Full text: St. Ingberter Anzeiger

Depeschen haben nicht weniger als das Sümmchen von 160,000 
Franks gekoste. 
4 Die Angelegenheit Troppimanns wird am 27. diese? 
Monais zur Verhandlung vor dem Pariser Geschworeneugericht 
ommen. 
— In einem Aohlengrubendorfe bei Newcastle starb unlängfl 
ine Frau, die man seit fünfzig Jahren in der Umgegend als 
cinen Mann kannte und welche während dieser Zeit hintereinander 
wei Frauen geheirathet hatte, Wie erzählt wird, kam sie vor 
ingefahr fünfzig Jahren als „junger Mann“ von Schottland. 
vurde als Arbeiter in einer der Kohlengruben angestellt und hei— 
rathete kurz darauf ein junges Dienstmädchen, mit dem sie in 
28jähriger Ehe lebte. Nach dem Tode ihrer „Gattin“ verhei— 
rathete sie sich zum zweiten Male, welche Ehe aber nach Verlauf 
mehrerer Jahre aus irgend einem Brunde aufgelöst wurde. Seit. 
dem lebte sie ziemlich abgeschlossen von der Welt und erst nach 
hrem Tode entdeckte man ihr wahres Geschlecht. W 
7(Fastende Mädchen.) Es werden nunmehr Vorkehrungen 
zetroffen, das fastende Mädchen in Wales, Sarah Jacob, das 
hereits seit 2u/3 Jahren keinerlei Nahrung zu sich genommen, von 
ewährten Hospitalwärterinnen überwachen zu lassen, und mit 
Spannung sieht man dem Resultate entgegen. — Fastende Mäd—⸗ 
hen gab es übrigens schon zu allen Zeiten. In 1772 lebte im 
nirchensprengel Kincardshire, Roß shire, ein Mädchen Namens 
Latharina M'Leod, das nach einer Fieberkrankheit ihre Augen 
chloß und nach Aussage ihrer Eltern be/. Jahre weder Speise 
ioch Trank zu sich nahm. Aun Moor in Tutburg, Grafschaft 
Stafford, lebte in 1808 zwanzig Monagate ohne die mindeste Nahr. 
uing, und eine schwäbische Bäuerin soll in 1774 zwötf Monate 
aichts gegessen oder getrunken und währead drei Jahren keine 
Ztunde Schlaf genossen haben. 
pIn Kopenhagen sind am 1. Dec. bei einer Feuers 
prunst fieben Menschen, zwei Frauen mit fünf Kindern, im Rauch 
erstift und mitverbrannt. Das abgebrannte Haus wurde von 
Jahlreichen blutarmen Leuten bewohnt und war unter dem Namen 
der „Schreckenshöhle“ bekannt. 
fWie man der „Pr.“ aus Chicago schreibt, meldet ein 
Brief aus Mexico, daß am 9. Oct. durch Verschüttung einer 
Silbermine in Quarajata 100 Personen, Männer Frauen und 
Zinder, ihren Tod fanden. Die Minenarbeiter befanden sich gerade 
in der Einnahme des Mittagsmahls, was ihnen ihre Trauen und 
Kinder gebracht hatten. Am andern Tage ertranken im Flusse 
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ch auf dem Rande des Flußufers niedergelassen, als sich derselbe 
vom Lande loslöste und in die Strömunag gerieth. 
In San Francisco ist gegenwärtig eine Ausstellung 
eroffnet, deren Orchester außer den üblichen Instrumenten einen 
Amboß, eine Locomotivenpfeife, Feuerwerkskörper u. s. w. besitzt. 
kin „Eisenbahn-Galopp“ mit wirklichen Locomotivpfeifen, und ein 
„Schlachtenstückk mit Bomben und wirklichen Patronen gehören 
um populärsten Theile des Concertprogrammes. 
Volkswirthschaft, Handel und Verkehr. 
Postalisches. Die bayerischen Vriefmarken werden von 
mn an mit gezahntem Rande und ohne den bekannten Seidenfaden 
ungefertigt, so daß man die einzelnen Stücke leicht abreißen kann. 
— Nach den Vereinigten Staaten werden nunmehr auch Druck- 
achen bis zum Einzelgewicht von 3 Pfund zur Beforderung mi⸗ 
jer Briefpost angenommen. 
Die Inhaber von Oblikationen und Pfandbriefen der bayr. 
oypotheken· und Wechselbank werden von der Bankadministration 
atauf aufmerksam gemacht, daß die am 1. Januar fälligen Zins- 
roupous schon am 16. d. M. bei den Kassen der Bank eingeloͤsi 
verden koͤnnen. 
Mehlhandel. Bei der im Monat Mai d. J. in Leipzig 
tattgefundenen Generalversammlung des allgemeinen deutschen Ver⸗ 
vandes von Müllern und Mühleninteressenten wurde unter Auderm 
zuch der Beschluß gefaßt, daß das Mehl für die Zukunft nur 
zoch einschließiich des Sacs verkauft werden soll. Dieser Beschluß 
wird vom 1. Januar 1870 an auch in Baden, Württemberg und 
den hohenzollern'schen Fürstenthüm ern in Wirksamkeit treten. 
Im Jahre 1870 — vom 1. Juni bis 1. Sept. — wird 
n Kafsel eine allgemeine Industrie-Ausstellung für das Gesammt⸗ 
gebiet den Hauswesens stattfinden. Dieselbe soll alle Gegenstände 
cmiassen, welche den Inbegriff der menschlichen Wohnungen bilden, 
vom Rohmaterial bis zur luxuriösen Ausschmückung. 
— Seit einigen Tagen ist, wie berichtet wird, einer der 
aͤglichen Curierzuge zwischen Berlin und NKöln versuchsweise 
mit einem sogenannten Luft- Telegraphen versehen, wodurch den 
Passagieren die Moͤglichkeit gegeben ist, im Falle der Noth den 
Zug auhallen zu lassen. Die Signale werden durch Luftdruck 
hervorgebracht, zu welchem Ende in jedem Coupé des Waggons 
ein birnförmiger Griff angebracht ist, welchen man mit der Hand 
erfaßt, um dadurch ein Läutewerk in dem Bremser-Häuschen des 
Zuges in Bewegung zu setzen. So wird also zuerst der Bremser 
»on dem Verlangen, den Zug anhalten zu lassen, in Kenntniß 
nesetzt, und hat das Weitere zu veranlassen. Um erkennen zu 
fönnen, von welchen Coupé aus das Signal zum Anhalten aus— 
zegangen ist, sind an den Außenseiten der Coupés kleine Klappen 
ingebracht, welche umschlagen, sobald auf den erwähnten Knopf 
gedrückt wird. 
Bundesstempelmarken. Bekanntlich wird mit dem 
J. Jan. l. J. das Gesetz, detreffend die Wechselstempelsteuer im 
norddeutschen Bunde, in Kraft treten. Zur Ausführung desselben 
ist vom Bundespräsidium unter Anderm beschlossen worden, 
den Debit der Wechselstempelmarken und Blankels, mit deren 
Herstellung die preußische Staatsdruckerei beauftragt worden ist, 
den Postanstalten dergestalt zu übertragen, doß bei allen Postan— 
stalten im Gebiete des norddeutschen Bundes vom 20. Dec. d. J. ab 
die Blankets zum Preise des Stempelbetrags, auf den sie lauten, 
derkauft werden. Die Bundesstempelmarken werden mit der 
Umschrift „Norddeutscher Wechselstempel“ und der Angabe des 
Steuerbetrags in Groschen, für welchen sie gelten, bezeichnet sein 
und für Werhtbeträge von 1, 193, 3, 42, 6, 73, 9, 12, 15, 
30, 45, 60, 90, 150 nnd 300 Groschen zum Verkauf gestellt 
verden. Die mit dem Bundesstempel versehenen Wechselsblankets 
werden auf Steuerbeträge von 1, Ia, 83, 41/2, 6, 7T, 9, 12, 
15 und 30 Sroschen lauten. 
Landwirthschaftliches. 
Stand der Früchte. Den Raps, welcher in Folge 
der befriedigenden Rente, die er in den letzten zwei Jahren ge— 
liefert hat, sich wieder eines stärkeren Anbauens erfreut, ist durch 
die eigenthümlichen Witterungsverhältnisse der Monate September 
und October vielfach in seiner Entwicklung gestört worder. Auf— 
fallend ist es indessen, daß man in manchen Gegenden, z. B. in 
der Provinz Starkendurg, im badischen Oberlande, in Franken 
und theilweise auch in Thüringen genöthigt war, den Raps 
größtentheils umzuackern, während derselbe in der bayerischen 
Rheinpfaͤlz, in Rheinhessen, Rheinpreußen, ebenso laut Berichten, 
nuch in den östlichen Prövinzen gut bestockt ued erstarkt in den 
Winter gekommen ist. Wenn in irgend einem Jahrgange sich der 
reihig gefäete Raps vor dem breitwürfig gesäeten ganz auffallend 
zusgezeichnet hat, so ist es in diesem Jahrgange der Fall. Fast 
iberall da, wo die Aussaat breitwürfig erfolgt ist, da steht der 
Kaps entweder sehr lückenhaft oder zu dick, während Stand und 
Bestockuug der Reihensaat nichts zu wünschen übrig lassen. — 
Der Roggen ist meistens zur rechten Zeit und auch bei günstiger 
Witterung zur Aussaat gekommen, steht daher im Allgemeinen recht 
zut. Waͤhrend in den letzten Jahren öfters der Fall vorkam, daß 
der Roggen unmiltelbar nachdem er aufgegangen war, viel von 
Fadenwürmern litt, ist er in diesem Jahre verschont geblieben. 
Die Weizensaat erfolgte heuer verhältnißmäßig sehr spät urd vielfach 
unter ungünsti jer Witterung. Derselbe ist daher theilweise schlecht 
wnufgegangen. Am schönsten zeigt sich der reihig gesäete Weizen. 
Zieht man doch die bei der Reshensaat erfolgende bedeutende Er— 
parniß an Saatgut mit in Rechnung, so ist es wahrscheinlich, daß 
dieses neue Culturverfahren in aller Bälde sich den Beifall der 
Landwirthe erwerben wird. 
Kunstnotiz. 
Wie wir vernehmen, steht uns ein seltener Kunstgenuß bevor. 
herr Pianist A. Wolfer in Speyer, der mehrere Jahre die 
Tonserdatorien in München und Leipzig besuchte, hat in feinem 
Reiseprogramm des kunstliebenden Publikums in St. Ingbert nicht 
ergessen und sich bereit erklärt, nächster Tage hier ein Concert 
u geben. Bezugnehmend auf den bedeutenden Ruf, der dem 
Zünstler vorausgeht, machen wir das musitliebende Publikum in hie— 
iger Stadt darauf aufmertsam mit der Bitte sich recht zahlreich 
bei dem Concerte zu betheiligen, damit die gute Meinung des 
Hrn. Wolfer, den Musikfreunden St. Ingderts einen genußreichen 
Abend zu bereiten auch Anerlennung finde. 
Mehrere Kunstfreunde.