Full text: St. Ingberter Anzeiger

liber Gewerbeordnung, Unterftützungswohnsitz. Lohnarrestbeschrän .· „Imperial“ sagt: Die Regierung und die Majorität der 
kung, Einführung eines Handelsgesetzbuchs, einer Wechselordnung Codtes stimmen darüber überein, daß erst nach Durchberathung und 
als Bundes gesetze ʒ. ferner die Errichtung eines obersten Handels⸗ Feststellung der Verfassung die Frage der definitiven Regierungs— 
gerichtshofes, ein Gesetz über gegenseitige Rechtshülfe, ein Bundes⸗ orm zu discutiten sei. 
wahlgesetz ein· Gesetz zur Regelung der Rechtsvberhältnisse der 
Buͤndesbramten, einen Rachtragsetat zu 1869, fowie den Bundes- 
Etat für 1870, welcher eine Erhöhung der Bundeseinnahme for⸗ 
dert, um verschiedene Einnahmeausfälle zu ersetzen. Die Rede 
erwähnt die abgeschlossenen Postverträge und hebt die Uebernahme 
des auswärtigen Amts auf den Bund hervor, um die politische 
Einheit des Nordbundes in verfaffungsmäßige und durch die in; 
sernationale Bedeutuug gebotene Form zum Ausdruck zu bringen. 
Die Erhaltung des Friedens bilde die erste Aufgabe der auswär— 
tigen Politit, was durch die Freundschaftsbeziehumgen bes⸗ Nord⸗ 
dundes zu allen Mächlen erleichtert sei. Die Rede gedenkt schließ⸗ 
lich der Pariser Conferenz als eines Zeugnisses des aufrichtigen 
Sirebens der europäischen Mächte, den Frieden unter gemeinsame 
Obhut zu nehmen. Angefichts dieser Wahrnehmung sei die Na⸗ 
— E 
hängigkeit zu achten und die eigene zu schützen, zum Vertrauen 
quf die Dauer des Friedens berechtigt, den zu stören den aus⸗ 
wärtigen Regierungen die Absicht, den Feinden der Ordnung die 
Macht fehlhe. 3 . iantn intenn 
Wien, 2. März. Die „Presse dementirt die Nachricht von 
einer anläßlich der bevorstehenden Kaiserreise nach Triest beabsich 
tigten Zusammenkunft des Kaisers Franz Joseph mit dem Könige 
von Jialien. Der Kaiser tritt die Reise heute Abend an. — 
Der croatische Landtag ist heute eröffnet worden. .» 
DDie „Oesterreich. Corresp.“ meldet officibs, der Exkönig 
bon Hannover habe einen Protest gegen das preußische Beschlag · 
nahmegesetz an sämmtliche Souveräne gerichet. 
Wien, 8. Marz. Das vom Ausschusse des Reichsraths 
irgenommene Finanzgefetz pro 1869 beziffert die Staatsausgaben 
mit 20610 Millionen, es ergibt sich somit ein Deficit von 2* 
Millionen, welches durch Aufnahme einer schwebenden Schuld zu 
deden ist. Der Ausschußbericht stellt übrigens die Steigerung 
einiger Einnahmeposten in Aussicht. r, 
Fraukreich. 
Paris, 1. März. tur den Sommer stehen wieder drei 
ebungslager in Aussicht; das erste in Chalons (dieses wird am 
— Lan⸗ 
nemezan. Der Kriegsminister ordnet an, daß der gewöhnlich im 
April stattfindende Garnisonswechsel bis Oclober vertagt werde. 
Der gesetzgebende Korper gab dem Bedauern über den 
Tod Troplong's usdruch. — Numiral brachte in der heutigen 
Sitzung den Bericht über den Vertrag der Stadt Paris mit dem 
Fredit foncier ein. Der umgearbeitete Artikel 1 der Gesetzvorlage 
ermüchtigt die Stadt so viele, innerhalb 40 Jahren rückzahlbare 
Obligationen auszugeben, als zur Beschaffung eines Kapitals von 
I6oß Millionen erforderlich sind; die Emission derselben kann auch 
successive stattfinden. Die Diskussion wird morgen hierũber be⸗ 
ginnen. — 
Jermischtes. 
Speier, 12 März. Bei dem verantwortlichen Verleger 
und Drucker der „Rheinpfalz“ Hrn. Buchhändler Kleeberger, nah— 
men heute der Staatsprocurator und der Untersuchungsrichter von 
Frankenthal in Begleitung des k. Polizeicouumissärs von hier, eine 
Haussuchung vor, um nach dem Manuscripte einer Correspondenz 
aus Landau, 1. Febr., in Nr. 16 der „Rheinfalz“ vom 6. Febr 
lunter den Vermischten Nachrichten) zu suchen. Sämmtliche noch 
porhandene Exemplare dieser Nummer wurden in Beschlag genom— 
men. Auch bei Herrn Donivicar Dr, Zimmern wurde Haus— 
suchung gehalten. Die bezügliche Correspondenz enthält Bemer— 
kungen über das Landauer Bezirksgericht. 
7 Der Necdar-Durchstich bei Mannheim ist vollendet: der 
Neckar hat damit aufgehört, an seiner mehr-als 1000jährigen 
Mündung in den Rhein zu pulsire. 
—7 Köoln, 28. Febr. Die Weibsperson, welche sich — und 
zwar, wie es scheint, fälschlich — als Anstifterin“ des Theater— 
hrandes angab, soll verrückt sein und in ein Irrenhaus gebracht 
werden. Dagegen sind 5 Bühnenarbeiter, welche in der Nacht 
vom 15. auf den 16. ds. im Theater beschäftigt waren; verhaf⸗ 
tet worden; es soll sich dringender Verdacht strafbarer Fahrlässig⸗ 
keit gegen sie ergeben haben. 
7 In der Nacht vom Sonntiag aus Montag fand in einer 
Wirthschaft der Berliner Hasenhaide gelegentlich einer Tanzmusil 
eine blutige Schlägeret zwischen Soldaten verschiedener Waffen 
und Brauerknechten statt, bei welcher die ersteren 15, die letzteren 
5. Verwundete zählten. 
r Leipzig, 25. Febr. Heute Vormittag entstand in 
einem Arbeitslokale des Kunstfeuerwerlers Schömberg in der Funken⸗ 
hurg plötzlich eine Explosion, welche, besonders durch Entzündung 
einer größeren Quantität Buntfeuer, im Nu das ganze Lokal in 
Flammen setzte und dasselbe mit erstickendem Qualm erfüllte. 
Sieben Personen waren in dem Lolkal beschäfligt und nur zwei 
davon vermochten sich rechtzeitig zu retten; dagegen sind ein Arbeiter 
und eine Arbeiterin auf traurige Weise im Gesicht und an den 
Händen verbrannt jund drei andere Mädchen haben ebenfalls Brand⸗ 
wunden, wenn auch leichterer Art, davon getragen. Die Unglüd⸗ 
lichen, von denen zwei Mädchen schon einmal ein gleiches Schich 
sal gehabt, sind sämmtlich dem Hospital übergeben worden; außer 
den Brandwunden trugen sie fast sämmtlich noch blutige Verletzun⸗ 
gen, die sie sich bei dem verzweifelten Versuche, sich durch die 
Fenster⸗zu retten, durch Zerstoßen der Glasscheiben zugezogen 
haben. Es sollen nahe an dem siarkgeheizten Ofen Feuerwerks⸗ 
körper gelegen haben, welche vielleicht durch einen herausspringenden 
Funken in Brand gesteckt worden sind. * 
7 Berlin. Fünf Ventner Silber in Barren wurden 
kürzlich einem Hamburger Handelshause durch einen Kaufmann 
einer Stadt am Harze zum Kauf offerirt, und derselbe erbot sich 
zu einer ferneren Lieferung von fünf, Centnern monatlich. Die 
hamburger Firma schöpfte Verdacht und ging scheinbar auf das 
gSeschäft ein, machte aber Anzeige bei der preußischen Regierung. 
Diese stellte Recherchen an, infolge derselben in verschiedenen 
Städten des Harzes Verhaftungen vorgenommen wurden. Es 
jollen großartige Unterschlagungen an den Tag gekommen sein, 
doch läßt sich die Natur derselben noch nicht klar erkennen. Der 
zetreffende Theil des Oberharzes gehoͤrte früher zu Hannover; 
seit dem neuen Regimente wurde in den königlichen Silberberg⸗ 
werken eine strengere Controle eingeführt, so daß es kaum zu 
zlauben ist, daß fortdauernde Entwendungen möglich seien. Da⸗ 
zegen glaubt man, daß bei der Annectirung ein Theil der Vor⸗ 
rälhe auf die Seite geschafft wurde, um sie nicht in die Hände 
derer fallen zu lassen, welche man damals noch als Feinde zu 
betrachten gewohnt war, und daß jetzt diese Vorräthe nach und 
nach verwerthet werden sollen. 
Das Journal „Paris“ erzählt folgende politische Anekdote: 
Die verstorbene Fürstin Baciochi, die Cousine des Kaisers, war 
eine Dame, die sich keiu Blait vnr den Mund zu nehmen, sondern 
frisch von der Leber weg zu sprechen gewohnt war. Eines 
Abends nahm sie an einem Diner in den Tuilerien Theil; 
zufällig fiel das Gespräch auf Tagesbecçebenheiten, und mit hellster 
Betonung der Worte sagte die Fürstin: „Nicht wahr, mein 
Cousin, ee Hetr Bismarck hat Ihnen den Wind abgewonnen?“ 
Tiefes Schweigen des mächtigen Monarchen. Die Fürstin 
widerholte ihre Phrase und mit festester Stimme und vielsagendem 
Augenspiele erwiderte der Kaiser: „Geduld Cousine, das Turniet 
ist noch nicht zu Ende.“ Der Erzähler versichert, die Geschichte 
von einem englischen Diplomaten, der Ohren⸗ und Augenzeugt 
war, vernommen zu haben. 
Am 22. Februar empfing der Papst eine Schaar frommer 
kotholischer Ausländer, welche ihm eine Huldigungsadresse über— 
reichte. Das Wort führte Graf Leo Thun, der ehemalige Unter⸗— 
cichtsminister und Vater des Concordates mit Oesterreich, der mit 
einer ganzen Anzahl vornehmer Oesterreicher erschienen war, gleich⸗ 
sam um Buße zu thun für Oesterreich— Graf Leo Thun erklärte 
u. A., daß die Hand des Papstes die Säulen der gesellschaftlichen 
Ordnung stütze, jener Ordnung, ahne welche keine Regierungsform, 
kein Staat auf die Dauer bestehen koͤnne. Also eine förmliche 
Anklage gegen Oesterreich und dessen gegenwärtige Regierung, die 
jene Säulen uingestürzt haben soll. 
Florenz, 4. März. Der Rücktritt des preußischen Ge⸗ 
sandten, Graf Usedom, hat hier einen peinlichen Eindruck gemacht 
Am 15. April wird in Brindisi die Commission zusammen 
zreten, welche über die Einrichtung einer anglo⸗indischen Ueber— 
landpost durch Deutschland berathen soll. 7 
Spanien. 
Der Pariser „Moniteur“ vom 1. ds. Mtis. veröffentlicht 
ein Telegramm aus Madrid, nach welchem der Erzbischof 
von Granada von mehreren Individuen auf der Treppe 
der dortigen Kathedrale überfallen und schwer verwundeit 
worden ist. 
Der Kriegsminister General Prim, hat eine Verordnung 
erl assen durch welche die für Befreiung bon der Militärpflichi 
zu zahlende Summe von 8000 auf 6000 Realen herabgesetzt 
wird —