Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler AAnzeiger. 
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57. 
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1873 
Deutsches Neich. 
München, 6. April. Nach dem, was man in unseren 
militärischen Kreisca v rnimmt, dürfte mit der Wiederernennung 
ines commandirenden Generals des 2. bayr. Armeecorps ein arö⸗ 
zeres Avancement zu erwarten sein. Es heißt nämlich, daß, wie 
furzlich der Generallieuten ant v. Walther, so nun auch der Gene⸗ 
heutenant v. Stephan, Commandeur der ersten Armee⸗Division 
m Penfionirung nachsuchen werde, und daß ferner der hochbe 
ahrte, neuerdings erkrankte Generalinspecteur der Artillerie, Ge— 
nerallieutenant v. Brodesser, zurücktreten wolle und dann durch den 
Zenerallieutenant Grafen Friedr. v. Bothmer, Commandeur der 
Armee⸗Division und früheren Artillericofficier, ersetzt werden 
iglle. Von den Commandeurs unserer vier Armeedivisionen wird 
dann nur noch der in der Anciennetät jüngste derselben, General⸗ 
lieutenaut v. Maillinger, vorhanden sein;, und derselbe dann auch 
sum commandirenden General des 2. Armeecorps ernannt werden. 
Denn sich diese Angaben bestätigen, und sie scheinen nicht ohne 
Zrund zu sein, so würden vier Armee-O visions-Commandeure zu 
ernennen sein, und sollen u. A. der Chef des Generalstabs, Ge⸗ 
netalmajor Graf Maximilian v. Bothmer, dann der Generalmajor 
md .Brigadier v. Orff, Aussicht haben, das Commando einer 
division zu erhalten. (Spen. 3.) 
München, 8. April. Der von Bundesrath zum Mitglied 
der Juristen-Commifsion zur Berathung des Eutwurfs eines Straf⸗ 
drozesses für das deutsche Resch ernannte Hr. Appellationsrath 
Staudinger vom Staatsministerium der Justiz, wird nächsten 
Dienstag nach Berlin abreisen. Von den 11 Mitgliedern der 
Commission soll, wie versichert wird, die Mehrzahl zu den Gegnern 
der Schwucgerichte und zu den Vertheidigern der Schöffengerichte 
gehöreu. 
München. Wie verschiedene Blätter melden, will Bayern 
die Frage über die Ausdehnung der Reichskompetenz auf das ge- 
ammte Civilrecht vor ihrer Entscheiduag erst den im Herbste zu— 
ammentretenden Kammern vorlegen. Es steht somit der Kampf 
m die Zweidrittelmajorität bevor und leider ist bei der dermaligen 
Zusammensetzung der bayerischen II. Kammer sehr wenig Aussicht 
borhanden, die Frage zu einer für die deutsche Rechtseinbeit gün⸗ 
digen Entscheidung zu bringen. 
Der erste Delegirtertag des deutschen Kriegerbundes 
indet Montag, 14. April, in Weißenfels statt. Das 
Tomite zur Gründung desselben (General-Lientenant dv. Stockmarr 
'n Dessau, Polizeisekretär Brößke in Spandau, Buchhändler A. Horn 
in Zittau) ladet sämmtliche Krieger- und Militär Vereine Deuisch⸗ 
lands ein, sich auf demselben vertreten zu lassen, um bei der Be— 
ralhung der Satzungen und der Feststellung der Bauverbände mit 
hätig zu sein. 
Speier, 7. Apris. Der Landrathsabschied fur die Pfalz 
st nunmehr erschienen. Den von Seiten des Landrathes gestellten 
Anträgen ist im Durchschnitte entsproch n und mit wenigen Vor⸗ 
Fehalten die allerhöchste Genehmigung ertheilt worden. Namentlich 
si der König den in Betreff des Schulwesens und der Anufbeßerung 
der Gehalt der Lehrer gestellten Vorlagen bereitwilligst entgegen 
jelommen; auch ist die Summe von 1000 Gulden zur Errichtung 
iner Frauenarbeitsschule in Speyer bewilligt. Ter Antrag des 
dandrathes wegen Beseitigung des coufessionellen Charakters der 
höheren Lehranstalten und wegen Erklärung des Cymnasiums zu 
Speyer als confessionell gemischte Lehranstall wird einer gesonderten 
Bebandlung unterstellt und s. Zt. der Kreisregierung die Entschlie— 
zung zugehen. Die Berechtigung zum Einjährig-Frei villigendienste 
an die Absolventen der Lateinschulen wird einer genauen Erwä— 
une der Staatsministerien unterzogen werden. Ferner wird die 
reisregierung beauftragt, in Betreff der Functions⸗ und Diäten⸗ 
zulagen der Distriktsschulinspectoren, sowie der Dienstalterszulagen 
et Lehrer die nothigen Erhebungen zu pflegen und bei dem nächft 
wigen Budget eine diesbezügliche Vorlage zu machen. Die 
eisregierung sei nicht gebunden. für das Amt eines Dillrikts 
Schulinspektors lediglich Geistliche zu verwenden, sondern koöͤnne in 
Jeeigneten Fällen hiermit auch qualifizirte Laien betrauen. 
Frantkfurt a. M. Ein japanesischer Ministerialbeamtet 
wird, wie verlautet, dauernden Aufenthalt in Frantfurt nehmen 
und Süddeutschland von daaus zeitweise bereisen, um seiner Re⸗ 
Jierung Mittheilungen über neue Erfindungen, Einrichtungen, kurz, 
uüber alles fuür Japan Belehrende und Interessante zu machen. 
Darmstadi, 9. April. Der klerikale Director des Mainzet 
Symnasiums und zwei Lehrer sind pensionirt worden: Ein an— 
derer Lehrer ist in Folge direkten Einschreitens des Ministeriums 
ersetzt worden. 
Berhin, 6. April. Für die Ankunft des Kaisers Wilhelm 
verden in Petersburg großartige Vorbereilungen getroffen. Die 
wei Infanterie⸗-Regincenter und das Regiment der Ordens: Dragonet 
)eren Chef der deutsche Kaiser ist, treffen neu eingekleidet dorl ein, 
im vor iyrem Chef besonders zu manoövriren. Das kaluga'sche Re— 
zinent hat auf den Kragenn als besondere Auszeichnung dieselben 
peißen Litzen erhalten, welche die Grenadier-Regimenter führen. 
Die erste Kompagnie dieses Regiments, mit Fahne und Musik, wird 
den Kaiser Wilhelm auf der Grenzstation Wirballen empfangen. 
Dort erscheinen auch die zum Dienst. befohlenen Generale, der 
Beneraladjutant Fürst Suwarow, Generalinjpecteur der Infanterie, 
und der General von der Suite de Baranzow. Auf der Station 
downo wird die erste Schwadron des Regimenis der Ordens⸗ 
Dragoner mit Standarte und Musik ausgestellt sein. Hier wird 
der Kaiser am Bahnhof von sänmtlichen Offizicren der Garden 
und der Garnison, in Parade-Uniform, empfangen werden. Außer 
Paraden und Manövern wird dem bohen Gaste Lauch ein solenner 
Zapfenstreich gebracht werden von 1500 Musikern, also 400 mehr, 
als beim Zapfenstreich in Berlin im September wirkten. Auch 
oem Regimente des Grafen Moltke wird eine Deputation erscheinen. 
Endlich soll auch der große Ball im Winterpalais, der durch den 
Tod der Großfürstin Helene diesmal ausfiel, bei der Anwesenheit 
Haiser Wishelms stattfinden. 
Berlin, 9. April. Die „Provinzial-Korrespondenz“ be— 
Zätigt, daß der Kaiser am 25. April die Reise nach Petersburg 
antreten und vom Reichslanzler Fürsten Bismarck, dem General. 
Feldmarschall Grafen Moltle und einem glänzenden Gefolge be⸗ 
gleitet fein wird. — Der Kronprinz wird mit seiner Gemahlin, 
der Kronprinzessin, am 26. April nach Wien gehen und der Er— 
offnung der Weltausstellung beiwohnen. Der Kronyrinz wird bis 
Mitte Mai in Hetzendorf bei Wien verweilen. 
Berlin. Der Reichstag wird, sobald er nach den Offer⸗ 
jerien wieder zusammentritt, sich mit dem Münzgesetz in zweiter 
Lesung befassen. Dabei wird der Vorschlag gemacht werden, in 
dieses Gesetz sofort die Bestimmung einzuschalten, daß die Ausçcabe 
neuer Banknoten nur dann gestattet sein solle, wenn sie auf Mark 
und zwar wenigstens auf 100 Mark lauten. — Dem Reichstag 
wird noch ein Gesetzentwurf über die Schleifung der Festungen 
Graudenz, Colberg, Stralsund, Stettin, Minden, Wittenberqg und 
Neisse zugehen. 
Man telegrappirt der „A. A. Z.,“ daß der Herzog von 
Zraunschweig die wiederholte Bitte des Landtages um Abschluß 
mner Militärcondention mit Preußen abgeschlagen habe. 
Wien, 4. April. (Zur Weltaussiellung.. Das Calenda⸗ 
ium der internationalen Congresse ist folgendermaßen festgesetzt: 
Zom 16. bis 21. Juni internationale Brauerversammlung; vom 
9. bis 24. Juni internationaler Kongreß zur Erörterung der 
Frage einer einheitlichen Garnnumerirung; vom 3. bis 8. August 
nternationaler Kongreß von Lehrern und Leitern von Blinden— 
Institnten; vom 3. bis 5. August internationaler Patentlougreß; 
»om 11. bis 14. August internationaler volkswirthschaftlicher Kon 
zreß; vom 19. bis 20. Aug. internationaler Kongreß von Flachs- 
nteressenten; vom 18. bis 21. Auzust internanonaler Kongreß 
zon Leinenindustriellen behufs Beratheng von Fragen, und zwar: 
am 18. der Spinnerei und Weberei, am 21. ber Bleicherei, Fur⸗ 
herei und Appretur; vom 24. bis 27. Aug. internalionale Ver⸗