Full text: St. Ingberter Anzeiger

walencia. 14. Oct. Die Irsurgenten wünschen zu 
caplituliren. Der Befehlshaber der Truppen fordert undedingie 
ebergabe auf Gnade oder Ungnade. 
Rußland. — 
Es ist schon oft gesagt worden, daß die Volen ihr nationales 
Anglück durch die maßlose Unterdrücung des Vollkes von Seite det 
Irais und der mit ihn Hand in Hand gehenden Geistlichkeit ver⸗ 
chuldeten, sowie durch die Selbstständigkeitsgelüste des Adels, von 
dem auch der Einzelne sich der Mehrheit nicht unterordnen, sondern 
jeinen Eigenwillen (Souvberänität) behaupten wollte; ein Fehler, 
e auch in Deutschland so viel nationales Unglück verschuldet hat 
und noch verschuldet. Aber merkwürdig ist es, daß die Bedr ückung 
dez Voltes schon vor mehr als tausend Jahren dort in gleicher 
Ant beftand, und damals schon der Grundsatz galt, „das Voll 
nüsse Ochsenfutter und Eselsprügel erhalten.“ Das Christenthum, 
sonst die Religion der Liebe genannt, besserte, als es von 964 bis 
592 eingeführt wurde, nichts. Im Gegentheil vermehrte es die 
Jdarbarei. So verordnete ein Geseßz, daß Jeden, der in der 
Faften Fleisch aß, die Zahne in den Hals geschlagen werden sollten 
de dies das goöttliche () Geseß besser befestige, als geistliche 
Buße.“ 
Eine Warschauer Correspondenz des Kraj“ derzeichnet Ge⸗ 
rachte über eine neue Eintheilung des Koͤnigreiches Polen und der 
Aufhebung der Statthalterschaft. Ein Theil von Congreßpolen soll 
u Litthauen, ein anderer zu Kleinrußland geschlagen werden, der 
Rest einen Generalgouverneur erhalten. 
»A—rmischtes. 
4Aus Bergzabern, 8. Oct. wird dem ‚Land. Anz.“ 
zeschrieben: Herr Pfarrverweser Dr. Mook, dessen geistreiche Kan⸗ 
elvorträge ieit Mitte August es verstunden, die fruͤheren, leerer 
Raume der Kirche mit Gebildeten jeder Confession zu füllen, ha 
zun auch das Interesse seiner vorgesetzten Behörde der Art erregt 
daß er seine bisher gehaltenen Predigten vorzulegen aufgefor 
dert wurde. 
pMannheim, 10. Oct. Die Gaben für ein auf dem neuen 
Dottesacker zu errichtendes bleibendes Grab K. L. Sand's fließen 
reichlich. Die Kosten belaufen fich auf etwa 800 fl. Ein etwaiger 
deberschuß soll der Kinderschule in den Nedargärten zukommen. 
In Off enba qh fand Sonntag Nacht ein Gefecht zwischen 
der Polzzeimannjchaft und einer Einbrecherbande statt; die Diebt 
wurden üͤberwälligt, nachdem ein Gendarm durch einen Stich 
derwundet, ein Dieb mit einem Hieb über den Kopf niedergestreckt 
worden war. 
Chemnitz, 14. Oct. Vorige Nacht hat in dem Stadtchen 
dichtenstein eine groͤße Feuersbrunst stattgefunden. Ungefähr 40 
däuser brannten nieder; die öffentlichen Gebäude wurden gerettet 
ãeber die Entstehung des Brandes hat noch nichts verlautet. 
— Für die Hinterlassenen der im Plauen'schen Grunde ver⸗ 
anglückten Bergleute sind 360,000 Thlr. milde Gaben eingegangen. 
Von den Renten derselben soll jede Wittwe jährlich 70 — 80 Thlr. 
jsedes Kind unter 14 Jahren 36 Thlr. jährlich, bei Erreichung 
des 14. Jahres 20 Thlr. auf einmal und beim Mündigwerden 
100 - 150 Thlr. erhalten. 
In Wien hat der unerwartete Selbstmord des kaiser⸗ 
lichen Oderküchenmeisters Grafen Joseph Watrislaw don Mitrowitß 
und Schönfeld, geboren am 3 Januar 1818, großes Aufsehen 
erregt, bei der Beliebtheit des Cavaliers, nicht geringe Theilnahme 
Der Graf litt schon seit einiger Zeit an Trübsian, der erzeug 
oder doch vermehrt wurde durch einen Verlust von 200,000 fl 
an der Börse, insbesondere in Achtien der oͤsterreichischen Bank, 
deren Präsident der Graf war. Von Seite der Familie sollten 
zur Deckung der Differenz Güter veräußert und der Act am 
d. October gemacht werden, allein am Morgen dieses Tages fand 
der Diener des Grafen diesen erdolcht im Bette. Sein Name 
jählte zu den besten des österreichischen Adels. Am Abend vor 
jeinem Tode wohnte er noch einer Hoftafel bei, wo er von Seite 
des Kaisers und der Kaiserin ein Gegenstand besonderer Auszeich- 
naung war. In der letzten Zeit hatte er wiederholt seine Entlas⸗ 
jung als Präsident angeboten, allein der Verwaltungsrath war 
aichi darauf eingegangen. Der Verstorbene, welcher auch Mitglied 
des Verwaltungsraths der Franz Josephs-Bahn war, lebte auf 
descheihenem Fuß; alle die kostspieligen Passionen seines Standes 
waren ihm fremd, und die Bedürfnisse eines edleren Kunstsinnes 
die Anfammlung von kunstreichen und sonst interessanten Antiquä⸗ 
jen beanspruchten den größeren Theil seines Einkommens. Seine 
Sammlang seltener Perlen zählt an 2000 Exemplare, darunter 
sehr viele kostbare. Das Leichenbegängniß des Grafen Wratislaw 
hat in Wien in aller Stille stattgefunden; kein Verwandter, kein 
Freund, kein Beamter folgte dem Leichenwagen. 
r Die Pariser Reklamenmacher werden bald die Ameri— 
tamer üherireffen. Ein Gemüsehändler verkauft gegenwärtig Zwie— 
deln und Karioffeln mit der Eliquetle: „Gewachsen auf dem Acker 
von Pantin.“ 
London, 11. Oct. In der Nähe von Nottingham, wo 
eben jetzt die October-Messe großen Zudrang veranlaßt, stießen in 
der düsiern Nebelnacht vom Samstag auf den Sonntag zwei 
Züge zusammen: 7 Menschen (drei Männer, zwei Frauen 
und zwei Kinder) blieben todt und etwa zwölf Personen wurden 
verleßgt. 
pIn Baltimore, wo ein neues Rathhaus gebaut werden 
soll, haben der Registrator Barnes, Mayor Banks und 2 andere 
ahe Verwandte des Bürgermeisters Lieferungs-Verträge abgeschlossen, 
wveiche ihnen einige 100 000 Dollars zum Nachtheil der Stadt 
in die Tasche jagen. Das amtliche Untersuchungscomite fand dieß 
Berhalten „indiscret“, und beantragte, — dieselben nit der NLeu⸗ 
zildung des die Profile vergebenden Baucomite's zu betrauen. 
F., Billets für fünfzehn Personen und neununddreißig Billets 
für Kinder unter sieben Jahren,“ sagte neulich ein Reisender, der 
bom Salzsee kam (dem Lande der Marmoren), zu dem Billeteur 
ꝛiner Eisenbahnstation in Massachussets. — „Wenn es für eine 
Pension oder sonst eine Anstait gehört, so darf ich Ihnen einen 
stabatt am Preise des Billets bewilligen!“ sagte der Beamte zu⸗ 
hortommend. — „Ach was Pension, was Anstalt! Ich habe die 
Billets für mich, meine Frauen und meine Kinder verlangt!“ riej 
der entrüftete Jüunger Brigham Youngs aus. 
PG(önnendie Menschen nie vbernüftig han 
deln.) Wohl so lange nicht, bis sie in der Schule statt Liedern 
und Sprüchen, Kenntnisse von der Natur und namentlich von der 
Chemie erhalten. Jahrhunderte lang vergifteten fie die Luft ihrer 
Zimmer mit arsenikhaltigem Anstrich, grunen Tapeten. Jetzt be⸗ 
zinnen sie die gleiche Thorheit mit gefärbten (meist mit giftigen 
Farben gefärbten) Strümpfen. Die gelehrten Jrauen des vorigen 
Jahrhunderts trugen blaue Strümpfe und erhielten den Spott⸗ 
namen Blaustrümpfe. Die Russen tragen farbig bedruckte Hem⸗ 
den. Die ersten wollten ihre Strümpfe, um fur ihre gelehrte 
Thätigkeit keine Zeit mit Wechseln derselben zu verlieren, lange 
ragen und daher paßten ihnen keine weißen. Die Russen nehmen 
zunkel bedruckte Hemden, damit man den daran haftenden Schmutß 
päter bemerlt. Beides hat Sinn und Zweck. Was aber in 
inserm reinlichen Westeuropa, rothe, gelbe, grüne, violetie Strümpfe 
für einen Zwed haben sollen, ist schwer zu begreifen und die 
Trager derselben wissen nicht, daß sie meist gistige Farben in Berühr⸗ 
ang mit ihrer Haut bringen, was besonders bei Personen, die zum 
Schwitzen geneigt sind und bei Kindern Rachtheil für die Gesund— 
heit haben lann, haben muß. Bereits sind Faͤlle der Art vorge⸗ 
dommen. Professor Vardieu zeigte der Alademie in Paris an, daß 
er zu einem jungen, bisher gesunden Manne gerufen wurde, der 
von heftigem Jucken und bläschenartigem Ausschlage befallen wurde, 
hessen Heilung drei Wochen in Anspruch nahm. Er trug seidene 
Slirumpfe von ausnehmend schöner rother Farbe. Als eine ame⸗ 
ikanische Dame und ein anderer jnnger Mann (beide trugen 
‚benfalls Strümpfe von dieser Farbe) von ähnlicher Kranlheit 
zefallen wurden, suchte man die Ursache in diesen und fand, daß 
er rothe Farbstoff (Coralline) in kleinen Gaben in die Haut von 
ꝛdaninchen und Hunden gebracht, diese in 8 Tagen toͤdtete. 
Dr. Bidard in Rouen bemerkte an sich selbst beim Tragen violetter 
Strümpfe mit rothen Streifen einen heftigen Ausschlag an allen 
Stellen, die mit den Streifen in Veruhrung klamen. Daher fort 
nit allen gefärbten Strämpfen. Man kehre zurück zur Farbe der 
Anschuld, dem Weiß, und sehe nur darauf, daß dies nicht mit 
ziftigen Stoffen (z. B. Bleiweiß) appretirt isi. 
Volkswirthschaft, Haudel und Verkehr. 
Der Fahrplan der pfälzischen Sisenbahnen 
ür den Winterdienst wird dieses Jahr erst am 1. November in 
Zraft treten. Da die großh. badischen Bahnen bereits mit dem 
15. October nach der nenen Fahrordnung fahren, so ist bis zur 
Zinführung des Winterfahrplans ein provisorischer Fahrplan für 
die Züge zwishen Ludwigshafen und Mannheim und zwischen 
Winden und Karlsruhe zur Ausgabe gelangt. 
Bei den groͤßeren Güterexpeditionen der bayerischen Staats⸗ 
zahn liegt zur Einficht der neue Uebernahmttarif auf, welchen die 
Direction der k. k. priv. boͤhmischen Westbahn für die Befoͤrderung 
don Eisen und Eisenwaaren, ab Prag nach Brünn, Olmütßz und 
den darüber hinausgelegenen Stationea der k. k. priv. Kaiser 
Ferdinands⸗Nordbahn veröffentlicht. 
Offenbaqh, 10. Oct. Unter dem Vorsitze des Directo⸗ 
tiums der hiesigen Handelsschule ist dahier eine „Akademie für 
Handel und Gewerbe“ ins Leben getreten. Es ist ein kaufmänni- 
scher Cursus für Damen (Rechnen und Buchführung), desgleichen 
jür Herrn (Rechnen, Buchführung, italienische, französische und 
englische Sprache), sowie ein Cyclus von Vorlefungen in Aussicht 
genommen.