Full text: St. Ingberter Anzeiger

tZerrzißung, im Augenblide der doppelten Belastung herbeigeführt 
ben. . S .. 333 
haben. Die „Drebdener Zeitung“ schreibt: Am 8. Juni 
hielt ein Schaffner der Leipzig- Dresdener Eisenbahn einen Herrn 
n. der einen Knaben in ein Coupe des abechenden Zuges setzen 
wollte, ohne daß derselbe wit einem Fohrbillet versehen war. Der 
hert erklaͤrte, daß ber Knabe ihm nicht gehöre, daß er sich des 
selben vielmehr in einem Coupe der böhm. Bahn. angenommen 
habe, und daß der Knabe, wie ein Zettel befage, den er angeheftet 
srage, nach Berlin spedirt werden solle. Nunmehr wurde dej 
zunjährige Knabe genauer untersucht und man fand, daß derselbe 
ini Futter seines Kuttchens einen Zettel angenäht trug, mit den 
Worlen: zWilhelm Brauer, Transhort von Wien üach Berlin 
cbzugeben hei Wittwe Matthay, Kochstraße Nr. 56, Hof 8 Trep 
pen.“ Der Knabe kam ppirklich ohne Begleifung von Wien und 
vurde nunmehr der Polizei überliefert. Diese telegraphirte nach 
Wien und Berlin und erhielt auch bald von Berlin eine Rüd- 
antwort, mit dem Namen, Marie Spelserini nuuterzeichnet, daf 
der Knabe an Akrobat W. Brauer, Wien, Dieirichsteingasse Nr. 8, 
zurückgeschit werden sollee.... 
Wien, 14. Juni. (Gusttave Chorinsty)t Das 
Bezirlsgericht der inneren Stadt zeigt im gestrigen Amtsblatte der 
Wiener Zeitung an, daß Gustab Graf Chorinsky wegen ge 
nichtlich eIhobenen Wahnsinns“ unter Curatel gesetzt und dessen 
Vater, der Geheime Rath Gustav Graf Chorinsky, zum Cuxator 
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O dessa zs8.Juniei Ein surchtbarer Sturm haf am 
pergangenen Samstagt die Stadt Odessa verwüstet. Viele 
Häuser· sindeingestürzt die Canãle rzerstört; zehn « Personen sind 
ertrunken. — ———— — 
F Ueber einen enisetzlichen Unglücksfall, der sich in der Woll- 
waarenfabrik von Eduard Heintschek und Comp. in Heinersdorj 
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„Am 1. Juni bor6. Uhr Morgens bestiegen sieben Webermädchen 
undi Gursche die obere Kesselfläche, um sich daselbst noch vor Ve⸗ 
ginn des Arbeitszeichens zu wärmen. Kaum hatten sie nächst dem 
hutraume Platz genommen, hoͤrten sie ein Dampfgetöse, das ihnen 
wie die Dampfströmung zur Maschine vorkam. In dem Momente 
oernahmen sie ein zweites ,Geräusch, und gleichzeitig den Ruf! dee 
Feuermannes, welcher sie zur schnellen Entfernung aufforderte 
Der über 12,000 Pfund schwere, mit nur 35 Pferde-Dampfkraft 
gespannte Kessel war im Lager an der rückwärtigen Stirnwand 
gebotften. Schnell spraugetz die Müdchen über die Stiege, doc 
zu⸗ pät, sie mußten die Seite nächst dem. Dampfthurme: nehmen 
wo aus dem ausgedrückten Pustzloche der glühende Dampfaus 
troͤmte. Dazu verengten die Flüchtenden die Bahn und mußten 
ämmtlich, zaußer dem. Jetzter Maädchen und dem Burschen, 
velche die“ Geistesgegenwari haͤtten, von der Kesselwand einen 
riefen. Sprung zu machen, wodurch diese Beiden sich ret 
elen, in diesem schauderhaften Raume bleiben. An Rettung 
var nicht zu denken, der heiße Dampf ließ Niemanden in das 
desselhaus, und nunr ber Feuermann riß das Feuek aug und drang 
authig zu der gefährlichen Stelle. In diesem Augenblick stürzten 
chon drei von den unglücklichen Mädchen heraus, jedoch kaum im 
Freien, fielen sie zu Voden. Dem Feuermann“ gelaug es auch 
»ann. die übrigen mit Hilfe zweier Arbeiter aus ihrer furchtbaren 
dage zu befreien. Aber in welchem Zustande? Die Haut löste 
ich in Fetzen von den? unglücktichen Madchen, welche, furchtbare 
Schmerzen leidend, bald die Besinnung verloren. Rach drei 
Stunden waren zwei ihren Leiden, erlegen. Tags darauf starben 
weiters drei Mädchen.“ Das sechste lebt noch, dürfte jedoch binnen 
Zurzem auch von seinen gräßlichen Leiden durch den Tod erlöst 
verder. Am 4. Juni faud das Leichenbrgängniß der Verstorbenen 
in sehr feierlicher Weise statt: über 4000 Menschen begleitelen 
hiese Unglücklichen zur leßten Ruhestätte. 
F.Burg Epreewald). Am 28. v. M. crepitle hier infolge 
»es Milzbrandes bei einem Miether eine Kuh. Es that den Leuten 
jeid, die Haut dieses Kindes auch noch der Multer Erde übergeben 
u müssen, und der Hausschlächter M. erklärte sich bereit, dieselbe 
ahzuziehen. Diese Haut, höchstens im Werthe von ein paar Tha⸗ 
nern, sollte aber zwei Menschenleben kosten. Der Hausschlächter 
M. hatte die Gewohnheit, das Schlächtermesser mitunler bei seinem 
Beschäfte mit den Zuhnen festzuhalien, und dies hat er leider bei 
porliegender Ablederung auch gethan. Aber was war die Folge? 
Denige Stunde nach vollenderter Arbeit schwoll ihm das Gesicht 
n erschreckender Weise an, wurde schwarz und ehe 24 Stunden 
xtgingen war er eine Leiche; doch damit noch nicht genug. Der 
Toblshner L. hatte ihm bei diesem Geschäft Hülfe geleistet und 
irgendwie dabei am Unterarm geritzt, er mußte am folgenden 
ege, nach fürchterlicher Anschwellung diefes Armes und gänzlichem 
Schwarzwerden desselben ebeufalls seinen Geist anfgeben, 
‚a In Frankreich sind bei den Wahlen manche ergöhliche Ge— 
chichten passirt So dersorach ein Regierunghe Canden vart, 
cheinlich durch das Beispiel eines andern verführt, der Hosen an 
die Nationalgarde seines Dorfes vertheilt hatte. den Pompiert 
eines Wahlbezirkes Flanelljacken, mit dem ausdrüdlichen Bemerken 
ür seine Wähler: die Jacke wird nur bedingungsweise abgegeben; 
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Kegierung flimmen, nehme ich meine Jacke zurück, Die Pompiers 
xwiderten nichts und nahmen die Jacken“ an. Der Tag der 
Abstimmung rückte heran. Der Candidat war in seiner Wohnung 
und wartete der Dinge ab. Plotzlich X sich die Thür, ein 
Diener trat ein. „Schon ein Resültat ?“ Pardon, man hat 
dies Packet für Sie abgegeben.“ Der Wahlcandidat offnet es 
und findet darin eine Flanelljacke. Gut dachte er, sie kommt von 
einem Pompier, der im letzten Momemt zur Oppofition überge⸗ 
zangen ist, denn die Jacke ist schon getragen. Eine halbe Stunde 
zerstreicht: man schellt wieder. Der Dienet erscheint und bringt 
abermals ein Packet, in dem gleichfalls eine getragene Flanelljade 
st. Bah, denit der Empfänger, er ist ein Freund des Andern. 
WBieder vergeht eine halbe Stunde; die Thür öffnet sich, der 
Diener bringi ein drittes Padet mit dem nämlichen Inhalte. Der 
Tandidat wird jetzt schon ünruhig. Nach einiger Zeit langt ein 
dierles, dann ein fünftes, sechsles, siebenes und achtes Padet an. 
Als der Tag vorüber war, hatte er zweiundvierzig Flanelljacken 
in Empfang genommen. Am nächsten Morgen wird er durch die 
lebergabe einer Flanelljacke gewedi er empfaängt auch diesen 
zanzen Tag bis zu einbrechender Dunlelheil nichss als, Flanell- 
acken;: und am nüchstfolgenden Tad undert ifich“ noch' nicht “die 
Suchtage. Der Regen von Flanelljacken will kein Ende nehmen. 
Er hat nämltch nicht weniger Ils sechshunderk und fünfzig npusge⸗ 
chidt. Alle bis auf zwei Dußend erhielt er wieder, ug der 
Rest folgt vielleicht auch noch. e. 
FC(Zünden Pariser Unruhen.) Die Polizeistatistit 
hlägt den dem Handel und der Industrie von Paris durch die 
Unruhen zugefüsten Schaden auf anderthalb Millionen“Franken 
zer Tag an. Zahlreiche Bestellungen aus den Departements und 
dem Ausland wurden sofort abbestelltt. 
f In Zuürich hat diefer Tage ein dreijähriges — sage 
dreijährigs — Mädchen ein Clavier-Concert gegeben, ein lustiges 
frisches Ding, welches, wenn die Zuhörer klatschten, die kleinen 
händchen jubelnd mit zusammenschlug, und mitten im Spiele — 
vahrscheinlich, weil ihm das als Prämie versprochen worden war — 
ragte; „Ja, wann kommt denn jetzt das Christlindlein? ?: 
In London wurde unlängst Leichenschan über einen 
derstotbenen Eisenbahnbeamten gehalten, der nach ärztlicher Aus⸗ 
jage durch eigenes Verschulden den Hungertod gestorben ist. Wäh— 
rend der letzten zwei Monate hatte er ein Buch über menschliche 
Diät“ studirt und den im selbigen enthaltenen Verhaltungsmaß 
regeln gemäß fäglich nur einen kleinen Teller voll Haferschleim 
uls Nahrung zu sich genommen. Folge war, daß der sonst robuste 
Mann zum Scelett hera bmagerte und eines Tages todt im Bett 
jefunden wurde. 
, London, 13. Juni. Eine gestern in der Spitzenklöppel⸗ 
abrik bon Herrn Town und Son zu Binpleh bei Bradford statt⸗ 
zehabte Dampffessel-Explosion war don schrecklichen Folgen begleitet. 
Der Kessel wurde von seinem Platze mit ungeheuerer Gewalt in 
die Luft geschnellt und fiel 40 Ellen davon als formlose Masse 
zu Boden. Die Werlstatt, in der er stand, sowie zwei angreu— 
—A— 
inter deren Trümmern die in den Räumen befindlichen Arbeiter, 
Insassen der benachbarten Landhäuser und viele Kinder, die in 
)er Nähe der Unglücksstätte spielten, begraben wurden, während 
zroße Steine und Trümmerstücke nach allen Richtungen der Stadt 
sinflogen und zahllose Verletzungen und Beschädigungen verursachten. 
Jin Ganzen sind bis jetzt H Leichen aus dem Schutte hervorgezogen 
vorden, darunter die eines Sohnes des Fabrikherrn und mehrere 
dinder wohlhabender Fabrikanten des Ortes. Die Gesammizahl 
»er Getödteten schätzt man auf nicht weniger als 20, während die 
Anzahl der Schwerberwundeten noch viel größer ist, von denen 
die Gattin und ein zweiter Sohn des Fabrikbesitzers kaum den 
Tag überleben dürften. 
7 Die furchthare Explosion in dem Kohlenbergwerke Ferndale 
ʒei Merthyr Tydoil entstand durch die Unvorsichtigkeit eines Ar⸗ 
eiters, der seine Sicherheitslampe öffnete, um an dem Lichte der⸗ 
elben seine Pfeife anzuzünden; die Zahl der Opfer beträgt 53; 
23 derselben waren verheirathei. 
FNew⸗York, 40. Juni. Der Eisenbahnzug, auf welchem 
ich der Prästdent befand, kam mit einem Viehzuge bei Baltimore 
n Collision und eutgleiste; ein Reisender wurde getödtet und 20 
derwundet. * —7 
Volks wirthschaft, Haudel und Verkehr. 
München, 16. Juni. Da nach neuerlichen Wahrneh⸗ 
nungen drr Import der öͤsterreichischen Sechskreuzerstücke mit den