Slt. Ingberler AAnzeiger.
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Nr 154. — Dienstag, den 26. Janurrr 13869.
Deutschland.
München, 23. Jan. Die Staatsregierung hat zur Be—
seitigung der mit dem betr. Ausschuß der Abgeordnetenkammer be—⸗
dehenden Differenzen den Gesetzentwurf über Errichtung eines
Berwaltungsgerichtshofes zurückgezogen und erklärt, einen anderen
Ertwurf einbringen zu wollen, worin die erste Instanz als Ver—
waltungsgericht mit bürgerlichen Beisitzern, die zweite Instanz als
Verwaltungsgerichtshof constituirt werden soll. *.
Berlhin, 21. Jun. Im Abgeordneienhaus erschien heute
zum erstenmal seit seiner Genesung Graf Eulenburg, und auch
der Kriegsminister, der bekanntlich im ganzen preußischen Etal
eine Stelle mehr hat, war in voller Uniform erschienen, um dem
daus einen unbedeutenden Entwurf bezüglich der Triangulation
vorzulegen. Das Haus erledigte eine Reihe vonEntwürfen, dar—⸗
unter den über Fortdauer des im vorigen Jahre eröffneten
b⸗Millionencredits und den Wölfel'schen Entwurf zur Aufhebung
des bekannten landrechtlichen Eheverbots wegen Standesungleich—
heit, der seit 1858 schon dreimal am Widerstand des Herren⸗
hauses gescheitert ist. Heuer wird dieser zwecklos sein, da in den
neuerworbenen Provinzen das Verbot nicht gilt, jeder Land⸗
rechtspreuße also nur dahin zu gehen braucht, um sich demselben
ju entziehen. So steht denn zu hoffen, daß — spät genug —
wieder ein altpreußischer Zopf abgeschnitten wird. Die Discussion
zing nicht über die juristischen Momente hinaus.
Die Beschlagnahmecommission hat durch den Abg. Lent Be—
richt erstattet. Der mit 12 gegen 2 Stimmen gefaßte Antrag
zeht auf Annahme des Entwurfes über die Beschlaguahme des
Vermögens des Excurfürsten mit dem von der Regierung accep—
tirten Zusatz, daß die Wiederaufhebung der Beschlagnahme
dritten gutgläubigen Erwerbern und Cessionaren gegenüber durch
königl. Verordnung, in allen übrigen Fällen nuur durch Gesetf
erfolgen kann.
In Wahhington sind Verhandlungen über ein internationales
Schutzrecht für Auswanderer im Zug; Denitschland ist dabei
durch den norddeutschen, Bundesgesandten v. Gerolt und der
norddeutschen Generalconsnl in New-York. Dr. Rösinq
vertreten
Wisener 22. Jan. Eitzung des Reichsraths.) Ministet
Biskra beantwortet die Interpellation des Abgeordneten Grochols!
wegen? Vorlage des Beschlusseß des galizischen Landtags iĩm Reichs-
cathe, dahin, daß die Regierung nichfin der Lage sei, dies zu
ihun, weil sie nach der Verfassunge eine Verpflichtung hierzu nicht
anzuerkennen beimöge, und andrerseitzs nach der Geschäftsordnung
aur selbstständige Auträge durch Reichsrathsmitglieder oder Regie—
ungs vorlagen eingebracht werden.
Wien, 24. Jan. Die „Presse“ meldet; Eine Circular⸗
yepesche der Pforte an die türkischen Gesandten spricht die Zufrie—
denheit der Pforte mit der Conserenze aus. Die Pforte verzichtet,
Angesichts der einstimmigen Verurtheilung des Verhaltens Griechen⸗
henlands oͤls dölkerrechtswidrig, auf die punktweise Durchführung
des Ultimatums. Eine weitere Demüthigung oder die Bekriegung
Griechenlands überhaupt sei nicht beabsichtigt gewesen. Die Pforte
betrachte somit das Ultimatum als erledigt, zumal der fünfte
Punkt desselben den eigentlichen Gegenstand der Declaration der
Conferenz bilde. —
Pest, 22. Jan. „Lloyd“ bringt kriegerische Nachrichten
aus dem Orient; Türken und Griechen rüsten.
Frankreich.
Paris, 22. Jan. In den hiesigen diplomatischen Kreisen
zlaubt man fester als je, daß Griechenland keine Schwierigkeiten
machen werde, die Erklärung der Mächte anzunehmen. Nicht nur
zaß Marquis Lavalette einen Brief an Deljannis gerichtet hat,
am auf die Entschließungen des Athener Cabinets einzuwirken,
es wollen auch die Minister des Auswärtigen der anderen Mächte
dieses Beispiel nachahmen, um auf diese Art darzuthun, duß jede
inzelne derselben mit den in der. Declargtion ausgesprochene“
Grundsätzen einverstanden ist. Jusbesondere, versichert man uns,
iege Rußland die Absicht an den Tag, allen seinen Einfluß bei
dem Cabinet von Athen aufzubieten, um es zur Annahme der
Erklärung zu vermögen. F
Paris, 22. Jan. Das „Journal officiell“ schreibt in
seiner Abendausgabe: Die Conferenz hat bereits die Depesche
festgestellt, durch welche das Cabinet bon Athen aufgefordert wer⸗
den soll, die auf' der Conferenz einstimmig von den Großmüchten
aufgestellten Principien zu acceptiren. Die Autwort der griechischen
Regierung dürfte im Laufe der nächsten Woche hier ein treffen, und
wird Marquis de Lavalette alsdann die Conferenz noch einmal
zusammenberufen, um ihr die entsprechenden Mittheilungen zu
machen und die letzten Berathungen zu veranlassen.
Nach einer Petersburger Corr. der „Postz.“ befindet sich ein
Ausgleich zwischen Rom und Petersburg auf bestem Wege der
Realisation; die russische Regierung habe den Unterbehörden be⸗
züglich der Ausrottung des Katholizismus in Polen Halt geboten;
dem Bischof von Iytomir sei die Beibehaltung der polnischen Ge⸗
betbücher gestattet worden. ——
Belgien.
Brüssel, 22. Jan. Der König verfiel in Folge des
Ablebens des Kronprinzen in eine so schmerzliche Aufregung, daß
die Aerzte beschlossen, ihm zur Ader zu lassen, worauf eine grö⸗
ßere Beruhigung eintrat.
Türkei.
Zonstautinopel, 25. Jan. Hobbard Pascha ist auf
das Versprechen des Nomarchen, daß die „Enosis“ den Hafen
nicht verlassen werde, von Syra abgesegelt. — Der Vicekönig
von Aegypten hat der Pjorte 50,000- Rauu Hilfstruppen
angebbten.
Vermischtes.
xFAls Merkwürdigkeit berichtet der Neust. Anz. dom 20.,
daß ihm dieser Tage durch den Weinwirth Herrn Schönfiegel einige
Reben zugesfandt wurden, welche bereits schon fingerlange Blaͤtter
und Samen getxieben haben·
1711 Eine große Erfindung, an der schon Viele vergeblich oder
mit nur ungenücendem Erfolge' gearbeitet haben, die Vervielfälti⸗
zung photographischer NAufnahmen durch die Presse, ist nach der
Zayer. Landesztg. durch den Hofphotographen Albert in München
zer dollständigen Reife und Vollendung eutgegengeführt worden.
Seine auf diesem Wege hergestellten Bilder, sowohl kleinen, wie
groͤßten Formates unterscheiden sich in Nichts mehr von den— nach
dem seitherigen Verfahren hergestellten Photographien. —
1. Der Elberfelder Polizei gelang es, die berden Verbrecher,
welche fich vor einigen: Tagen eines Naunmordes ba dem Kauf⸗
mann Dorb zu Haashaus schuldig machten, zu ermitteln und fest⸗
zunehmen.
Münmsterr. Nach dem „Westf. Merk.“ hat sich hier
der komische Fall zugetragen, daß beim letzten Ordensfeste der
Rothe Adlerorden vierter Klasse einem damil bereits früher Deco⸗
rirten zum zweiten Male zu Theil geworden ist.
* Aus einer per Eisenbahn von Berlin nach Crefeld gehen⸗
den, am 18. d. am letzteren Orte angekommenen Kiste, wurde
unterwegs der ganze Inhalt, Seidenwaaren geraubt und dieselbe
mit Papier, Heu und Steinen gefüllt — abgeliefert; vor wenigen
Wochen waren aus einem, von Danzig nach Crefeld gehenden
Korb die darin enthaltenen werkhvollen Schmucksachen geraubt und
mit Ziegelsteinen gefüllt worden.
*Gladbach. Von preußischen Einthalerscheinen ist hier
ein Falfifitat, ziemlich täuschend nachgeinacht, angehalten worden.
Das Papier ist lappig, der Buntdruͤck auf der Vorderseite zeigt
eine klaren Buchstaben, sondern nur verschwommene Zeichen. Die
Entdeckung ist also nicht schwer.
7Dahlwig. Ein Eigenthümer zu Kiekemal hatte sich
am Anfang voriger Woche einen fetten Ochsen gekauft Uud dang
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