Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler ZNnzeiger. 
der St. Ingherter Anzéiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unlerhaltungsblatt, mit der Dienstags-, Donnerttags- und Sonntags- 
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Deutschland. FF 
Dienstesnachrichten. 
Dem Gerichtsboten Friedrich Tenner in Bergzabern ist 
jestattet worden, den geprüften Gerichttzbotencandidaten Leonhard 
Dürimg aus Grünstadt als stellvertretenden Gehilfen anzuneh⸗ 
nen und dem letzteren vorläufig auf die Dauer eines halben Jah— 
'es die Befugniße eingeräumt worden, die Amtsverrichtungen eines 
Serichtsboten selbstständig auszuüben. — Der Lehrer Friedrich 
Danunrer von Hinzweiler ist zum Lehrrr an der prot. Schule 
ju Lautersheim, der israel. Lehrer Jacob Eisemann in Blies— 
astel zum Lehrer an der israel. Schule daselbst in definitiver 
kigenschaft, der Schulverweser Martin Fischer von Alsenz zum 
dehrer an der prot. Schule zu Kleinsteinhausen, der Schulver— 
veser Jacob Engel von Kuhardt zum Schulverweser an der 
akh. Schule zu Zeiskam und der Schulverweser Jacob Lutz in 
ẽnsthal zum Schulverweser an der kath. Schule zu Speyerdorf 
rnannt worden. J 
Berlhin,3. Mai. Zur allgemeinen deutschen Lehrerver⸗ 
ammlung erwartet man hier ca. 83000 Lehrer, von denen etwa 
32500 freies oder im Preise ermäßigtes Logis beanspruchen. 
Frankfurt, 4. Mai. Die von dem Staate Preußen 
in die ehemals freie Stadt Frankfurt in Folge des Receßab⸗ 
chlusses zo zahlenden 83 Millionen wurden gestern durch die hie— 
ige Kreiskasse ausbezahlt. Die Regierung leistete die Zahlung 
n preußischen 4/2 proc. Obligationen, die mehrere Kisten füllten. 
Wieen, 1. Mai. Grofe Sensation erregt hier das Ver— 
chwinden von 20 Mill. Gulden, welche von den Offizieren als 
Jeiraths⸗Cautionen hinterlegt worden sind. Die Gesuche bereits 
ensionirter Offiziere um Rückzahlung dieser Cautionen sind nach 
»er österreichischen „Wehrzeitung vom Kriegsministerium abschlägig 
»eschieden worden weil man nicht wisse, woher die betreffenden 
Summen zu nehmen sind. Die Cautionen sind nicht mehr vor— 
handen und sollen bereits im Jahre 1859 zu Staaiszweden ver— 
ausgabt sein! Wenngleich, sagt die „N. f. P.“, die Angelegen⸗ 
jeit nur den Machthabern von 1859 zur Laft fällt, so ist es 
doch ganz unbegreiflich, wie keiner der Kriegsminister seit 1839 
zavon gewußt, oder warum keiner, wenn er davon gewußt haben 
ollte, der Budgetcommission des Reichsrathes oder spätet den De— 
egationen die Anzeige davon gemacht hat. Vollends uͤnbegreiflich 
ist es aber, woher die Zinsen der eingelegten Cautionen und die 
Kapitalsrückzahlungen an die Erben vrtstorbener Offiziers-Wittwen 
bestritten worden sind, da doch alljährlich hierzu nahe an 2 Mil— 
liionen erforderlich waren und ein derlei Posten weder im Budget 
des Kriegs⸗-, noch in jenem des Finanzministeriums vorkommt. 
Frankreich. 
München, 3. Mai. „Die Aufklärungen des österreichischen 
HFeneralstabswerkes,“ schreibt die ‚Bay. Landesztg.“, „bilden noch 
as Thema der Besprechung in allen Blättern. Je nach dem 
Ztandpunkte derselben wird daraus Verrath Preußens, Verrath 
Desterreichs an Deutschland gelesen, wird herausgelesen, daß Preu⸗ 
zen oder daß Oesterreich in seiner Politik und deren Mitteln die 
Hebote der Moralität weniger im Auge hat. Wir halten den 
ztreit für einen ziemlich müßigen. Die Depeschen, welche der 
sterreichische Generalstab veröffentlicht hat, sind nicht die Ge— 
chichte,, sie sind ein Blatt und noch dazu ein kleines Blatt in 
erselben. Sie lehren, daß der Egoismus unter schönem Deck— 
nantel 1866 die Triebfeder Preußens war, sie lehren es jeden, 
er es nicht schon längst aus der Geschichte weiß. Es war nicht 
inders in den Zeiten, auf die jeder Preuße mit Stolz zurüchsieht, 
inter der Regierung Friedrichs des Großen, nicht anders zur Zeit 
ꝛes Baseler Friedens, nicht anders zur Zeit des Wiener Kongres⸗ 
es, als die Sachsen schon das Opfer des gewaltigen preußischen 
Ippetits werden sollte. Nicht minder aber haben Preußens An— 
jänger Recht, wenn sie Oesterreich den gleichen Vorwurf machen. 
Wie oft hat Oesterreich die Hand nach Bayern ausgestreckt, wie 
denig deutsch war seine Haltung seit 1865 in der schleswig-holl⸗ 
sein'schen Sache! Was Wunder also, daß es 1866 trotz des 
zündnisses daraß dachte, für das Verlorene sich an Bayern zu 
ntschädigen, daß es jetzt uns die Schuld aufladen will dafür, 
aß es seiner eigenen Schwäche erlegen ist und uns mit in das 
Unglück hineingezogen hat. Die Mittel der Politik hielten aber 
vou jeher auf Seite Preußens so wenig den Prüfstein der Moral 
ius, als auf Seite Oesterreichs. Die vom österreichischen Gene—⸗ 
alstab veröffentlichten Depeschen sagen uns also nichts Neues, sie 
zestätigen nur das Alte. auf's Neue. Was ist aber die Lehre 
es Ganzen für Bayern? Eine sehr einfache. Es ist Thorheit, 
uuf die dentschen, auf die uneigennützigen Bestrebungen eines der 
ßroßstaten zu rechnen. Bayern muß seine eigenen Interessen im 
luge behalten, und dies wird ihm dadurch erleichtert, daß seine 
ind die deutschen Interressen in Eines zusammenfallen. Oester⸗ 
eich würde Bayern verschlingen, wenn es könnte; Preußen thäte 
3 nicht minder. Die deutschen Interessen führen uns aber dazu, 
iie Allianzverträge mit Preußen zu halten und mit allen Kräften! 
u erfüllen, wenn Preußen vom Auslande angegriffen wird. Da⸗ 
ei haben wir aber alle Ursache, die Augen offen ju halten undi 
insere eigenen Interessen zu wahren, sollten siee vvn Preußen be⸗ 
roht werden. 
Bethlens diplomatische Wochenschrift antwortete mit dem 
anzen Gewicht gerechter Entrüstung auf einen Artikel eines of⸗ 
ciösen österreichischen Blattes, welches unter der Ueberschrift Paxis, 2. Mai. Nächsten Donnerstag oder Freitag 
Ein menschenscheuer König“ einen schamlosen Angriff auf den erscheint eine Brochüre, worin die Exkönigin Isabella ihr Recht 
koͤnig von Bayern gemacht hatte, folgender Maßen: ', Eine ganze uuf den spanischen Thron aufrecht erhält und zugleich ankündigt, 
„chaar von Juͤtriganten und Agenten der verschiedensten Regie- daß ie geneigt ist, die Verfassung, welche die Cortes zu votiren. 
ungen umlagern den bayerischen Hof. Kein Mittel wird gescheut,‚ m Begriffe stehen, anzunehmen. Von einer Abdankung zu 
imn den König zu einer Action gegen Norddeutschland zu dewegen Bunsten ihres Sohnes oder einer Fufion mit der Partei“ Don 
ind hiedurch dem Antagonismus zwischen Norde und Süddeutsch- —8 will die Königin nichts wissen. 
ind neue Nahrung zu geben. Der König vou Bayern ist einer! Paris, 3. Mai. Heute erschien zum ersten Male das 
er aufgeklärtesten und edelsten Monarchen in Deutschland. Er teue Journal „Rapell“. Dasselbe wird von den beiden Söhnen 
düberzeugt, daß die Einigun g Deutschlaud s Viktor Hugo's, von Paul Maurice, Vacquien und Rochefort 
u T8 d kommen wird; er will sein Volkenicht' redigirt. Der Straßenverkauf ist ihm untersagt. — 
Aem erkzeng der Erfürsten gebrauchen lassen und 
ccht baherisches Blut und Geld der — einzelner 3 England 
nwopfern. Der König von Bayern sitzt in der Mitte des Wespen⸗ London, 5. Mai. Im englischen Unterhause gab der 
czes. Was kann er anders thun, als sich möglichst abschließen? Schntzkanzler Lowe auf eine Aufrage die gesammten Kriegskosten 
ts zu verwundern, wenn Angesichts der Intriguen des Exfür- des abessynischen Feldzuges auf 8.775,000 Pf. Sterl. an 
en und der Nachbarstaaten ihn ein Ekel vor diefem veerätheri⸗ li 
hen, antideutschen Treiben erfaßt? Der König verschließt 7 Italien. 
8 auch den fürstlichen agents provocateurs. Er ist ein edler 
Nann, der sein Volk in keinen Bruderkrieg hinneintreiben will 
ud den mächtigsten Intriquen stoischen Gleichmuth entgegensetzt. 
Privatnachrich ten aus Florenz entnimmt die N. Fr. Pr., 
wan dort in der That von einem bevorstehenden Besuche 
sönigs Victor Emanuel am Wiener Hofe sprach, daß abe