Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anze 
J gberler Anzeiger. 
der Si. Na a erier Anzeiger (end das mit dem Dauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstagt⸗ und Sonnta 
anne erlherwdcheutlich vine r e a l: B ien atag, Donnerstaag, Samatag und Sonutag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Krzr. oder 
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1 15. V F 1873 
Deutsches Neich. W 
ünchen. IDem Wiener „Fremdenblatt“ wird von hier 
peschtleben: „Graf Taufflirchen durfte demnächst auf mehr wöchent- 
jigen Urlaub hier eintreffen, aber an eine Aufhebung der baherschen 
Zesandtschaft beim Heiligen Stuhle ist nicht zu denken. Graf 
Taufftirchen wird während seines Urlaubes durch Graf Cetto in 
Rom vertreten werden. 
mAnqhen. Im Spitzeder⸗Prozeß soll sich, wie dem Nürn⸗ 
„Bzeiger“ geschrieben wird, ein recht unliebsamer Zwischen- 
iall ergetön haben; es sollen nämlich von der Militärmannsgaft, 
welche, während die Untersuchungscommission sich im Hause der 
Spitzeder mit Prüfung der Bücher ⁊c. bifaßte, dorthin beordert 
war verschiedene Paprere, die die täglich wechselnden Soldaten 
für werthlos hielten, die aber in der That -—cchuldurkunden ⁊c. 
waren, zum Feueranmachen und zu sonst dergleichen Zwecken be— 
nutzt worden sein, Man sagt, es seien dadurch mehr als zwei 
Millionen zu Grunde gegangen ()). Wie groß der Schaden ist, 
läßt sich gar nicht eruiren; es gibt also zweifellos neue Ver— 
widlungen und Prozesse! 
Berlhin. Die Vorlagen, welche den Reichstkage nach 
seinem demnaͤchstigen Zusammentritt Seit ns des Bundesraths ge⸗ 
macht werden sollen werden, wie die .D. R.C.“ hört demselben 
in nachstehender Reihenfolge zugehen: 1) der Entwurf einer 
Strafprozeßordnung; 2) das Gesetz über die Kriegsleistungen; 
5) das Bantgesetzz, 4 das Münzgesetz; 5) das Vereinsgesetz; 
6) das Gesetz üver das Rechnungswesen; 7) der Entwurf einer 
VTivil · Prozeß⸗Ordnung; 8) das Gesetz über die Gerichtsver⸗ 
fassung. 
Der „D. A. 3.“ wird von hier geschrieben: Es ist als 
ieststehend anzusehen, daß die beabsichtigtke Erhöhung der Tabaks- 
sseuer als Acquivalent für die jedenfalls zu erwartende Aufhebung 
der Salzsteuer nicht eintreten wird. Dagegen ist jetzi thatsächlich 
die Einführung der Borsensteuer zum Ersatz in Aussicht genommen. 
Dieselbe wird sich mit Bestimmtheit auf eine Besteuerung der 
Sch ußzettel beziehen. Die Frage, ob auch eine Besteuerung der 
Diblidendenscheine eintreten soll, schwebt noch; es ist ader höchst 
unwahrscheinlich. daß man sich dafür entscheiden wird. Die Er⸗ 
höhung der Tabakssteuer scheiterte übrigens an dem Widerspruche 
der Süddeuftschen. 
Hinsichtlich ber Beust⸗Gramont · Affaire ist noch jimmer keine 
doffnung vorhanden, daß die politische Weit furder mit dieser 
—X— Fürst Metternich soll 
ich durch die jünaste Erwiderung des Herzogz v. Gramont dergestait 
detausgefordert fühle, daß er gleichfalls auf dem Kampfplatz her⸗ 
zuszutreten für fürl gut defindet, und zwar in Gemeinschaft mit 
dem edlen Herrn v. Beust, Bei diesem neuen Scharmützel, heißt es 
wolle man den Grafen Vitzthum, der doch nicht mehr zu retten 
ei, fallen lassen; die Art der dabei zu befolgenden Taktik läß 
ich schon wijchen den Zeilen durchlefen — man wird ihn wahr 
scheinich beschuidigen, aus eingefleichter Liebe zu den Franzmaͤnnern 
seine Vollmachten üderschritten zu haden; es wird schon angedeutet, 
daß er wohl demnachn seinen Posten in Madrid verlassen werde, 
um in irgend einem ferner Wintkel über die Vergänglichkeit der 
Dinge nachzudenlen. Aber Beust — * 
Frankreich 
Paris, 22. Jan. Die „Arqives israeliles— bringen fol 
gende Geschichie, die sich in Marokko zugetragen hat. In der Nah— 
hon Tanger haite ein Aufstand Statt gefunden. Den Regierungs 
ruppen verblieb der Sieg und der kommandirende Pascha, der 
diergig der vornehmsten Häupilinge, welche in seine Hände gefaller 
waren, hinrichten ließ, kam auf die Idee, die vierzig Koͤpse ein⸗ 
jalzen zu lassen um sie an den Sultan zusenden. Zur Ausfuhrung 
dieser Operalion bestimmte er die jludischen Metzger; dieselben 
weigerten sich zuerst, sich der Arbeit zu unterziehen; da aber mit 
dem Tode gedroht wurde, so gaben sie ihre Zustimmung und 
jührten die Arbeit. und gar an einem Samstoge, aus. Der 
talienische Consul war der einzige fremde Vertreter, welcher gegen 
die Sache protestirte. 
Italien. 
Rom. 22. Januar. Prinz Arthur von England hat gestern 
iner Soirée im Quirinal beigewohnt und ist heute vom Papfte 
u besonderer Audienz empfangen worden. Später hat derselbe auch 
em Cardinal Antonelli einen Besuch abgestattet. (W. T. B.) 
Schweiz. 
St. Gallen, 19. Jan. Die zahlreich besuchte Kirchen⸗ 
zemeinde von Rapperswil besloß, mit allen gegen 25 Stimmen: 
) nicht zuzugeben, daß die Kanzel zu politischen Zwecken miß 
iaucht werde; 2) zur Entfernung des Custos Steinemann, wel⸗ 
her gegen die paritänschen Ehen, die liberale Presse ꝛc. dredigte, 
ie nothigen Schritte zu thun. Zu gleicher Zeit wurde dem von 
»en confessionellen Streitigkeiten sich ferne haltenden Ortspfarrer 
eine Gehaltszulage bewilligt. 
Amerika. 
Newyhyork, 23. Jan. Ueber die Folgen des großen Schnee⸗ 
falls in Minnesota treffen schiimme Nachrichten ein. Biele 
Menschen sind erfroren und der Viehstand ist schwer beschädigt 
vorden. 
Bermmischros. 
fKaiserslautern, 25. Jan. Dem Vernehmen nach 
vollen einige groͤßere Capitalisten hier noch eine zweite Actien⸗ 
zrauerei gründen und zu diesem Zwecke die Köhl'sche Brauerei 
zur Loͤwenburg“ zu dem Preise von 200,000 Gulden ankaufen 
Speier, 24. Jaa. Die Prufungscommission für Ein 
ährig Freiwillige hat für die 8. Infanteriebrigade ihren Sih 
in Speher und ist zusammengesetzt wie folgt: Ordentliche Mitglie⸗ 
der sind: 1. Major Carl Frhr. von Crailsheim des 5. Infanterie⸗ 
Regim. Geoßherzog von Hessen, 3. Commandeur des Landwehr⸗ 
bezuirks Speyer, Major Georg Veith, 83. Regierungsrath Hermann 
Wand, und 4. Regierungs-Assessor Theodor Pfender. Außerordent⸗ 
iiche Mitglieder sind: 1. Prof. Joh. Nep— Heel des Gymnafiums, 
2. Lehrer W. Dreser der Gewerbschule. (Sp. A.) 
FEs durfte fur unsere Leset von Interesse sein, zu erfahren, 
daß einer der Hauptgewinne der 8. Koölner Dombau⸗Pramien⸗ 
Zollekte, und zwar der von 5000 Thalern, einem in der Umgegend 
‚on Warendorf wobnenden ar nen Koͤtter (kleinen Pächter) zuge⸗ 
allen ist. Den glücllichen Gewinner hatte das Schichssal durqh 
Zrankheit von Frau und Sohn schwer betroffen. Dazn verendete 
m vergangenen Jahre seine einzige Kuh, und sein einziger Sonn⸗ 
agsrock nebst anderen KHleidungsstücken wurden ihm und den Sei— 
nigen durch freche Diebeshände entwendet. So ist denn also die 
aunenhafte Frau Fortuna, wir möchten fagen ausnahmsweise, 
inmal vernünftig gewesen. 
F Berlhin. Bekanntlich hat die Militärbehörde neuer⸗ 
ings der Luftschifffahrt, resp. ihrer Verwendung im Kriege eine 
zrößere Aufmerksamkeit zugewendet. Das Ingenieur⸗Comité dat 
‚emzufolge eine befondere Kommission erwählt, welche die Aufgabe 
hat, eingehende Versuche anzustellen, die sich namentlich auf die 
Zösuug des Problems von der Lenkbarkeit des Ballons erstrecken 
ollen. Wie wir hören hat diefe Kommission für diese Zwece 
inen besonderen Ballon anfertigen lassen, mit welchem in der ver⸗ 
lossenen Woche auf dem großen Pionnir Uebungsplatz hinter der 
dasenhaide mit demselben Fuͤllungsversuche angestellt worden sind. 
Diese Versuche haben ein durchaus günstiges Resultat ergeben. 
Fum Fruhjahr dürfte die die an dem Ballon zu befessigende 
SicuermasDine fertiggestellt sein, worauf die auf die Lenlbarkeit 
ezüglichen Verfuche vor genommen werden sollen. 
Berlin. Folgenden höchst merkwürdigen Borfall erzaͤhlt 
das, B. Fr. Bl.“ mit dem Bemerklen, daß ihm die Thatsachen 
»erbürgt werden: Vor ca. 12 Tagen erkranlkte das 11 Wochen 
lie Kind der 18 jährigen unverehelichten E. K. in der Bestraße, 
vahrscheinlich in Folge Erkältung dei der kurz vorher stattgefundenen 
ahte an Diaresde und besen Augen. Es war in Behandlung der