Full text: St. Ingberter Anzeiger

u erlassen, welcher fortgesetzt die Niederlegung jeines Amtes 
derweigert. 
Italien. 
Rom, 1. Febr.“ Die Faschingsfeier ist bei der allgemei— 
nen Verstimmung eine Todtgeburt, immerhin aber lehrreich. Im 
Corso, wo sonst Glanz den Glanz zu überb eten suchte, zeigte sich 
hisher fast überall nur die gewöhnlichste Alltäglichkeit. Es kann 
nicht befremden, denn in allen Localen, welche die Demokraten 
betreten, war die Parole ausgegeben. „kein Romer betrete den 
„Corso,“ und in Dergleichen pflegt man hier gern zu gehorchen. 
Dagegen fehlt es nicht an Fremden, welche die Neuheit des Auf— 
zuges anzieht. Am wenigsten aber fehlt es an Polizeiwachen und 
Militär, Orduung und Ruhe zu sichern, denn lange vorher ging 
das Gerücht von einer blutigen Rache, die man an den Zuaven 
bei dieser Gelegenheit nehmen wollte, wo die größere Ungebun 
denheit und Freiheit jedes Verbrechen erleichtet. 
Amerika. 
New-York, 17. Febr, Es geht das Gerücht, auf Be⸗ 
jehl Johnsons sei die Garnison von Wasshington beträchtlich 
perstärkt worden. — Im Norden von Mexico soll eine Bewegung 
für Errichtung einer getrennten Republik auftauchen. Ebenso sol 
sich in Puebla eine Revolution zu Gunsten Ortegas organisiren 
Aus Rordamenrika ift in den letzten zwei Tagen eine 
gauze Reihe von wichtigen Nachrichten eingelaufen. Zur klareren 
Uebersicht fafsen wir die bedeutendsten derselben nachstehend zu 
sammen: Kabeltelegramme aus Washington vom 21. und 22. 
Febr. melden, daß Johnfon den General Mac Clellan (der im 
Bürgerkriege eine so herberragende Rolle gespielt) zum Gesandten 
in England ernannt hat, und daß Kriegssekretär Stanton auf 
Befehl des Präsidenten abermals abgesetzt wurde. Stanton, wel⸗ 
her jedoch noch immer seinen Posten bekleidet, sendete den Befehl 
Johnsons an den Senat, welcher die Resolution faßte, worin die 
Absetzung Stantons als ungeseßtzlich erkllart wird. Der Congreß 
übermittelte diese Resolution dem Rekonstructionscomite. Die in 
der Repräsentantenkammer eingebrachte Resolution auf Verseßung 
Johnsons in den Anklagestand wurde an das Reconstructionsco⸗ 
mite überwiesen. Ein drittes Cabeltelegramm aus New⸗-Yort vom 
22. meldet, das Reconstructionscomite habe die Versetzung John⸗ 
sons in den Anklagestand anempfohlen. Das Repräsentantenhaus 
heschloß, Monteg hierüber einen Beschluß zu fassen. Johnson 
hat den General Thomas zum Kriegssecretär ernannt; Stanton 
weigert sich aber, seinen Posten zu verlassen. Zur Erläuterung 
dieser Vorgänge meldet ein New-NYorker Telegramm von früherem 
Datum, Johnson habe dem Repräsentantenhause den Briefwechsel 
bezüglich Stantons übersendet und Grant der Insubordination 
angeklagt. Grant rechtfertige sich jedoch und erklärte, den gesetz 
lichen Anordnungen des Präsidenten niemals den Gehorsam zu 
berweigern. — Der Pall⸗Mall⸗Gazzette endlich schreibt man aus 
Washingtom: Daß viet von einem Rücktritte Sewards die Rede 
iei, und zwar namentlich deshalb, weil Johnsau die „Alabama“⸗ 
Ansprüche mehr in den Vordergrund drängen wolle. während er 
die Erledigung der Naturalisationsfrage, d. h. den Schutz ame 
rikanisch naturalisirter Bürger im Auslande, als die wichtigere 
zrachte. 
Schwurgereoͤc sSfitzungen für die Pfaln 
I. Quartal 1868 
Zweibrücken, 21. Febr. Anklage gegen Adolph Cas 
par Oehl, 23. Jahre alt, gewesener Postassistent zu Landau, we 
gen Amtsuntreue. Der Angeklagte ist von braven Eltern gebo⸗ 
ten und hat nach beendigten Gymnasialstudien sich dem Postdienste 
gzewidmet und bekleidete seit I. Mai 1867 den Posten eines Poft⸗ 
ajsistenten in Landau mit einem Jahresgehalte von 400 fil. Als 
olcher hatte er unter Anderem den Schalterdienst zu versehen 
wobei ihm auch öfters Geldeinzahlungen unter die Hand kamen. 
Als er am 15. September v. Jahres sich eigenmächtig von Landau 
entfernt hatte, ergab sich bei Revision der Postanweisungen, daß 
Erhebungen im Betrage von 414 fl. 59 kr. pro Juli außer Ver⸗ 
xechnung gelieben waren. Die darauf eingeleitete Untersuchung 
entzifferte eine Gesammtsumme von 652 fl. 56 kr., die der Ange- 
klagie seit dem 2. Juli 1867 an Posteinzahlungen unter⸗ 
schlagen und, um die Veruntreuungen zu verbergen, nicht 
derbucht hat, wobei er den Quittungen falsche Nummern ge⸗ 
ben und in die Briefpostkontrolregister unrichtige Summen einstellen 
mußte. Von diesen Einzahlungen geschahen zwei am 2. Juli, 
eine am 8. Juli, eine am 12.. zwei am 25. und eine am 26. 
Juli, zwei am 4. August, eine am 6., eine am 9. und eine am 
15. August, endlich drei am 14. September, dem Tage vorher, 
ehe Oehl Landau verließ. Außerdem wurde festgestellt, daß An⸗ 
geklagter als Verweser der Posterpedition Füssen 2 ihm überge⸗ 
bene Geldvakete im Gesammtwerth von 103 fl. unterschlagen hät. 
Letzteres stellt der Angellagte in Abrede und behauptet, die Pabkeie 
seien von ihm zwar empfangen worden, aber ohne sein Verschul⸗ 
den abhanden gelommen. Die übrigen Beträge gibt er zu, am 
Postschalter zu Landan erhalten. deren Einiragungen aber im 
Drang der Arbeit vergessen zu haben; den jedesmaligen Ueber- 
schuß in seiner Kasse habe er nicht abgeliefert, da er ja auch ein 
etwaiges Deficit decken müsse. Der Angeklagte war mit einem 
unbescholtenen Madchen in Allgäu verlobt, erhielt aber immer noch 
Briefe von einer früheren Geliebten, und lebte mit einer lieder⸗ 
lichen Dirne in Landau, die ihn bei seiner Entfernung von da 
begleitete und schließlich von ihm um ihren Kofser mit Inhalf 
zeprellt wurde. Erstaunlich ist nun der Credit, den der Ange⸗ 
klagte geunoß, indem derselbe bei seinem geringen Gehalte und ei— 
nem Activvermogen vou 800 fl. — seine Caution — eine Schul⸗ 
denmasse von etwa 8125 jl. hatte. Nachdem er auf seiner Flucht 
don Geldmitteln entblost, noch einen Collegen in Ansbach um 
20 fl. geprellt hatte, wurde er am 20. October in Augsburg 
derhaftet. Der Vertheidiger des Angeklagten, Herr Rechtscandidal 
Schäfer, machte geltend. daß die Unterschlagungen in Füssen nicht 
erwiesen seien, von den in Landau fehlenden Posten seien sicher, 
wie dies dem tüchtigsten Postbeamten vorkommen kann, einige nur 
aus Vergessenheit nicht verbucht, so daß keine 500 fl. blieben, die 
heute in Betracht kommen könnten; für diese Summe sei aber in 
der Caution des Angeklagten hinlängliche Deckung gewesen, also 
höchstens eine grobe Dienstverletzung, aber kein Verbrechen vorhan⸗ 
den; aber selbst die Strafbarkeit der That angenommen, sei doch, 
da auch keine Bücher gefälscht worden, nur ein Vergehen gegeben; 
dei der drückenden Schuldenmasse und dem Diängen seiner Glänu⸗ 
diger sei Angeklagter auch im Zustand der Noth gewesen, durch 
die seine Zurechnungsfähigkeit gemindert würde. Nach dem Schul⸗ 
digausspruch der Geschworenen wurde Oehl zu einer Zuchthaus⸗ 
rafe von * Jahren verurtheilt. 
Zweibrücken, 22. Febr. Anklage gegen Georg Kitt, 
19 Jahre alt, Schuhmacher, Sohn von Franz Kitt von Rülz 
heim, wegen Diebstahlsverbrechen. 
Der Angeklagte hat sich wegen sechs verschiedener Dioebstähle 
zu verantworten. Die Vertheidigung führte Herr Rechtscandidat 
Tillmann. Am 13. Dez. 1867 Morgens 7 Ühr wurde der An⸗ 
ellagte aus dem Gefängniß zu Zweibrücken entlassen, wo er eine 
zjährige Gefängnißstrafe wegen Diebstahls zu verbüßen hatte. 
Tdaum aus der Strafanstalt entlassen, verübte er in Rülzheim 
einen Diebstahl mittelst Einsteigens im Gesammibetrage von 2 fl. 
17 kr., es war dies in der Nacht vom 13. auf den 14. Dez. 
867, er stellte diesen Diebstahl in Abrede; man fand jedoch an 
Ort und Stelle eine dunkele Tuchkappe, welche von dem Gefäng- 
nißwärter Schwab mit aller Bestimmtheit als die Kappe des An- 
geklagten erkannt wird; weiter verübte er zwischen dem 23. und 
26. Dez. zu Hagenbach, Jockrim und zu Rülzheim verschiedene 
Diebstähle von Geld und Eßwaaren, AMepfel, Lebkuchen, Fleisch, 
dartoffeln u. s. w., alle unter dem erschwerenden Umstande des 
kinsteigens beziehungsweise des Einbruchs. Von diesen 6 Dieb⸗ 
tählen gesteht er heute 4 zu. Der Ruf des Angeklagten ist ein 
ehr schlechter. Die Geschworenen erklärten ihn für schuldig, worauf 
er zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt wurde. 
—ermirchtes. 
Der Reinertrag der Pfälzischen Eisenbahnen im Jahr« 
1867 ermoöglicht, daß den Actionären der Ludwigsbahn außer 
den 4 pCt. Zinsen eine Superdividende von 27 fi. pro Actie 
ind den Actionären der Maximiliansbahn außer den 420 pCt. 
Zinsen eine Superdividende von 26 fl. pro Actie zu Theil wird, 
pährend der Staat von der letzteren Bahn wiederum 1 pCt. als 
Xückzahlung auf seine Vorschüsse erhält. Die Rechnung der 
Neustadt ⸗Dürkheimer Babn ichließt mit einem Deficit von 
74. 126 fl. ab. 
f Mauchenheim, 25. Febr. Am jüngsten Mittwoche 
am es in dem Tierbehälter des Menageriebesitzers Herrn Bläser 
don hier, zur Zeit sich hier aufhaltend, zu einem Kampfe zwischen 
wei Insassen, nämlich einem braunen Bären größerer Race und 
einer Hyäne. Dem Ersteren gelang es die Scheidewand, welch« 
aus Brettern bestand, zu seiner Nachbarin durchzubrechen and 
diese gleich so zu umarmen, daß eine Gegemvehr nicht mehr mög 
lich war. Bis es dem Aufüchtspersonal gelungen war, dazwischen 
zu kommen, hatte der Bär seine Beute schon theilweise verspei st 
und wirklich rasend wurde derselbe, als er mittelst einer überge⸗ 
vorfenen Leine und mittelst Spießen davon ab⸗ und in seinen 
Zwinger zurück gebracht wurde. Es war das ein schreckliches Brüllen 
und massenreich stroͤmten die neugierigen Orisbewohner hinzu 
Der Verlust dieser Hyane ist für Herrn Bläser schon empfindlich 
In dem Garten des Hen. Joh. Phil. Harm in Freins⸗ 
heim steht ein Aprikosenbaum in voller Blüthe * 
4Worms, 19. Febr. Die Enthüllungsfeiesr des 
Lutber⸗Denkmals wird am 24., 25. und 28. Juni l. J.