eines gewaltsamen Todes gestorben, indem
un der linken Hirnhälfte eine Vene (Blutader) abgerissen ist, ver⸗
ursacht durch einen heftigen Stoß oder Schlag und gefolgt von
darkem Bluierguß im Gehirn und Lahmung desselben; außerdem
varen an dem Koͤrper nach verschiedene mehr oder minder be⸗
deutende Berletzungen fichthar, — Alles nicht älter als 2 bis 83
Tage. Der Angeklagte leugnet die ihm zur Last gelegten Miß—
jandlungen, und behauptet, seine Frau, die sehr zornig sei, habe
zas Kind immer mit einem Stock oder einem Schäufelchen, ge⸗
scchlagen, Krampfanfälle, wie sie in der letzten Jeit von den Zeu⸗
zen beobachtet wurden, seien schon früher vorgekommen, als das
dind noch bei fremden Leuten in Pflege wax. Letztere wollen
jedoch von solchen Anfällen nichts wissen. Der Angeklagte wird
als ein roher Mensch geschildert, der auch öfters Thiere mißhan⸗
delt habe.
Der Veriheidiger des Angellagten, Herr Rechtscandidat
Böcking, führte aus, daß die ärztlich konstatirte Verlezung auch
Folge eines Falles des oft sich selbst überlassenen Kindes sein
sJann, aber selbst, wenn nur ein Schlag dieselbe verursacht huben
önne, sei nicht erwiesen, ob dieser von dem Angeklagten oder
jon dessen Frau, die nur, um sich weiß zu waschen, alle Schuld
nuf den Ersteren wälze, geführt wurde. Die Geschworenen sprachen
jedoch ein Schuldig aus, worauf der Angellagte vom Gerichtshof zu
iner Zuchthausstrafe von 6 Jahren verurtheilt wurde.
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Vermischtes.
4 Der Kaiserslauterer Stadtrath hat in feiner jüngsten
Sitzung u. a. den Beschluß gefaßt, ein Technikum veranschlagt
ju 17,000 fl. zu erbauen. In derselben Sitzung wurde ferner
Feschlossen, sofort eine Vorstellung an die Kammer der Abgeord⸗
rteten und das kgl. Minifterium zu richten, damit in Kaiferslau⸗
tern ein Gymnasium errichtet werde. Ip
fMuünchen, 22. Febr. Die practische Prüfung der zum
Staatsdienst adspirirenden Rechtscandidaten pro 1868 beginnt am
11. Mai.
Wiesbaden, 20. Febr Herzog Abdolph läßt die
866 nach Straßburg geflüchteten Weine, im Werthe von bei⸗
aufig 5 bis 600,000 fl., in der nächsten Zeit nach Biebrich zu⸗
zücbbringen und dort gegen Ende April einer Auction aussetzen.
Die edlen Flüchtlinge werden in der alten Heimath herzlich will⸗
lommen sein.
fSinzig, 20. Febr. Heute ereignete sich der seltene
Fall, daß einem Schäfer, dessen Heerde an dem Ufer des Ahr⸗
flusses weidete, eines seiner Schafe Nachmittags gegen 5 Uhr,
also bei hellem Tage, von einem Wolfe entrissen wurde und der⸗
selbe mit seiner Beute glücklich entlam.
f Bei der thüringischen Gewehrfabrik (Fabr. Klett in Zella)
ist eine Bestellung von Hinterladern aus Japan eingegangen und
die Hälfte des Kostenbetrages sofort bezahlt worden.
In Noͤln sind sich zum ersten Mal seit undenklicher Zeit
Prinz Carneval und die Polizei in die Haaare gerathen. In
iner Sitzung der großen Carnevalsgesellschaft wurde die Carne⸗
zalzzeitung Koͤlnische Funken? wegen. einiger Stellen, die auf
die Dotation der Depossedirten, auf die neuesten Ereignisse in der
zreußischen Kammer und auf Frankfurt Bezug hatten, confiscirt.
7 In der Nacht des 18./19. Febr. ging eine der Maier'schen
Pulvermuͤhlen in Unterkochen bei Aalen nebst Krockenhaus in die
duft; der durch die explodirenden Stoffe entflandene Brand theilte
ich auch dem Wohnhause mit; zwei Arbeiter wurden getödtet.
fIn Iglau starb kürzlich ein 92jähriger Greis, der Nestor
inter den europäischen Commis, der als 10jähriger Knabe im
Jahre 1785 in ein dortiges Handlungshaus eintrat und in dem⸗
elben bis zu seinem Tode ununterbrochen als Commis ver⸗
hlieben war.
7 Die Erzherzogin Charlotte hat, an den Papst einen Brief
geschrieben, in welchem sie ihm das Ungeheure ihres Unglücks
musmalt und ihn bittet, für die Seele ihres geliebten Maximi⸗
lian zu beten. Die unglückliche Fürstin, die von ihrem Geistes⸗
leiden wieder geheilt zu sein scheint, möchte nächsten Sommer ei⸗
nige Wochen in Miramar zubringen.
57 Der Herr Abbe Migne in Paris wird durch die Feuers⸗
zrunst, welche seine Druckerei zerstörte, keinen Schaden
rleiden, denn er hatte sie erst 14 Tage vorher für über 7 Mil-⸗
ionen versichert.
7 Spielwuthin Paris. Im „Nain Jaune“ finden
ich erbauliche Nachrichten über die ungeheuere Ausdehnung, welche
»as Hazardspiel in gewissen Pariser „Cercles annimmt. Von
iner dieser Gesellschaften, die kurzweg Cercle TroisEtoils be—⸗
eichnet wird, erzählt der Berichterstatter, daß selten eine Nacht
zergeht, in der sich nicht die gegenseitigen Differenzen auf 5000, 000
zrancs belaufen. Man spielt mit Marken, die einen Werth von
.O0 bis zu 10,000 Fres. haben. Beim Beginne des Spieles
tellt jeder der Theilnehmer der Gesellschafiskasse Bons von 100,
200, 1000 Louisd'or ⁊c. aus, sür welche er Marken erhalt. Je
ach Bedürfniß kauft er sich im Laufe der Partie gegen neue
Bons Marken nach. Der Gewinnende tauscht am Ende der Par⸗
ie seine Marken gegen baares Geld bei der Gesellschaftslasse um
in die auch der Verlierende binnen 14 Tagen seine Schulden zu
zezahlen hat. Man sieht, das Geschäft ist höchst practisch einge⸗
richtet. Am Spiegel des in Rede stehenden Cercle ist jeßt ein
Zon von 50 Louisd'or angeklebt, dessen Unterschrift völlig unle⸗
erlich is. Von den 9 Herren, welche an dem auf dem Bon
zemerkten Datum jspielten, erinnert fich keiner, es ausgestellt zu
jaben. Gewöhnlich wird Baccarat gespielt; Whist bleibt den
leinen Spielern überlassen die nicht über 20,000 Francs am
Abend verlieren wollend
f Gibraltar, 8. Febr. Der Kapitän und zwei Ma—
rosen vom Schooner „Moses Waring,“ der auf offener See sank,
vurden am 18. Janur von der Bark „Minnie Gordon“ aufge—⸗
ischt und nach hier gebracht. Dieselben waren sieben Tage ohne
ꝛZebensmittel und sahen sich, um ihr Leben zu fristen, genöthigt,
einen Theil der Leiche des Steuermannes, welcher der Erschöpf⸗
ing erlegen, zu essen; als man sie auflas, waren dieselben kanm
ahig, sich zu bewegen oder zu sprechen, doch erbolen sie sich jeßzt
langfam.
r In Petersburg iß während des Balles des fran⸗
osischen Gesandten der Kutscher des Fürsten Wittgenstein auf
dem Bocke erfroren. *
7 Die Stille-Weltmeerbahn schreitet stetig vorwürts und
die Fahrzeit zwischen San Francisco und New⸗York hat sich beim
Zchlusse des Jahres 1867 bereits auf 15 Tage erxmäßigt.
Aus Algerien wird eine Schandthat berichtet; 258 Tu⸗
nesen, welche der Hunger auf franzosisches Gebiet getrieben, wurden
zei entjsetzlichem Wetter unter Cavallerie-Gscorte zurücgebracht,
zrreichten aber ihre Bestimmung nicht, da, nachdem 44 während
des Marsches gestorben, der Rest in Soukahras Halt machen
mußte, wo sie einssweilen ernährt werden, bis sie weiter gebracht
verden koͤnnen.
Das Betriebsergebniß der Pfälzischen Ludwigsbahn vom
Monat Januar 1868 ist solgendes: 103,895 Personen ertrugen
38,690 fl. 40 Ir. 1,027, 403 Centner Güter ertrugen 7 1,867 fl.
z ir. 1,3852,959 Centnet Kohlen etrugen 107. 113 fl. 24tr.
Zumma der Betriebs⸗Einnahmen —— fl. 10 zr Der Monat
Januar 1867 hat ertragen 212,865 fl. 23. kr. Mehr⸗Einnahine
im Januar 1868 4 8085 flI. 45 kr.
7 Das Betriebsergebniß der Pfälzischen Maximiliansbahn
vpom Monat Januar ist folgendes: 30,402 Personen ertrugen
933582 fl. — fr. 288, 411 Centner Güter ertrugen 18,374 i.
31 ke. 605,804 Centner Kohlen ertrugen 26,823 fl. 7 tx. Summa
der BetriebsEinnahmen 54,279 fl. 38 kr. Der Monat Januar
1867 hat ertragen 59, 455 fl. 48 kr. Weniger⸗Einnahme
m Januar 1868 5,176 fl. O ktx. NB. Die. Wenigereinnahmen
ühren von der in diesem Monate stattgefundenen Abführung der
Filenbahnichiffhrücke her.