Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wien ist in höchster Aufregung über einen am hellen Tag 
m Volais der Kreditanstalt verübten Raubanfall. Ein Großhänd⸗ 
er Schrader hatte seinen siebenzehnjährigen Lehrling Johann Blaß 
gůt einer Summe von 23,000 fl. in Banknoten zur Creditanstalt 
Ifum dort Werthpapiere dafür einzutauschen. Auf der zum 
zeschickt 
sen Stod führenden Treppe wurde der junge Mensch von einem 
lubekannten rücklings mit einem sog. Todtschläger niedergeschlagen, 
ud, während er bewußtlos dalag, der Banknoten beraubt. Der 
Jei war mit solcher Kraft auf den Hinterkopf geführt, daß der 
iBia ausgefüllte Knopf, obwohl mit einem Drahtstift am Stock 
fesugt, abgebrochen var. Euopf und —A—— 
er That. Der junge Mensch hatte eine furchtbare Beule am 
vopf, jedoch. wenn nicht etwa später eine Gehiruerschütterung sich 
och herausstellt, sonst keinen Schaden genommen, — Nach andern 
naben hätte derfelbe Unbekannte schon Tags vorher, als Blaß 
—V— in der Creditanstalt zu besorgen hatte, 
ich ihm unterwegs angeschlossen, mit ihm über seine, Verhältnisse 
ejprochen ec. ; am Tag der That traf er wieder mit ihm zu⸗ 
men und schlug auf seinen Rath den kürzeren Weg über den 
iefen Graben zur Creditanstalt ein, wo er dann über die wenig 
ʒegangene Hintertreppe in den ersten Stock gelangen bonnte. Die 
zderiasche in welcher die Baauknoten waren, wurde Abends in der 
rinfahrt des Hauses gefunden sammt einem auf 12,000 fl. lau⸗ 
iden Wechsel, der auch darin gewesen war. — 
PFranzensbad, 22. Nov. Vorgestern ereignete sich 
Hahier ein gräßliches Unglück, indem das Nebengebäude des Hotel⸗ 
Hesitzers Wolf zum »Kaiserhause einstürzte und acht mit dessen 
hgollendung beschäftigte Arbeiter verschüttete, von denen vier 
nugenblicklich todt waren, Ser fünfte auf dem Tranzporte⸗ in's 
zpital nach Eger seinen Geist aufgab, während die Verletzungen 
Fet anderen drei der Art sind, daß wenig Hoffnung auf Erhal⸗ 
ing ihres Lebens bleitt. 
F'In Odessa, wo die Sicherheit der Person und des 
kigenthnns in Ichzter Zeit besonders viel zu wünschen übrig ließ, 
vurden bei einer einzig großen Razzia der Polizei in verschiedenen 
delletn und Steinbrüchen nicht weniger als 430 Verbrecher und 
hagabunden gefänglich eingezogen. 
F Aus Eugland wird von der Wombwell'schen Menagerie 
rerichtet, daß sie einen Sohn des Königs Theodorus von Abyssinien. 
er sich Prinz, Bouba Worley nenne⸗ mit sich hexumführe, und 
enselben in einem reich verzierten Käfig gegen Entree zeige. Vor 
durzem hat der Missionär Stern, einer der abyssinischen Gefangenen, 
ie gegenwärtig in Dundee weilende Menagerie besucht und den 
chwarzen Prinzen als Sohn des abyssinischen Herrschers 
dentificirt. heee 
f Petersburger Journale erzählen von einem großen Diebstahl. 
er in dem Winterpallast des Zaren begangen worden. Die 
aisetliche Kapelle ist vollständig geplündert, der ganze Schauuck an 
told und Edelsteinen geraubt worden. W 
—r.Aus Ungarn berichtet man, daß ein Knecht seinen 
Herrn kürzlich im Walde mit einer Art erschlagen, dann ihm den! 
rm abgehauen und denselben neben die Leiche mit den Worten 
zelegt habe: „Hier hast du debue Hand, mit welcher du mich 
jeschlagen hast.“ Der Mörder ist verhaftet. 
Beim Predigen machen die japanes ischen Geistlichen 
dle 18 Minuten eine Pause mit der Bemerlung: Laßt uns ein 
venig rauchen. 
C(Oeuschreckenschwärme.) Aus London berichtet man, daß 
ꝛaselbst die Schreckensnachricht eingetroffen sei, daß Ostindien in 
einen fruchtbarsien Theilen der westlichen Provinzen von unabseh— 
aren Heuschreckenschwärmen verheert wird, welche das ganze Land 
nit Hungersnoth bedrohen. In Folge dieses furchtbaren Ereignisses 
ind die Preise von Reis um 25 Procent gestiegen. Nähere Nach⸗ 
ichten fehlen bisher und werden mit der nachsten Ueberlandpost 
rwartet. F 
4 Ueper die Erdbeben in Algerien bringt der „Moniteur 
on Algerien“ folgendes Nähere: Den 16. ds. Mounats verspürte 
nan zu Biskra zwei Stöße in der Richtung von Südwesten nach 
Nordwesten; der eine um 1 Uhr, der andere um 3 Uhr Nach⸗ 
nittags. Die Kaserne und andere Militärgebäude haben starke 
tisse, zwei Häuser der neuen Stadt sollen so sehr beschädigt worden 
ein, daß man nur mil Gefahr sie bewohnen konnte. Mehrere 
däuser sind im alten Biskra eingestürzt. Seriana ist verwüstet 
vorden; die Bevölkerung hat jedoch Zeit gehabt zu ertfliehen, mit 
Ausnahme einer Frau, weiche durch den Sturz einer Mauer 
ödtlich girdffen wurde. Die Trümmer bildeten in ihrem Sturze 
ine so bedeutende Staubwolke, daß sie bis nach Briska gesehen 
vurde. Viele Häuser vor Sidi-Olba sind ebenfalls zusammen⸗ 
—X 
fNeuester Schwindel. In verschiedenen größeren 
ud kleineren deutschen Städten werden, besonders zur Zeit der 
Jahrmärkte, von herumziehenden Schaubudenbesitzern Sammlungen 
zon Marterwerkzeugen vorgezeigt, die theils aus miserablen Fäl⸗ 
chungen jener bekannten Criminalrechts-Alterthümer zu Nurnverg, 
heils aus Gegenständen bestehen, die in Wirklichkeit gar nie 
ristirt haben. — Selbstverständlich ist es nur darauf abgesehen, 
vas gläubige Publikum zu täuschen und ihm das Geld aus der 
Tasche zu holen, — Zu dem Eintrittsgeld gesellt sich gewöhnlich 
noch eine weitere Ausgabe für gedruckte Kataloge, die einen haar⸗ 
träubenden Blödsinn enthalten. In einer dieser Buden wurde 
ogar noch in einem besonderen Cabinet eine höchst possirliche Ab⸗ 
ildung eines Inquisitionsgerichtes und eine werthlose schlechte 
Lachahmung der eisernen Jungfrau des heimlichen Gerichts zu 
Nürnberg; natürlich gegen Extravergütung vorgezeigt. Das 
ꝛinzige Mittel, diesem den gesunden Volksfinn verwirrenden Trei— 
hen zu steuern, ist die möglichste Verbreitung dieses auf lrengfier, 
Wahrheit ruhenden Berichtes. Es werden deshalb sämmiliche 
stedactionen der gelesensten deutschen Blätter im Interesse der 
illgemeinen deutschen Aufklärung gebeten, demselben gütigst Raum 
Jeben zu wolle. 4 F ae 
Volkswirthschaft, Handel und Verkehr. J 
Im Jahre 1868 betrug der Gesammtverkehr auf dem Rhein 
23,169,780 Centner Güter, die, von Altbreisach bis zu den bel⸗ 
ischen und hollaͤndischen Häfen eine und ausgeladen worden sind. 
den größten Verkehr hatte Ruhrort mjt 30,396,892 Etr.; in 
udwigshafen wurden 8,285,6608 Etr. verladen. Auf die Unter⸗ 
altung und Verbesserung der Ufer und des Flußbettes wurden 
ahezu 9 Millionen Francs verwendet. Hievon wurden von Bayern 
320,976 Fr. perausgabt, von den Niederlanden 5,318,451, von 
zrankteich 1, 169, 000, pon Preußen 1,090, 702,. von Baden 
„I09,075 und von Hessen 83,4483 Franchs. 
Londaen, 20. Nov. Zwischen Liverpool und Indien via 
zem Suezcanal soll in Kurzem eine neue Dampfschifffahrts-Verbind⸗ 
ing hergestellt werden. Es hut sich zu diesem Behufe in Liverpool 
ine Gesellschaft, an deren Spitze die bekannte Firma Libbey, 
Ismay, Fleischer steht, mit einem Kapilal von 850,000 Pfd. St. 
gebildet, welche in Belfast und Glasgow acht große Dampfer bauen 
äßt. Die Fracht für Spedirung von Baumwolle nach Liverpool 
tauf 2 Pfd. St. 19 Sch. pro, Tonne festgesetzt worden. 
„Die neue amerikanische Sohlennähmaschine. 
hor einigen Wochen wurde die erste wirllich brauchbare Sohlen⸗ 
ähmaschine nach Deutschland gebracht. In Amerika sind bereits 
O0 und in England 180 in Thätigkeit. Durch diese Maschine 
st die Aufgabe des Aufnähens der Sohle practisch gelööst. Die 
xẽrfinder sollen 20,000 Pfund Sterling verlaborirt haben, bis sie 
nit der Herstellung der Maschine fertig wurden. Dieselbe näht 
»xo Tag 200 Paar Stiefelsohlen auf und es ist gleichgiltig, ob 
zie Sohlen dick oder dünn sind. Wenn wir recht in die Sache 
ehen, so glauben wir, daß diese Maschine die Schuhfabrikation 
zu einer noch bedeutenderen, Großindustrie machen wird, als sie 
—AV .ä ιιννιιν t 
Landwirthschaftliches. 
—Die neue Culturmethode der Kartoffeln 
vom Grafen Pinto ist auch in unseren Gegeuden in Anwendung 
ekommen und verdient (S. Dx. Schuhmachers Jahrbuch 1868 
5. 106) diee Beachtung der Landwirthe. Sie besteht im Wesent⸗ 
ichen darin, daß die Setzknollen bis zu dem Austreiben der Keime 
inbedeckt bleiben. Das Samenfeld, nachdem es gut vorbereitet und 
lar geeggt ist, wird auf 16 Zoll Entfernung mit dem Rüben fur⸗ 
henzieher oder einem anderen Instrumente in 122 Zoll tiefe 
Furchen gelegt. — In diese werden auf circa 9 Zoll Entfernung 
ingeschnittene Saatknollen gelegt und beim Vorwärtsschreiten mit 
zem einen Fuße umgetreten. Die Kuollen bleiben, bis sie Keime 
eigen, also 3 —4 Wochen offen liegen, werden dann aber mittelst 
Durchfahren mit einem Rapsjäter oder dergleichen mit Erde be— 
jeckt und bleiben bis zur Ernte ohne weitere Bearbeitung, sie 
verden wenigstens nicht behäufelt. Pinto theilt, gestützt auf einige 
Zersuche, günstige Erfolge von der Methode mit. Jetzt liegen 
veitere Versuche darüber vor. Haberland bebaute auf einem durch 
ingemeine Gleichmäßigkeit sich auszeichnenden Boden 2 Parcellen 
nach jener Methode und 2 Parcellen nach der gewöhnlichen Methode 
uind, wurden hierbei die Knollen 3—4 Zoll tief gelegt und starl 
»ehäufelt. — Bei günstigem Wärmeverhältniß fehlt es während 
der Vegetationsperiode durchaus an Feuchtigkeit. Die oberflächlich 
gelegten Kartoffeln gelangten beträchtlich später zur Blattentwickel⸗ 
ing als die andern, erst Ende Mai zeigten sich die ersten 
Blaͤtter (gelegt waren fie am 28. April) und erst Ende Juni 
atten alle obenaufgelegten Kartoffeln hervorgewachsenes Kraut. 
Trotz dieser höchst ungünstigen Verhältnisse gaben die oben ange⸗ 
egten Kartoffeln doch reichere Erträge als die nach der gewöhnli— 
hen Methode behandelten.