Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeicer —* das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, —XR Sonniagt⸗ 
Rummer) erscheint wöchentlich vi er m al: Drensta g, Donnerstag, Samstag und Sonn tag. Abonnementspreis vierteljahrig 42 Arzr. oder 
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Nr. 83. Sonnutag, den 80. Mai. 41869. 
Deutschland. J 
München, 27. Mai. Das Gesetzblait Nr. 34enthält 
das Gesetz über die Ausdehnung und Vervollständigung der baye⸗ 
rischen Staatsbahnen, dann uͤber die Erbauung von Vicinal⸗ 
Bahnen. 
Wiesbaden. Die Commissarien der Regierung hiel— 
ten am 24 d. M. eine Berathung mit. dem Verwaltungstoth 
der Taunusbahn über die proponirte Abtretung der letzteren an 
den Staattt. — 
Hannover. Die wiederholten Arbeilseinstellungen und 
überhaupt die Bewegung in Arbeiterkreisen haben eine Anzahl 
Fabrikanten hierorts und Umgegend veranlaßt, der Coalition der 
Arbeiter vereint entgegen zu tretsen. Sie haben die“ Bildung 
ines „Vereins zur Förderung deutscher Arbeit“ beschlossen und 
Iufforderungen zum Anschluß an sämmtliche Berufsgenossen im 
gollverein erlassen. Eine später abzuhaltende Versammlung von 
delegirten soll die endgiltige Organisation bewirken., Der Zwed 
dieser Vereinigung soll nicht etwa der sein, einen Druck auf die 
Arbeiter auszuüben, die Löhne zu vermindern, die Arbeitszeit zu 
verlängern, sondern vielmehr der, Mittel und Wege zu finden 
um das allein gedeihliche Zusammenwirken von Arbeit und Capi⸗ 
al unter den jür beide Factoren günstigsten Bedingungen zu erzielen 
dabei aber mit Energie allen Ägitanonen entgegen zu treten 
velche solches Zusammenwirken nur hemmen und endlich Arbeitgeber 
und Arbeiter einander feindlich gegenüber stellen müssen. 
Frankreich. 
Paris, 27 Mai. Die „France“ theilt 
Jsabella habe nach einer Berathung mit ihren 
erläri, daß sie zu Gunsten des Prinzen; von 
danken werde. 
mit: Die Königin 
früheren Ministern 
Asturien nicht ab⸗ 
—ermischtes. 
fKaiserslautern 24. Mai. Gestern waren hier die 
Vertreter der gemifchten Chor⸗ und Orchestervereine von XC 
chal, Ludwigẽhafen, Speyer, Landau, Zweibrücken und Kaisers⸗ 
lautern zur Gründung eines „Allgemeinen Pfälzischen Musikvereins, 
dersemmelt. Die Gründung des Vereins wurde beschlossen. So⸗ 
zald die Statuten redigirt sind, soll eine zu berufende Generalner⸗ 
sammlung die Wahl des Vorstandes vornehmen, der sodann die 
borbereitung für ein „Allgemeines Pfälziges Musikfest“ zu 
reffen hat. 
f Das Velociped scheint bestimmk zu sein, nicht nur im 
Posldienste, sondern auch in der Seiltänzerkunst eine neue Aera 
nerbeizuführen. Wenn amerikanischen Blättern Glauben zu schenken 
st, so hat ein Mann in Boston mit einem derartigen Fuhrwerk 
desches sich don seinen irdischen Gefährten nur insofern unterschied, 
uß seine Räder mit Rinnen versehen waren, auf einem 20 Fuß 
woch gespannten Seile umherkutschirt. 
JEin Gleich niß und zwar ein recht treffendes, erzählt 
mm Pariser Blatt, wie folgt: „Man weiß, daß auf dem Lande 
er Bꝛauch herrscht, sobald die Familienhäupter in etwas vorge⸗ 
üctem Alier stehen, unter den indern Lin⸗ vorläufige Theilung 
er Güter vorzunehmen, wobei sich die Eltern nur eine lebens 
aͤngliche Rente ausbedingen. Diesen häufig unüberlegten Abtretungen 
olgt fast in der Regel brennender Kummer, denn es ist nicht sel⸗ 
en. daß sich die Geber hinkennach in die traurige Nothwen digkeit 
ersetzt sehen, ihre Kinder vor Gericht zu stellen, um den schwachen 
Unterhalt zu erlangen, den sie sich zum Leben ausbedungen. Als—⸗ 
unn erkennt man wieder die Wahrheit des alten bäuerlichen 
drichwortes: Was Du hergibst. bift Du los. EDas nachste 
xude Beispiel, in die Form einer Parabel gekleidet, wird mehr 
is einen Greis belehren. Ein Bauer in J hatte mehrere 
cöhne und Toͤchter, ohne die Schwiegersöhne zu zahlen. 
Seine — Kinder riethen ihm, er solle in Anbetracht seines Aitere? 
ie Arbeit aufgeben und bei einem von ihnen leben, sobald sie 
eine Güter getheilt hätten. ,Meine lieben Kinder,“ erwiderte 
darauf der Alte, „ich will mir euren Vorschlag überlegen.“ Eines 
Tages nun versammelte er seine Kinder um vie Stelle, wo sie 
hr mütterliches Erbe erhalten hatten, und redete, dann eiwg fol⸗ 
gendes zu ihnen: „Vor einiger Zeit fand ich ein Spatzennest mit 
Fungen, bei dessen Anblick mir ein Einfall kam. Ih nahm die 
Jungen heraus, sperrte sie in einen Kafig, den ich mat weit von 
»em Nest vor ein Fenster stellte. Die Jungen schrieen jämmerlich. 
Das dauerte indeß nicht lange, denn die Alten kamen herbeige⸗ 
logen und brachten den Kleinen Futter, das dieselben gierig ver⸗ 
ehrten. Das ging nun so fort. Die Alten versorgten die kieinen 
Schreier fortwäͤhrend mit Rahrung, so daß diese im Kafig präch⸗ 
tig gediehen. Als fie flügge geworden, fing ich eines Tages die 
Alten und sperrte sie ein, während ich die Jungen frei ließ, Sie 
logen davon und — haben sich seildem um ihre Eltern nicht be⸗ 
ümmert. — Meine Kinder, ich behalte mein Gu!“ 
7 Nicht weniger als 14 Schiffe auf dem Wege von Amerika 
nach Eugland werden vermißt, und in den meisten Fällen hat 
nan bereits jedwede Hoffnung aufgegeben. 3 
Ein Tabakreiber in einer Taͤbakfabrik zu Odessa erhielt 
don London die Nachricht, daß ihm ein dort verstorbener Onkel 
die Kleinigkeit von ⸗U1 Mill. Pfd. St. hinterlassen habe 
FEintriftiger GEinwand. Als ein Prediger vor 
urzem bei einer Trauung in Delaware Jeden, der Einwendungen 
uu machen habe, aufforderte sich zu melden, rief eine unterdrückte 
Stimme; „Ich!“ Aler Augen richteten sich dorthin, von wo 
der Schall kam und erblickten ein Jidividuum, das in Taschen⸗ 
uch bor die Augen hielt und schlud te. — „Welche Einwendung 
baben Sie zu machen, mein Freund?“ fragte der Geistliche. — 
Ich selbst möchte sie hirathen,“ stieß der unglückliche Liebende 
herbor, ‚aber sie will mich micht, 
„ Nach dem neuesten Zensus betrug die Bevölkerung der 
Vereinigten Staaten Ende 1838 33,291,081 Weiße und 
1,639,842 Neger, Summa 37,930,923 und mit den Territorien 
und District Columbia 38,422,995. — 
r Einneues Heilmittels Trodene Erde wird seit 
nehreren Jahren zur Construction von Closeis und dergleichen 
»iel angewandt; aber ganz neu ist ihr Gebrauch zur Heiluñg von 
Wunden. Die „Medical Times und Gazette“ berichtet darüber, 
daß man im Pennshlvania-Hotel in Philadelphia trockene gesiebte 
Erde mit wanderbarem Erfolg bei übelriechenden Wunden benutzt 
hat. Ein mehrfacher Bruch widerstand allen Mitteln der Ventila⸗ 
ion und Desinfektion; kaum aber hatte man ihn mit trockener 
Erde bedeckt, als der Geruch verschwand und die Wunde sich zu— 
Jleich bedeutend besserte. Seidem hat Dr. Hewson bei allen mit 
Fiterung verbundenen Krankheiten, bei Geschouren. Queischungen, 
Schorf, Krebs, Schuß— und Brandwunden irockene Erde angewandt 
ind über alle Erwartungen reüssirt. Er ist jetzt im Begriff, 
asselbe Mittel bei den Blattern zu versuchen. 
Volkswirthschaft, Handel und Verkehr. 
(GRuswanderern) ist günstigste Gelegenheit gegeben zum 
Anschlussean ein gutes und empfehlenswerthes Geleite. Herr 
Tarl Lautenschläger, Vertrauensmann des Vereins zum Schutze 
deutscher Auswanderer zu Berliu und officieller Bebollmächtigrer 
des Staates Westoirginien für Einwauderung, der sich schon 
seit Jahren mit der Auswanderungsfrage „beschaftigte, tritt am 
)J. Juni von Mannheim aus jeine Reise haup tsächtlich zu dem 
Zwecke an, um neue Erfahrungen über die Auswanderungusbethäli— 
nisse zu sammeln, dieselben dem oben citirten Vereine zu unter— 
hreiten und dann ein den nweuesten Verhaltnissen entsprecheudes 
—VV herauszugeben. Herr Lautenschläger 
wird denjeuigen Auswanderern, welche sich ihm anschließen wollen 
und ihre Anmeldungen zum Unschluß rechtzeitig an den General⸗ 
igenten Courad Herold in Mannheim gelungen lassen, jeine Für⸗ 
orge auf der Reise und bei der Aukunft in den Vereinigten 
Ztqaten aufs uneigennützigste zukommen lassen.