Full text: St. Ingberter Anzeiger

——A 
— 2 
der St. Inabegser Unzeige sund datß mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienbtagt⸗, Donnerßtagt⸗ und Sonntag⸗ 
Lummer erlcheint wvbchentlich viermal: Dienttag. Donner stag, Samstag und Sonntaa. Aoonnementspreis vierteljahrig 42 strit. ob r 
12 Silbergr. Unzeigen werden mit 4 krzr. die dreispaltige Zeile Blattichrift oder deren Raum berechnet. 
2 
1873 
—— 
SEonntan,. *— 
Deuntscheb Reich. 
München, 29. Juli. Der Koͤnig hat genehmid, daß 
u Gunsten der durch Brand schwer hei ngefuchten Bewohner der 
Stadt Cham eine Sammlung im ganzen Koͤnigreiche veranssal - 
stet werde. 
Menz, 1. August. Bei der gestrigen Einweihung des Sach⸗ 
sendenlmals bei St. Privat verlas der hisige Gouverneur, Nas 
mens des Kronprinzen von Sachsen eine Anrede, in welcher unter 
dinweisung auf die bewiesene Tapferkeit der sächsischen Truppen 
ie Hoffnung ausgedwmidt wird, daß die sächsische Armee bei einem 
iwaigen neuen Kriece eben so treu zu Kaiser und Reich stehen werde. 
Straßburg. 30. Juli. Da eine Auzahl Züricher Stu⸗ 
rentinnen sich sür das nächste Semester nach unserer Univer sität 
u wenden gedachte, so hat der Straßburger Senat sich veranlaßt 
gesehen, in der akade mischen Frauenfrage eine Entscheidung zu 
effen. Nachdem die mediciuische Facultaͤt mit Verufung auf die 
Slatuten sich dahin ausgesprochen, daß gegenwaͤrtig eine Zulassung 
reiblicher Studenten im Interesse der Facultat nicht statthaft sei, 
jat der alademische Senat sich diesen Interpretation der Statuten 
ingeschlossen und entschieden, daß Frauen zur Immatriculation 
aesp. als Hospitanten an hiesiger Univerfität nicht zugelassen 
ind. ( Fr. 3.) 
Forda, 1. August. Das hiesige Knabenseminar ist wegen 
Renitenz des Bischofs durch Oberyräfidialbeschluß vom 1. Olt. ab 
XRXX 
Körn, 29. Juli. Belkannilich sind vor Kurzem der Erzbi⸗ 
chof Melchers und der Weihbischof Baudri hierselbst in Unter- 
uchung gezogen worden wegen Veroͤffentlichung eines Exlommuni⸗ 
aonsdetreta in lateinischer Sprache durch den Kirchlichen An⸗ 
eiger.“ Die Rathskammer des hiesigen Landgerichtes hat nun 
neht in der genannten Angelegenheit ihr Urtheil dahin gefällt, 
daß gegen die genannten Personen tein Grund zu einer straf⸗ 
iechilichen Verfoigung vorliege.“ Gegen dieses Erlenntniß soll je⸗ 
hon der Staaisanwalt Berufung eingelegt haben. 
— Auf Anregung des Herrn Ministerpräsidenten werden am 
ʒteußischen landwirthschaftlichen Ministerium Conferenzen eroͤssnet 
verden, welche sich mit dem aus dem Mangel an ländlichen Ar⸗ 
eitern erwachsenden Nothstande der Landwirthschaft befassen. Die 
dlagen über diese Calamität find dringend geworden; die gegen- 
vaͤrigen Mißstände sind so groß. daß die Staatsregieruug volle 
heranlassung hat, der Frage ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden. 
die Conferenzen werden unter Vorsitz des Handelsministers selbst 
Jaltfiaden; das Referat ist so wie das Proiololl zwei Räthen 
)esselben Ministeriums, den Herren Marcard und Haack. an⸗ 
—XC 
Im Monat August werden dicht an der Schweizer Grenze 
n der Rähe des Kanton Aargau große Mandver deutscher Trup⸗ 
zen stattfinden. Das Okkupationsterrain soll sich von Freiburg 
zis nach Basel und Loͤrrach erftrecken und find zu diesen militäri- 
schen Uebungen die Garnisonen von Raftatt, Karlsruhe, Freiburg 
Tonstanz u. s. w. bestimmt worden. Wie man hoͤrt, wird diesen 
Manddern auch der Kronprinz des deutschen Reiches beiwohnen. 
Das Befinden des greisen hochgebildeten Königs von Sachfen, 
»et sich auf Schloß Pillnitz befindet, ist sehr bedenlenerregend. 
Posen, 31. Zuli. Der Vorsteher der geistlichen Demeri⸗ 
enansialt, Storchnesi, ist Seitens des Oberprasidiums in 100 
Thir. Geldstrafe enommen worden, weil er trot wiederholter 
Mahnung die Hausordnung der Anstalt noch gar nicht und das 
zerzeichniß der in der Anstalt befindlichen Geistlichen verspätet 
m'a Oberpraͤsidium eingereicht hat. 
Wien, 31. Juli. Der Schah von Perfien ist gestern 
Abends in Penzing eingetroffen, von wo der ihn begrüßende Kaiser 
von Oesterreich ihn minelst Bahn nach Laxenburg begle tete, wo 
zer Schah von dem Kronprinzen, den Erzherzoögen, den Ministern 
und den Spitzen der Militär- und Civilbehörden empfangen wurde. 
Line aufgestelite Ebrenlompagnie leistete die Honneurs, eine Musik⸗ 
apede spielte die Perserhymne; eine dichtgedrängte Volksmenge 
iktlamirte die Maiestäten. 
Frankreich. 
Paris, 31. Juli. Der „Agence Havas“ wird aus Madrid 
»om gestrigen Tage gemeldet: Die Insurrektion von Sevilla ist 
hollständig unterdrückt. Die Regierungstruppen halten die ganze 
Hegend besetzt. Es herrscht große Entruüstung gegen die Insur⸗ 
zenten, weiche mebrere Positionen, bevor sie sie verließen, in Brand 
jestedt haben. Die Stadt Almeria hat den ersten Angriff eineß 
Insurgentenschiffes zurüdgewiesen. 
Paris, 1. August. Die deutschen Truppen haben Nanch 
geräumt. 
Der „Koͤln. Ztg.“ wird aus Paris geschrieben: „Die 
vom Erzbischof Ledochowsli von Posen für den 12., 13. und 14. 
Jugust angeordneten Gebete sind die nämlichen, welche der Papft 
in Frankreich anordnet, um Gott zu bitten, die Feinde der Kirche 
iud Frankreichs niederzuschlagen. In Deutschland soll also mit⸗ 
selbar für den Untergang Deutschlands und Italiens gebetet 
werden!“ 
— Ueber die gegen Bazaine gerichtete Anklageschrift meldet 
der Figaro“: „Der Bericht des Generals Riviere besteht aus 
zier verschiedenen Theilen, die vier Bande füllen. Der erste Band 
aßt alle Anklagepunkte zusammen; der zweite ist speziell der Ar- 
illerie, der drinte den Lebensmitteln, der vierte den Communikatio⸗ 
ren gewidmet. Der Marschall ist angellagt: 1) mit dem Feinde 
apitulirt und den Plat Me, dessen oberster Commandant er war, 
ibergeben und nicht zuvor alle Vertheidigungsmittel erschoͤpft zu 
jaben; 2) als Oberlommandant der Armee von Met im offenen 
jelde eine Capitulation, wornach seine Truppen die Waffen zu 
ireden hatten, unterzeichnet und, ehe er sich mündlich und schrift- 
ich auf Unterhandlungen einließ, nicht Alles aufgeboten zu haben, 
vas ihm die Pflicht und die Ehre vorschrieben z Verbrechen, welche 
n den Artikeln 209 und 210 des Militärstrafgefetzbuches voraus⸗ 
zesehen sind. Wird der Marschall dieser Verbrechen für schuldig 
rtannt, so muß den erwähnten Artileln gemäß die Todesstrafe 
erfolgen. 
SAm 290. d. ist die franzoͤsische Nationalversammlung durch 
ine Botschaft vertagt worden, welche der Minister des Auswärtigen, 
derzog v. Broglie, im Namen des Praͤsidenten der Republik, Mac 
Nahon's, verlas, und die sich in mancher Beziehung vortheilhaft 
„on früheren Kundgebungen dieser Art jenseits der Vogesen unter⸗ 
h idet. Zunächst hält sie sich frei von allen chauvinistischen und 
e grande nation glorifizirenden Phrasen, die sonst den franzb- 
ischen Thronreden und Botschaften eigen zu sein pflegen. Der 
Parschall rühmt das Einverständniß zwischen der Regierung und 
der Nationalbersammlung, welches wichtige Gesetze habe zu Stande 
ommen lassen und weist dann auf die so ungeduldig erwartete 
Befreiung des Landes von der fremden Occupation hin, welche 
ich beim Wiederzusammentritt der Kammer vollzogen haben werde. 
die Botschaft ermahnt sodann, lärmende Manifestationen zu ver- 
neiden, die der Würde des Landes nicht entjprechen würden. 
Schließlich wird ausgesprochen, daß die Regierung fest entschlossen 
ei, den Frieden aufrecht zu erhalten, und Frankreich, sich selber 
vieder gegeben, werde noch mehr als vorher jn der Lage sein, 
nit allen auswärtigen Mächten aufrichtigefteundschaftliche Bezie⸗ 
sungen zu unterhallen, eine Ansicht, die auch von diesen Mächten 
zetheilt werde. — In wie weit das Letztere auf Wahrheit beruht, 
vollen wir dahin gestellt sein lassen, sowie auch die Frage inbetreff 
der Friedens versicherungen der Botschaft; genug, daß solches vor⸗ 
aufig ausgesprochen wird, und zwar mit einem Tone, den man 
onst bei den Reprasentanten der großen Nation nicht gewohnt ist. 
— Um die französischen Ulkramonianen füt den Verlust der 
Drozessienen nach Rom und Assisi zu entssadigen, auf die sie sich 
d sehr gefreut hatten, will ihnen der Papst vor dem Madonnen- 
este am 15. Auguit zu Ehren der Madonna von Lourdes eine 
soͤchst feierliche Noven veranstalten lassen und verspricht den Glau⸗ 
en.“ welbve daran Antheil nehmen wollen, vollkommenen Ablaß.