Slt. Ingberler Anzeiger.
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Nro. —1. — Samostag, den 2 Jauuar — 44 2* 1869
Deun tschland.
Mundhen, 80. Dec. Bei der demnächstigen Eintheilung
anserer Armee in zwei Armeecorps, werden auch die Commandant
chaftsbezirke, welchen die Aburtheilung von Reservisten und
Landwehrleuten nach dem neuen Strafsgesetze zusteht, folgenderma⸗
ben eingetheilt, zum ersten Armeecorps gehören die Comman—
dantschaften: Augsburg, Burghausen, Dillingen, Freising, Ingol⸗
stadt, Kempten, Landsberg, Lindau, München, Passau, Regensburg
und Ulm; zum zweiten Armeccorps: Amberg, Ansbach, üschaffen
hdurg. Bamberg, Bayreuth, Eichstädt, Erlangen, Germersheim,
Landau, Neuburg, Nürnberg, Speher, Straubing, Würzburg und
Zweibrücken.
— Ein Artikel in der „Augsb. Abendztg.“ bemerkt über den
Beschluß des Schu'gesetz-Ausschusses der Abgeordnetenkammer be—
züglich der Alterszulagen der Lehrer: „Wir glaubten dem Schul⸗
zesetzertwurf das Bedauern abzufühlen, vorerst mit so bescheidener
Abschlagszahlung vor die öffentliche Meinung treten zu müssen,
dabei jedoch ohne Zweifel die geheime Hoffnung nährend, die Ver—
reter des Volkes würden seiner Zeit bei Berathung dieses Ge—
jetzes mit Freuden mehr geben, als die Regierung sich zu bieten
zetraute. Mit tiefer Wehmuth und gerechtem Erstaunen muß es
aber erfüllen, wenn man liest, daß die Wajorität des Ausschufse;
ür das Schulgesetz auch das gebotene Angeld noch für zu viel
hält und es in armselig knausernder Weise glaubt mindern zu
müssen. Haben wohl jene Herren bei dieser Veschlußfafsung dar⸗
an gedacht, daß die 30 fl., welche fie einem Schullehrer nach
fünfjähriger Dienstzeit in einer und derselben Gemeinde als Ge'
jaltszulage versprechen (also per Jahr 6 fl.!), kaum Dem gleich—
puumen, was ein mittelmäßiger Geschäftsmann seinen Domestiken
als Weihnachtsgeschenk giht ? Werden nach der neuen Gesetzes
vorlage über das Wehrgeld nicht die Verdienste eines Unteroffi
ziers so hoch geschätzt, daß man sie nach Ablauf einer Capitula⸗
fionszeit mit einer jahrlichen Gratification von 100 fl. zu belohnen
beabsichtigt? Hätten jene Herren wohl eine Ahnung davon. wie
ief sie hiedurch die Münner stellen, denen sie ihr Heiligstes, ihre
inder, nach Geist, Seele und Leib anvertrauen und au die sie
doch bezüglich ihrer Leistungen für Kirche und Staat so groß
Anforderungen machen? .. Sprechen wir es offen aus: „Die
Behaltsfrage ist die Lebensfrage unserer Schulen. Bezahlt die
dehrer besser und ihr werdet bald bessere Schuͤlen haben. Auch
hier ist Geld eine Macht; Geld ist der Lebeusnerv unserer Zeit.
Kaiserslauternn, 831 Dec. Gestern Abend beshloß
der hiesige Volksnerein in einer größern Versammlung eine Adrefse
an die Abgeordnetenkammer in München: „Daß das allgemeine
irekte Wohlrecht auch bezüglich der Landtagswahlen eingeführt
und demgemäß ein Landtagswahlgesetz vorgelegt wird, nach wel—
hbem: I) jeder 21jährige unbeschollene Stagisbürger actid und
eder 25jährige passiv wahlfähig ist; 2) die Abstimmung eine di⸗
recte schriftliche und geheime sei; 83) in jedem Wahlbezirke nur
zin Abgeordneter auf zwei Jahre gewählt wird, das Institut der
Ersatzmänner wegfällt, und die Wahibezirke gesetzlich festgestellt
verden, 9 jeder Abgeordnete, Diäten“ annehmen muß, um jedem
Maanne des Volksvertrauens die Möglichkeit zu geben, einem Man⸗
date Folge zu leisten.“ Die Adresse wird heule noch dem Herrn
Abgeordneten Kolb zu Vertretung derselben zugehen.
Dienstesnachrichten.
Die erledigte prot. Pfarrstelle zu Hochstätten, Dec. Obermoschel,
wurde dem Pfarrberweser daselbst, J. M. Spatz von Dürkheim, üͤber—
rragen, die erledigte prot. Pfarrstelle zu Gangloff, Dec. Lauterecken, ist
dem Stadtvicar zu Kaiserslautern, F. Schäfer von Pirmasens, die
zrot. Pfarrstelle zu Niederkirchen, Dec. Kaiserslautern, dem Pfarr⸗
erweser zu Hochspeyer, Fr. Shlarb von Kusel, verliehen.
Leipzig, 26. Dec. Der „Allgem. Ztg.“ wird geschrie—
ven: Der Plan, welcher dem Grafen Bismacck neuerdings zuge⸗
chrieben worden ist im Fall eines Kr'egs Norddeutschlands mit
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Desterreich nach der Besiegung dieser Macht dem Qönig von Sach⸗
en die böhmische Krone anzubieten, ist nicht neu: schon Friedrich
zer Große, als er 17356 die sächsische Armee vor Pirna einge⸗
chlossen hielt, ließ durch den General v. Winkerfeld dem Kurfür—
ten Friedrich August U. als Gegenleistung für ein Bündniß Sach⸗
ens mit Preußen die bzhmische Krone antieten. Der Kurfürst
ehnte ab. — Von Neujahr ab erhalten die Soldaten des saͤch⸗
ischen Armeecorps nicht mehr 114 Pfund Brod täglich, sondern
nur, wie die Soldaten der preußischen Armee,1 Pfund 12 Loth,
vas bei einer Präsenz von 24000 Mann.1 Pfd. Brod zu 9
pf. gerechnet, eine jährliche Ersparniß bon 26,280 Thalern aus⸗
macht.
herlin, 26. Dec. Die „Kln. Ztg.“ schreibt: Der Ein⸗
tritt des muthmaßlichen württembergischen Thronfolgers in das
preußische Gardecorps, dessen eberster Befehlshaber bekanntlich
der Prinz August von Württemberg ist, kann als eine Thatsache
hestätigt werden. Man erblickt darin eine Bürgschaft dafür,
daß die Beziehungen zwischen Würtemberg und Preußen sich auf
das freundlichste estaltet haben, wie das auh die juͤngste Rede
des Hrn. v. Varnbüler an den Tag gelegt hat.
Ber lim, 80. Dec. Gegenüber der irrigen, namentlich
durch eine Berliner Correspondenz der „Times? hervorgerufenen
Luffassung der badischen Üebereinkunft mil dem Nordd eutschen
zunde, betreffend die Leistung der Militärdieustpflicht, bemerkt die
„Nordd. ACz. Ztg.“: Der diesbezügliche Vorschlag Badens wurde
im Juni gemacht und am 30. Noͤp dam wieder zusam.nengetre⸗
enen Bundesrath vorgelegt. Die Uebereinkunft bezeckte nur, den
Heiderseitigen Staatsangehörigen die Erfüllung der Mililärdienst⸗
oflicht zu erleichtern.
—Wien, 27. Dec. die grie hischhen Dausleute in den Stid—
en Turn⸗Severin und Turn— Mogurele in der Wala hei ha ben
30,000 fl. füt den Befreiungskrieg gegen die Türken gezeichnet.
— Ju Galizien predigen die Jesuiten gegen die neuen Volkebil⸗
ungsvereine. Der Paler Formanios rief von der Kanzel: Beten
oll das Volk, denn mit dem Beten kommt das Glück, nicht aber
nit dem Wissen! Durch die kirchenfeindliche Wissenschaft werde
nur die Unzufriedenheit und die Revolution befördert. — Die zu
Weihnachten erwartete Annestie für Preßvergehen ist cben so wenig
erfolgt, wie die Aufhebung des ogemäßigten“ Velagerungszustam
desß in Prag und Umgebüng.
Wien. 30. Dic. Mu der Börse wurde eine Puariser tele
raphif He Rachricht von erster Hand virbreitet, daß die Conferenʒ
Sountag, am 3. Januar eröffnet werde. I
Wien. die „Neue fr. Pr.“ erfährt, daß zu Neujahr die
Amwechselung der verschiedenen Titel der öosterreichischen Siaats
chuld in die Stücke der neuen einheitlichen Rentenschuld be⸗
ainnen werde. I
WMit Bezug auf gewisse neuere Vorgänge an österreichischen
Luiversitäten erhält die Deutsche Allgem. Ztg.“ aus Wien foigeude
Zuschrift: „Die Orgine des königlich kaiserlichen patentirten
Aiberalismus verlangen von der siudirenden Jugend deutscher Na⸗
ionalität in Wien und Graz, daß sie sih für die öfterreichische
-taatsidee begeistere, and finden s höchst bedenklch, daß der G.
zanken der Einheit und Größe Deutschlands die jugendlichen Ge—
nüther erregt. Von einem gewissen Sta dpunkte aus ist es er⸗
lärlich, daß man von der weilern Verbreitung des mitionalen
Zedankens Gefahren für die hababurgisch⸗ othringische Monarchie
zesorgt, ebenso wie der Eifer, mit dem man in jüngster Zeit den
Factoren“ nachspürt, deren Einwirkung die „nunöfterreichische“
Besinnung eines Theiles der Wiener Studentenschaft verschuldet
Jaben soll. Als Hr. v. Hye, unter dissen Ehrenvorsitz neulich
der Juridisch-Politische Leseverein in Wien die „WeserezZeitung“
nus seinen heiligen Hallen verbannte, als Justizz, Kultüs- ud
Uulerrichtsminister fungirte, wurde in den Kueiplocalen der Buc
chenschaften von Wien und Graz nach hochverrätherijchen Bier⸗
rügeln gefahndet, welche aus Würzburg und Jena in das schwarz⸗
selbe Gebiet eingeschmuggelt worden sein sollten. Heule wird din