Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungsblait, mit der Dienstags⸗ Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
zunimer) erscheint wochentlich vi er mal: Dienstag, Donnmerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Krzr. oder 
128 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. J 
Nr. 71. Mittwoch, den 3. Mai. — 1869. 
*7 
ee ieeie Deutschland. — 9 
München, 1. Mai. Dem Erfinder des nach ihm be— 
nannten, und jetzt bei der gesammten Infanterie des bayerischen 
dJeeres zur Einführung kommenden Werder⸗Gewehres wurde in 
inerkennung seiner hervorraggenden Leistung das Rilterkreuz des 
Berdienstordens vom hl. Michael verliehen. 
— München, AMai. Zu der morgen in Paris begin⸗ 
jenden Conferenz von Delegirten des süddeuisch-franzöfischen 
zisenbahnverbandes ist Generaldirectionsassesssr. Mathaus als 
Bertreter der bayerischen Staatseisenbahnen Labgereist. — Den 
wischen Bahern und Frankreich geschlossene Vertrag wird das 
norgen erscheinende Regierungsblatt veröffentlichen. Derselbe 
estimmt, daß die beiden Staaten diejenigen ihrer Angehörigen, 
velche auf dem Gebiete des andern Staates Forst-, Feld⸗, 
Fischereis oder Jagdftevel im Vergehens- oder Kebertretungsgrade 
egangen haben, in derselben Weise und Lunter Anwendung der— 
esben gesetzlichen Bestimmungen gerichtlich verfolgt werden, 
vie wenn diese. Frehvel im eigenen Lande;, begangen worden 
vären. 2. — 
Berlun, 1. Mai. Aus Wien wird den Hamb. Nachr. 
elegraphirt: .„Einem mehrfach beglaubigien Gerüchte zufolge 
oll das eben batant gewordene achte Infanterie-Regiment dem« 
Rönig von Italien derliehen werden. 
Berlin, 8. Mal. Eine unter dem Vorsitz des Abgeord, 
Dr. Schweitzer gestern stattgehabte, etwa 8000 Mann starke 
Arbeiterversammlung faßte folgende Resolutionze, Der norddeutsche 
skeichstag hat durch seine bisherigen Verhandlungen; und Beschlüsse 
zezeigt, daß er * dorwiegend aus Vertreterne der reactionären 
Staatsmacht und der Capitalherrschaft besteht. Von einer solchen 
Bersammlung hat das arbeitende Volk nichts zu erwarten. Es 
st Pflicht der Arbeiter, in Zukunft eigene Candidaten der Arbeiter 
zurchzusetzen, um dadurch thatkräftige Vertreter politischer und 
ocialer Freiheit in den Reichsstag zu bringen.“ Die Debatte war 
eine sehr lebhafte, namentlich gegen die Nationalliberalen und 
nuch gegen die Fortschrittspartei gerichtete, verlief jedoch ohne Stör⸗ 
ing, obgleich Schultzianer und Lassallianer in großer Zahl vertreten 
varen, so zeigten sie sich doch in Betreff der Lohnfrage einig. 
Frankreich. 
Paris, 1. Mai. Wie hier bestimmt versichert wird, liegt 
)er Reise Benedetti's der Zweck zu Grunde, eine dem Frieden 
zünstige internationale Manifestation, die in einer Zusammenkunft 
der Herrscher von Frankreich, Preußen und Oesterreich bestehen 
oll, zu Stande zu briugen. 
Paris, 2. Mai. Der „Temps“ meint, aus dem Proto⸗ 
oll in der französisch-belgischen Angelegenheit gehe deutlich hervor, 
»aß über den Grund der zwischen beiden Regierungen existirenden 
differenz das Einverständniß nichts weniger als hergestellt sei. 
hon beiden Seiten seien allerdings Zugeständnisse gemacht worden, 
ie sich aber mehr äauf die Form als auf das Wesen der Sache 
yeziehen. 
Mußland. 
Petersburg, 2. Mai. Der Admiral Mensschikoff ist 
jestorben. 
— —Vermischtes. J 
7 Speyer, 30. April. Die hier längst erwarteten tür—⸗ 
ischen Kanonenboote werden nun ohne Zweifel nächstens an 
inserer Stadt vorüberkouiumen. Aus Mühlhausen, 27. 
April, schreibt näimlich der in Straßburg erscheinende „Impartial 
zu Rhin“: Gestorn morgen zog ein hier seltenes Schauspiel am 
Zuai des Bassins die Blicke der Vorübergehenden an. Zwei 
Schraubendampfer fuhren mit großer Geschwindigkeit auf dem 
Fanal und legten am Zollgebäude an. Sie kommen von Bor-⸗ 
)eaux und sind für den Dienst der türkischen Zollbehörden be— 
stinmt. Sie gehen nach Straßburg, von da abwärts und durch 
den Donau Main Canal in die Donau. 
Zweibrüchen, J. Mai. Der tkommende 6. Juni 
wird für unsere Stadt ein Festtag werden. An diesem Tage wird 
hier ein Gausfängerfest abgehalten, welches über 400 Sänger aus 
allen Theilen der westlichen Pfalz vereinigen wird. Die Vereine 
von Pirmasens. Homburg, Hornbach, Blieskastel, Irheim, Auer—⸗ 
»ach, Bubenhaufen, Ernstweiler, Webenheim, Mimbach ꝛc. haben 
hre Theilnahme zugesagt. Das Programm' wird nächstens be— 
annt gegeben werden, aus welchem wir nur erwähnen, daß der 
Schmidt'jche Park als Festplatz bestimmt ist, in welchem Nachmit— 
ags die Gesammtchöre, während die Specialchöre und schließlich 
Reunion Abends im Tivoli stattfinden. — 
A. Pirmusens, 27. April. Am verflossenen Samstag 
24) Morgenz 8 Uhr wurde der Staatswald bei Ludwigswinke— 
District. „kleine Höchst') an drei Enden angezündet. Am näm— 
lichen Tage Mittags von 1. Uhr bis Abends brannte auf dem 
sog. Schwärzstuhl (bei Kaltenbach) im Staatswalde eine Fläche 
von 30— 40 Tagw. junger Buchenwald nieder. Man vermuthet, 
der Brand sei durch boshafte Hand angelegt und werden eiferigst 
Recherchen gepflogen. 
7 GEin Wasservelociped) hat der ArchitektSch. in Braun⸗ 
schweig erfunden. Dasselbe besteht aus einem Eisstuhl, dessen 
igentlicher Schlitten aus zwei wasserdichten, leichten Blechröhren 
esteht; während diese Röhren den Fahrenden selbstverständlich über 
Wasser halten, bewirkt dieser auf dem Stuhle sitzend, durch das 
vor demselben befindliche Tretwerk die Rotation einer am hinteren 
Ende des Fahrzeuges im Wasser befindlichen Schraube (ähnlich wie bei 
dampffchiffen) und durch diese die Fortbewegung. 
7 Die Linie des Grafen Tilly, des bekannten Gegners 
Hustav Adolph's im 80jährigen Kriege, ist nun erloschen durch 
den Tod des Grafen Eduard August von Tserclas Tilly, im 
johen Alter von 853 Jahren. Er war Kammerherr des Königs 
von Hosland. 
Paris. Die tonangebenden Damen (ie) hier beab⸗ 
ächtigen eine Coiffure einzuführen, welche nicht wenig Aufsehen 
nachen wird, nämlich die Perrücke; nicht eine still bescheidene 
»der verborgene, die dem heuchlerishen Geschlechte der falschen 
Thignons angehört, sondern, alle Täuschung verschmähend, eine 
kühne, wahre Perrücke, deren Wülste bis auf die Schultern nieder⸗ 
allen und dort durch Bänderknoten geschmückt sind. Auf dem 
Zanzen ruht ein kleiner Dreimaster, wie ihn die petits abbés 
»es 18. Jahrhunderts trugen. Auch ist nicht zu vergessen, daß 
die Perrücke leicht überpudert ist. Kurz, eine Coiffure, deren 
Erlindung mit Recht an den Namen Pompadour erinnert. 
7New-York. Eine neue Art des Straßenraubes schil— 
dert ein amerikanisches Blatt in Folgendem: George Mehner, 
ein sogenannter „grüner“ Deutscher ging Abends durch die East 
Houstonstratze. Es war dunkel und die Straßen wenig belebt, 
nur hinter George kam ein Trupp junger Leute, welche nach dem 
dlange einer Ziehharmonika marschirten. Sie holten den nichts 
Arges ahnenden Deutschen ein, und ehe er sichs versah, war er 
u Boden geworfen, seiner Uhr und Kette, sowie seiner Baar—⸗ 
chaft beraubt. Dazu spielte der Bursche: „Ach ich bin so 
nüde, ach ich bin so matt, möchte gerne schlafen gehen ꝛc.“ Ein 
Bolizeibeamter stand ganz in der Nähe, dachte aber, weil er die 
Musik hörte, die jungen Leute hätten nur einen Scherz zusammen. 
Dasselbe dachten auch wahrscheinlich mehrere Leute, die während 
ꝛes musikalischen Straßenraubes vorübergingen. — 
7 Die „Staatsztg.“ von Tenesse schreibt: „Namentlich 
in der Baukunst hat sich deutsches Genie in Amerika Geltung 
verschafft. Albert Fim ist berühmkt durch seine eisernen Brücken. 
in Modell derselben ist die Nasheville-Edgefield Eisenbahnbrücke 
ind ein Riefenwerk nach demselben Modell geht so eben der 
Vollendung in Louisville entgegen, woselbst es den »Ohio nach