Full text: St. Ingberter Anzeiger

Gedankens deutscher Einheit und Freiheitist uns lebendige Kunde 
von der Zusammenhörigkeit aller Deutschen, und davon gibt, wit 
sehr die unnatürliche Zerrissenheit unseres großen Volkes dem Na⸗ 
tionalgefühle widerstreitet. Die Pfalz ist in der Pflege des Schü⸗ 
zenwesens hinter den übrigen deutschen Gauvereinen nicht zurück— 
geblieben, und darf es nicht. Das erste pfälzische Bundesschießen 
in Zweibrücken gibt Zeugniß hievon. Dasselbe war ein ech— 
deutsches, dabei aber auch ein wahres Familienfest der Pfalz — 
es lebt in bester Erinnerung und einen gleichen Charakter sol 
unser zweites Bundesschießen in der Stadt Kaiserslautern erhalten, 
es soll ein wahres deutsches, dabei aber auch ein Verbrüder 
ungs⸗ und Volksfest für die sämmtlichen Pfälzer 
werden. Die Tage vom 8. August bis 12. sind zur Begehimg 
des Festes bestimmt. Was gab unseren deutschen großen Schü— 
tzenfesten die patriotische Weihe? Die zahlreichen und glänzenden 
Ehrengaben, welche von allen Männern deutscher Zunge, nicht allein 
aus dem Vaterlande felbst, sondern aus der ganzen Erdenrunde 
dargebracht wurden. Pfälzer! Ahmt diese glänzenden Beispiele 
in unseren engeren Kreisen nach, verherrlicht Euer und unser 
Fest durch reichliche Spendung von Ehrengaben; wer nicht mi 
der Büchse erscheinen kaun, der bethätige seine Unterstützung des 
Festes durch Gaben. Laßt dieselbe Anerkemung, die ihr den 
Schützenfeste in Zweibrücken in allen Geschäftskreisen zugewende; 
babt, auch unserem Fefte in Kaiserslautren zu Theil werden. Vor 
allem richten wir diese Bitte an unsere Städte, Bereine Industrie⸗ 
Firmen und alle Männer, welche ein warmes Herz haben für die 
Ehre, den Stolz, die Zusammengehörigkeit unserer Pfalz. Der 
Vorstand des Pfälzischen Schützenbundes und der geschäftssührende 
Ausschuß.“ 
Bis jetzt find folgende Ehrengaben angemeldet: Nr. 1-210 
pom pfälzischen Schützenbund 10 Gaben, Werth 350 fl. Nr. 11 
von der Stadt Kaiserslautern. Werth 1560 fl. Nr. 12 -15 von 
der Schützengesellschaft Zweibrücken 4 Gaben, Werth 160 fl. 
Rr. 16—17 von der Schützengesellschaft Neusiadt 2 Gaben 
Werih 100 fil. Nr. 18 von der Schützengesellschaft Mannheim 
Werth 50 fl.— 
Frankenthal, 4. Juni. In Oggersheim findet am 
Sonntag den 20. Juni nächsthin ein Gausängerfest statt, unter 
Mitwirkung der Gesangvereine von Eppstein, Flomersheim, Fran⸗ 
lenthal (Liederkranz), Friesenheim (Singverein), Ludwigshafen 
Frosinn), Mutterstadt, Rheingönnhheim, Roxheim, und Oggers— 
heim (Frohsinn und Singverein), sowie des ausgezeichneten 
Theater⸗Orchesters von Heidelberg. Das Concert beginnt Nach— 
mittogs um 4 Uhr. 
Von dem verstorbenen König Ludwig J. von Bayern 
wird eine noch wenig bekannte Anecdote mitgetheilt. Einige Tage 
nachdem König Max II. 1853 den Marimiliansorden für Kunsi 
und Wissenschaft gestiftet, begegnet der alte Herr einem gewissen 
starl Fernau, der einige Poesien veröffentlicht hatte und Peidat⸗ 
secretär des Königs gewesen war. „Ah, gratulire,“ redete er 
ihn an, „gratulire! Mein Sohn hat Ihnen den neuen Orden 
berliehen. Aber ich habe ihn vicht bekommen, und doch sind 
Ihre Gedichte um kein Haar besser als die meinigen — lauter 
Babel!“ Sprachs und ließ den verduzten Kunstordensritter, wel⸗ 
cher unter anderm Namene in hohes Staatsamt bekleidet, erbarm 
ungslos stehen. 
F Die „N. N.“ schreiben: Seit etwa 8 Tagen gehen dunkle 
Berüchte um über einen in München unerhörten Scandal, eine 
Säbelaffaire, deren widerliche Details nach sorgfältigen Erkundig⸗ 
ungen folgende sind: An einem der letzten Maiabende geriethen 
u später Stunde in einer bekannten Restauration Ossiciere, unter 
welchen ein württembergischer, mit dem Wirthe über den Preis 
des genossenen Punsches in Meinungsverschiedenheit, welcher der 
Württemberger seinerseits mit dem Zurufe an den aufklärenden 
Restaurateur Ausdruck gab: „Halten Sie Ihr dummes Maul 
setzen Sie sich.“ Als hierauf ein anderer Gast des Hauses, ein 
hiesiger Bürger und Kaufmann, sich zu der Aeußerung veranlaß; 
sah, daß der Wirth doch in seinen Hause noch etwas zu sagen 
berechtigt sein werde, herrschte ihm ein Officier der hiesigen Gar 
nison zu: „Halten Sie Ihr dummes Maul mit Ihrem dummer 
Besicht“, zog, angefeneuert durch den Zuruf des Württembergers 
„Bei uns haut man solch' freche Canaillen zusammen“, den Säbel, 
führte damit auf den Kaufmann einen glücklicher Weise parirten 
Hieb und brachte einem andern Civilisten, welcher sich dazwischen 
warf, einen — Biß! in die Wange bei! Das Erscheinen der 
Gendarmerie beendigte die Scene. — Wie die „N. N.“ hören 
ist bei einschlägigem bayer. Militärcommando Untersuchung über 
diesen in München unerhörten Scandal anhängig. 
FWürzburg, 8. Juni. Gesiern ereignete sich auf dem 
Bahnhof zu Schweinfurt ein Doppelmord. Ein Kofferträger, an⸗ 
geblich durch ihm zugefügte Chicanen von Seite des Erxpeditors 
Mondle aufgebracht. ermordete diesen durch mehrere Messerstiche 
und entleibte nach der That sich selbst durch einen Pistolenschuß 
Beide Unglücklichen hinterlassen zahlreiche Familie. 
7 Die beiden türkischen Kanonenboote lagen- am' 75 d. in 
Würzburg. Ihr Tiefgang beträgt nur 60 Centimeter. Da— 
Geschütz im Vordertheil ist kurz gezogen, mit ftarkem Prall un 
jat ein Kaliber für eine sechspfündige Kugel. Das Schiff ist mit 
dünnen Eisenplatten gegen Infanteriefeuer gepanzert und hat auf 
den Boden eiserne Stangen und zwischen sich Eiseuplatten mit lang 
gezogenen Scharten für Infanteriegewehre aufzunehmen. 
Darmstadet. Das großherzogliche Ministerium hat mit- 
telst Ausschreibens die Aufmerksamleit der Kreisämter auf die 
bermehrtr Thätigkeit gelenkt, welche von nordamerikanischen Ein— 
vanderungsagenten, namentlich der früheren Sclavenstaaten, ens 
vickelt werde, um deutsche· Auswanderer durch das Versprechen 
unentgeldlicher Ueberlassing von Ländereien, kostenfreier Ueberfahct 
und dergleichen in Masse dorthin zu führen. Insbesondere sei em 
jewisser Schütze beauftragt, als Agent der Texas-Liverpoolet 
Dampfschifffahrtscompagnie in Deutschland 50,000 Ansiedler fur 
Texas anzuwerben, gegen dessen Unternehmungen aber selbst von 
angesehenen Texanern Protest erhoben worden sei. Das Mini— 
tterium schildert weiter das traurige Schicksal, welches diejenigen 
Auswanderer treffe, die den Versprechungen solcher Agenten Glau— 
ben schenken, weist die Verwaltungsbehörden an, diesen Thatjsachen 
in ihren Bezirken möglichte Verbreitung zu geben und Anzeige zu 
machen, wenn sich Agenten in der geschilderten Art innerhalb eines 
—A — — 
fF Trier, 4. Juni. Die „Tr. Zilg.“ schreibt: „Ueber 
eine vermeintliche Mordthat, welche in drr Racht auf gestern in 
einer hiesigen Handwerker-Herberge vorgekommen sein soll, erfahren 
wir bis jetzt, daß gestern Morgen die Leiche einer umherreisenden 
Tonkünstlerin, die sich Theatersängerin nannte, zuletzt aber in 
Wirklichteit Harfenistin ihres Zeichens war, im Bette gejunden. 
Fin jsraelitischer Handelsmann aus Russisch⸗-Polen, der in demselben 
Hause logirte, wurde wegen Verdachtes, die erwähnte Person 
ermordet zu haben, verhaftet. Der Verhaftete, der allerdings in 
einem näheren Verhältnisse mit der Verstorbenen stand, will aber 
vou der ihm zur Last gelegten That nichts wissen. Er war bei 
seiner Verhaftung hinreichend mit Reisegeld versehen, indem er 
über 1000 Piaster à Sgr. 91 Pf. besaß. Die Dame ist 
aus Brüssel und ebenfalls israelitischer Confession. Die Leiche 
wurde zur Obduction ins Landarmenhaus gebracht ··... 
Säcktingen, 5. Juni. Sieben Arbeiter der Holzhand 
lund Lüttin in Murg waren in dem sogen. Forste auf Schweizer 
Seite mit Zurichtung von Holz beschäfligt und fuhren zur Ein⸗ 
nahme des Frühstücks über den Rhein herüber in das am badi⸗ 
schen Ufer stehende Wirthshaus. Auf ihrem Rückweg jedoch trieb 
der kleine Nachen etwas stromabwäris und gerieth in einen ge⸗ 
jährlichen Wirbel, so daß er im Nu von den Wogen erfaßt und 
umgeworfen wurde. Ein Schiffer, der vom Ufer aus die Noth 
ind die Verzweiflung der dem Ertrinken nahen Menschen wahr— 
nahen, fuhr deuselben rasch nach, und es gelang ihm, deren vier 
in seinen Nachen aufzunehmen, während die drei andern, woruntet 
der 22jährige Neffe und Geschäftsführer des Hauses Luttin, elend 
in den Wellen ihren Tod fanden, ohne daß bis jetzt deren Leichen 
aufgefunden werden konnten. 
F Der bekannte Tenorist Wachtel soll an der Homburger 
Spielbank 60,000 fl. verloren und sich dies so zu Herzen genom⸗ 
men haben, daß er einen — vereitelten — Selostmordbversuch 
machte. 
F Jun Tecklenburg WWestph.) soll nach Beschluß einer 
Anzahl dortiger Bürger dem 1588 dort verstorbenen und begra— 
benen Leibarzt des Herzogs von Cleve, Dr. Joh. Weier, als dem 
muhtigen Vorkämpfer gegen Hexenprozesse, ein Denkmal gesetzt worden. 
F.Der käürzlich in Berlin verstorbene Prof. Hengstenberg 
hat testamentarisch dem evangel. Verein 20, 000 Thaler vermacht. 
fF In Herrnhut tragt jetzt eine allgemeine Synode der 
Hherrenhuter Gemeinden zur Reform ihrer bisherigen Verwaltung, 
wozu sich nicht nur Herrnhuter Deputirte aus ganz Europa, son⸗ 
dern auch aus deren Missionssiaaten in Amerika. Afrika und 
Australien eingefunden haben. 
7 Koöonigsberg. Eine seltene Mißgeburt ist dieser Tage 
hier zur Welt gekommen. Geworfen ist sie von einer Kuh des 
Fleischermeisters Resich el, Leineweberstraße 28a. Die Todtgeburt 
Jat eine haarlose, menschenartige, weiße Haut, einen Kopf mit 
dinnbildung, und Bartwuchs, einem Loche an Stelle der Nase, 
einem Cyclopenauge auf der Stirne und einem Horne auf dem 
Scheitel. 
F In Görlitz findet am 16. und 17. Juli die deutsche 
Turnlehrerversammlung statt. 
Im Bahnhof zu Chemnitz hat am 7. d. ein Zusammen ⸗ 
stoß zweier Personenzüge siattgefunden. wodurch ein Breinjer und 
5 Vassagiere verlekt wurden