St. Ingberler Anzeiger.
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der St. Fugberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblait, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗
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NRr. 1944.. — Samistag, den 11. December 1869
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Deutschland. ———
München. 8. Vec. Das Regierungsblatt Nr. 89 enthält
zienk. Vollzugsordnung zur Militärstrafgerichtsordrung und die
Discipsinarstraforduung für die bewaffnete Macht des stö—
aigreichs.
Mümnchen, 8. Dec. Die Nachricht, daß mit dem Regier⸗
ingspräsidenten. von Oberfranken/ Hrn. v. Lerchenfeld, wegen
lebernahme eines Ministeriums verhandel? werde, entbehrt jeden
HBrundes. Heute Mittag hat ein Ministerrath stattrefunden, dem
die HH. v. Hörmann und v. Gresser nicht beiwohnten. 98r
Münnich en, 9. Dec. Hr. v. Hörmann soll für den Ge—
andtschaftsposten in Dresden in Aussicht genommen sein. Hr. v.
Feder soll definitis das Vortefeuille des Innern abgelehnt haben.
Mümnchen, B. Dec. Die Mimrister des Innern und des
Fultus, Hr. v. Hörmann und von Gresser, haben die erbetene
Entlassung erhalten und bereits extradirt. Sie treten in die
eihe der außerordentlichen Staatsräthe ein, da sie eine andere
Wiederverwendüng dankend abgelehnt haben. Bis zur Ernennung
hrer Nachfolger, hat Staatsrath v. Fischer die einstweilige Führ—-
ing ihrer Portefeuills übernommen. Das Verbleiben der übrigen
Minister im Amte scheint somit gesichert. Desto unsicherer find
ie Nachrichten über die anderweitige Besetzung der beiden erledigten
Ministerien, über welche Verhandlungen gepflogen werden, die noch
u keinem bestimmten Resultate geführt haben.—
Würzburg, 6. Dec. Der Abg. Kolb besuchte gestern
usere Stadt und hielt Abends im Bürgerverein in emer 9—
7—800 Wählern besuchten Versammlung eine längere Rede. Er!
agte u. a.; Die wichtigste Frage für den neuen Vandtag sei die
deutsche Frage. Er wolle wie seine neuen Wähler die Einigung
des gesammten Vaterlandes, aber nicht unter einem Säbelregiment,
üicht auf Kosten der Freiheit. (Stürmischer Beifall.) Durch die
Forderung des Eintritts in den Nordbdund würde man Niemanden
inen schlechteren Dienst erweisen als dem preußischen Volte selbst,
nan würde den Brüdern im Norden am wenigssten nützen. (Lebhafter
Beifall,) Den Ulltramontanen müsse entschieden entgegengetreten
verden, die Zeit fordere Freiheit, Trennung der Kirche vom Staate
ind folgerichtig Trennung der Schule von der Kirche. In der!
onfessionslosen Schule werde die Volksbildung eine ganz andere
virksainere werden. In der socialen Frage sei er für die gründ⸗
ichste Beseitigung der herrschenden Mißstände, sei jedoch ein ent⸗
chiedener Gegner des Despotismus von unlten, der sich haufig
unter der VRaske des Lassalleanismus verberge. Geifall.) In
)er neuen Kammer werde es sich hauptsächlich um die Fiuanzfrage
ind das neue Wahlgesetz handeln. Eiue Steuererhöhung werde,
jon einigen möglichen kleinen Ersparnissen im Beamten- und Provi—
ionswesen abgesehen, nur vermieden werden können, wenn der
Hräsenzstand der Armee bedeutend herabgesetzt, die Jugend nicht in
„en Casernen herumzulungern nöthig habe. Früher vor 1866 sei
zie liberale Partei in dieser Frage ziemlich einstimmig gewesen,
erst seit 1866 sei ein Theil der Liberalen gegen jede gründliche
steform auf diesem wichtigsten Gebiete; er werde nach wie vor an
einer auf langjährige Erfahrung begründeten Anschauung fest-
jalten. (Großer Beifall.) In Bezug auf das Wahlgeseß sei er
für allgemeine und directe Wahlen, sowie für gesegliche Festsiel⸗
ung der Wahlbezirke.
Frankreich.
Parris, 6. Dee. Dem ‚Gaulois“ zufolge soll vom 1.
Januar an der kaiserliche Prinz allen Arbeiten des Tuilerien-
Cabinets folgen. Es wird auch behauptet, daß vom bevorstehenden
April an, Also nach vollendetem vierzehnten Jahre des kais. Prin-
en, die Münzen mit den Dildern des Kaisers und seines Sohnes
geprägt werden soll.
Paris, 8. Dec. Der „Frauce“ zufolge haben in Folge
er letzten parlamentarischen Vorgänge die Meiinister ihre Porte—⸗
euills dem Kaiser zur Disposition gestellt. — Der Kriegsminister
‚at 6000 Mann auf 4 Monate beurlaubt.
„. Paris, 8. Dec. Wir lesen im „Moniteur universel“:
„Beim Schluß des außerordentlichen Ministerraths, der gestern in
den Tuilerien stattfand, haben, wie uns berichtet wird, alle Mi—
nister ihre Eutlassung angeboten.
Man versichert in verschiedenen officiellen Cirkeln, äußert
die „Presse“, daß der Kaiser nach Lesung des Programms des
rechten Centrum die Dinister in die Tuilerien betufen und eine
lange Conferenz mit ihnen in Gegenwart der Kaiserin gehabt hat,
Auch Herr v. La Valette soll nach den- Tuilerieen beschieden wor—
den sein. Was in den öfficiellen Regionen am unangenehmsten
berührt zu haben scheint, ist der Ausdruck: parlamentarisches
Regime, welcher im Programm dem Ausdruck kaiserliches Regime
ubstituirt worden ist. Man wird sich indeß an diese Aenderung
gewöhnen müssen, da fie die natürliche Folge der konstitutionellen
tdesormen ist. Man spricht von einem Briefe Emile Ollivier's
in den Kaiser, worin er ihn über die Tragweite des Programms
»es rechten Centrum aufklärt. Gewiß ist, daß in den höheren
3phären det Regierung eine große Unruhe herrscht.“
Wir vernehmen, schreibt die Reforme“, daß Joseph Mazzini
Jondon vor einigen Tagen verlassen habe. In diesen Augenblicken
eist er in Deutschland. Unermüdlich in seiner Arbeit sucht er
eine große Idee der Fusion der lateinischen Racen Gtalien,
Frankreich und Iberien) unter republikanischer Fahne zu ver—
virklichen. —J
Italien.
Florenz, 8. Dec. Aus Rom wird unterm heutigen
elegraphirt: Die Eröffnung des Concils hat heute unter unge⸗
jeurem Menschenandrange stattgefunden. Der Papst Pius schritt
zen versammelten Bischöfen, ca. 700 an der Zahl, voraus zum
Zitzungssaale im Vatican, dessen Tribünen von Fürsten, Gesandten
ind anderen Notabilitäten besetzt waren.
Rom, 8. Dec. Die Eröffnungsfeierlichkeiten des Concils
auerten von Vormiltags 9 Uhr bis Rachmittags 8 Uhr. Die
Zaiserin von Oesterreich war bei den Feierlichkeilen zugegen.
Spanien.
Madrid, 3. Dec. Großes Aufsehen hat die. von dem
Finauzminister in der vorgestrigen Cortessitzung gegen Isabella und
hre Mutter Christine erhobene Anklage hervorgerusen, nach der
iese beiden Frauen beschuldigt werden, von den Kronschätzen im
Werthe von 70 Millionen Realen entwendet zu haben. Fiquerola
»chauptet, daß nach dem Testamente Ferdinands VII. die bei des⸗
en Ableben vorhandenen Ktronschätze einen Werth von über 100
Nillionen Realen repräsentirten, daß davon jetzt ungefähr, für einige
'O Millionen Realen gestohlen seien, und daß die Exkönigin Isabella
illein im Werthe von 42 Millionen, ihre Mutter den übrigen
Theil geraubt habe. Er sei im Befitze von Documenten, die
elles Licht auf das Treiben der Bourbonen werfen, und auch den
ogenannten Carlos V., der ebenfalls ein Sohn von Maria Luisa,
icht verschonen würden. Der Deputirte Tutare beklagt, daß der
Finanzminister nur Anzeige von dem Raube gemacht, nicht aber
lle Mittel zur Verfolgung der Delinquenten in Bewegung gesetzt
sabe, denn es sei ja ganz ungereimt, einen armen Teufel, der
in Stück Brod gestohlen, zu verfolgen und einzusperren, schwere
Verbrecher hingegegen laufen zu lassen. Er fordert, daß man von
Frankreich die Auslieferung der Angeschuldigten verlange. Nach—
üngerer Debatte wurde mit 118 gegen 49 Stimmen öcschlossen,
ie Untersuchung einzuleiten und einer Commission zu üÜbergeben,
vas hier zu Lande so viel bedeutet, als die Sache in's Unendliche
inaus zu verschieben.
Schwurgerichtssitzung.
IV. Quartal 1860.
Zweibrücken. Nach Veendiung der Verhandlung gegen
dermauny kamen noch zwei Contumacialsachen zur Verhandlung