Ht. Ingberler AAnzeiger.
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Rr. 104. ν, Dienstag, den 6. Juli. : 1869.
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Die neue pfälzische Gemeindeorduung.
Dieselbe trat mit dem J. Juli ins Leben, und es vollzieht
ich damit vielleicht die bedeutendste sozial-politische Umgestaltung—
welche unsere Provinz seit länger als einem halben Jahrhunderte
afahren hat. Wir fassen die Haupipunkte derselben hier in Kürze
zusannmen; es sind folgende 28 3
1) Die Gemeindeordnung findet sich in einem Gesetze ver⸗
einigt.“ Es ist dies nicht blos ein formaler-Vortheil durch den
einein Jeden erleichtert wird, sich mit seinen Rechten und Pflichten
in Gemeindeverbande beiannt zu machen, sondern es ist damit die
zefährliche Möglichkeit hixzweggeräumt, daß aus der Rüsttammer
Ar Dekrete jener altnapoleonischen: Gewaltherrschaft unerwartet
aine, vielleicht sogar aus dem Zunsammenhange gerissene Bestimmung
erborgezogen werde, um die Rechte der Bürger zu vernichten.
2) Die Autonomie (Selbstständigkeit) der Gemeinden ist her⸗
zestellt in denjenigen Angelegenheiten, welche wirklich die Kommune
zetreffen, sofern nicht — höchst ausnahmsweise —spezielle Rück
ichten auf das Gesammtwohl eine Beschränkung nöthig machen.
3) Es ist das freie Wahlrecht aller Bürger hergestellt, unter
Beseitigung des bisherigen Zensus in größeren Orten. Das ,Plu⸗
biosiren“ findet sich unmöglich gemacht. 5 2
4) Herstellung geheimer“ Abstimmung bei- der Gemeinde
cathswahl. e⸗ *
5) Abkürzung der Wahlperiode von 10 auf fünf Jahre, resp
Frseßen der Partialwahlen durch Integralerneuerung.
6) Freie Wahl der Bürgermeister aind Adjunkten durch den
Hemeinderath. (Die Regierung hat nicht mehr das Ernennungs⸗
recht, doch hat sis sich das der Bestätigung vorbehalten.)
7) Der Schwerpunkt der ganzen Gemeindeverwaltung ist von
)em Bureau des Amtmanns und der Kreisregierung in den frei⸗
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dollziehungsorgan dieser Körperschaft; er wird weit mabhängiger!
on oben, kann dagegen nur bestehen, wenn er im Einklang mit
dem Gemeindeérath handelt. 3
8) Einführung des wenn auch auf wenige Fälle beschränkten,
prinzipiell hochwichtigen Instituts der Gemeindeversammlung, (wo⸗
hei alle Bürger abzustimmen haben).
*219) Stelung der Stiftungse unter die Gemeindeverwalkung,
idfern nicht die Stiftungsurbunde selbst andere Bestimmungen gea
roffen hat. u e 4 —A — — J
10). Umänderung beziehungsweise Abschaffung des bisherigen
Insütuls der von der Regierung ernannten Polizeicommissäre,
velche (ganz oder theilweise) von den Gemeinden besoldet werden
nußten, im Wesentlichen aber für Regierungszwecke verwendet
vurden. ιν ..
11) Aufhebungen der Bestimmungen über die Nothwendigkeii
,ines Streitkonsenses öder einer Proceßermäßigung bei Rechts— 83 4
jreiligleiten der Gemeinde unde der. von diesen verwalteten Viel Feuerwehren wenig Braudsteuern.
Ztiftungen. J IJ Die in den letzten Jahren immer höher und höher steigen—
19) Umlagepflichtigkeit des Staates für Gemeindezwecke. den Beiträge zur Brandversicherungsanstalt haben viele unterfrän⸗
Es laͤßt sich wohl nicht bestreiten, daß die Umgestaktung, kischen Gemeinden veranlaßt, sich mit Petitionen an die letzte
delche das pfälzische Gemeindewesen erfährt, eine sehr große ist. Abgeordnetenkammer zu wenden, um eine Minderung dieser schwer
os mag unbedenklich eingeräumt werden, daß der Uebergang von uuf dem Geldbeutel der Hausbesitzer lastenden Abgabe herbeizu—
der vollen Abhängigkeit zu diesem Grade der Selbstbestimmung ühren., Die Kammer hat daraufhin an Se. Maj. die Bitte
nicht ohne einzelne Wißgriffe sich wird, vllziehen lassen.“ Allein estellt, einmal eine Revision des Brandversicherungsgesetzes vor—⸗
das schwerlich ganz zu ersparende Lehrgeld wird nicht verloren sein. enehu zu lassen, dann aber anzuordnen, daß die Bauvorschriften
Man darf mit Vertrauen erwarten⸗ daß die Grmeinden sich sehr treng gehandhabt- ferner zur Verhinderung größerer Ausdehnung
vald in die ihnen nun gesichette Autotomie finden, daß sie sehr des Feuers beiesschon ausgebrochenen Bränden überall, wo es
zald am besten erkennen werden, was ihnen vortheilhaft, was nicht schon geschehen, verlässige Feuerlöschordnungen erlassen und
achtheilig ist. 5*5, aingeübt, und daß insbesondere auch das Entstehen' freiilliger
So ersteht denn die erstel wahrhaft, freisinnige Gemeinde- Fenerwehren, und deren möglichste Weiterverbreitung durch alle zu
rdgung altf dem linken Rheinufer.Es ist das erfle. Werk dieser Bebote stehenden Mittel gefördert werde. Der Referent der Abge—
Art, in welchem eine Verdindung und Verschmelzung der Vorzüge ordnetenkammer ist von der vollständig richtigen Ansicht ausgegan⸗
des deutschen Communalschulwesens mitdenen der französischen geli, daß je mehr Feuerwehren im Lande Ihda werden, desto
Begriffe über das Staatsbürgerrecht und mit der practischen Zweck- weniger für Brandsteuern in Zukunft von den Staatsbürgern
maßigleit der französischen Organifation versucht wird. Wir geben aufzubringen sein wird. Man kann daher nur lebhaft wünjchen,
uns der Foffnung hin. daß hier ein Werk geschaffen sei, welches daß wenn auch das Brandversicherungsgesetz nicht sofort ohne die
— ungeachtet einzelner Mängel — war es einmal genügende
Zeit in Uebung⸗ sowohl im übrigen Deutschland (links wie
echts des Rheines), als auch in Fraukreich Anerkennung finden
ind in mauchen Punkten zur Nachahmung Veranlassung
jeben wird. J F —DDVVVV——
tama Deutschland.
Wie die DOwl“ erfährt, ist das Erscheinen der „Lanierne“
in Brüssel verboten worden; dem Herausgeber, Herrn Rochefort ist
»edeutet worden, entweder die Publication seines Blattes einzu—
tellen oder Brüssel zu verlassen.