Hem „Extrablatte“ zufolge beziffert sich die
ahl der Opfer der Katastrophe nach Richtigstellung
r Vermißten auf 580 Personen. Die Publi—⸗
ztion dieser rektifizirten authentischen Liste, welche
isher noch nicht Statt gefunden, soll Abends er—
lgen.
Eine schauderhafte Episode, die sich beim Brande
Wiener Ringtheaters abspielte, wird der „Presse“
atgetheilt. Ein Rauchfangkehrer soll ins Haus
aeine Treppe gekommen sein und seinen Arbeiter
utgenommen haben, um vereint mit diesem Hilfe
leisten. Aber im Momente, als er vorwärts
ing, fühlte er sich von unzähligen Armen gefaßt.
nn Verzweiflung griff er zu seiner Kratze und hieb
ie Hände ab, die ihn gefaßt hatten, floh und
ettete sein eigenes Leben. Sein Gehilfe aher blieb
nden Armen Derjenigen, die er hatte retten
jollen und sollen und kam mit ihnen um's Leben.
An den Rettungsarbeiten im Ringtheater hat
ch auch die auf der Durchreise in Wien befind⸗
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ilow, betheiligt. Sie hat darüber folgende Mit—
eilungen gemacht: Ich fuhr einige Minuten nach
Uhr beim Ringtheater vor. Nachdem ich von
em schrecklichen Ereigniß Kunde erhalten, eilte ich
urch das Hauptportal und über eine Stiege in
as Innere des Theaters. Im ersten Stock kam
h an eine verschlossene Thür, an der ich immer
uͤtteln hörte. Da erschien ein ebenfalls zur Ret—
ing herbeigeeilter Mann und es gelang uns, die
Thür zu ösfnen. Eine Frau, mit einem Kinde auf
em Arme, stürzte heraus. Ich drang nun im
zinstern weiter vor und gelangte auf die erste
zalerie. Eine Frau eilte an mir vorbei und
ürzte zu Boden. Ich hob dieselbe auf und schüt—
este sie, bis sie wieder zur Besinung kam. Als
h ihr sodanu den Weg zur Thür zeigen wollte,
ilte sie mit dem Ausrufe: „Ich muß meinen
Nann und meine Kinder suchen!“ wieder zurück.
cinige Schritte neben mir arbeiteten zwei wackere
Nänner. Es waren Officiere. Sie waren damit
jchäftigt, mehrere übereinander liegende Menschrn
retten. Die Flammen beleuchteten den ganzen
neherraum. Von der dritten und vierten Galerie
„angen Verzweifelte in das Parquet. Ich
ilte in die zweite Galerie. Hier lagen bereits
deichen auf den Stiegen. Ich erfaßte eine
erselben, schleppte sie über die Stiegen und seßt,
ngefähr eine Viertrlstunde das Rettungswerk fort
is plötzlich ein brennendes Stück Holz auf mich
sel und mir an der rechten Schulter eine Brand⸗
unde beibrachte. Ich eilte hinab doch im ersten
dange wurde mir der Ausgang über die Stiegen
amöglich, da mir die Flammen bereits entgegen⸗
hlugen. Ich mußte den Weg durch's Fenster auf
ae Straße nehmen. Ich habe den russisch-türki—
chen Krieg mitgemacht, während desselben jedoch
eine derart aufregende Scene erlebt.
Der „Tribüne“ wird von einem ihrer Corre⸗
jondenten über den Brand des Ringtheaters zu
dien unterm 10. Dez. geschrieben: Fin Bild des
entsetzens bietet heute das zur Ruine niedergebrannte
ingtheater, das vor kaum vierundzwanzig Stunden
as lebensfrohe Wien in seinen herrlichen Räumen
arg. Die vorletzte Vorstellung, eine Matinee zum
jesten der Wittwen und Waisen der Polizeibeam⸗
u, welche um *21 Uhr stattfand, galt dem Zwecke,
chränen Unglüdllicher zu stillen, — sechs Stunden
väter flammten riesige Feuersäulen aus dem Dache
es Theaters zum Himmel auf, die Hülferufe von
underten der Zuschauer, welche nicht mehr in's
reie gelangen konnten, machten der nach tausenden
ihlenden Menge vor dem Theater das Blut er—
arren, und heute schluchzen zahllose Menschen um
ce ihnen auf so grauenvolle Art entrissenen
heuersten, zahllose Wittwen und Weisen weinen
ren Ernährern bittere Thränen nach. Es läßt
i im Augenblicke, wo von Neuem die Flammen
us den Fenstern des oberen Stockwerkes des The—
ters züngeln, noch ebensowenig die Zahl der Opfer,
nie die wirkliche Ursache der Katastrophe bestimmen,
viel steht fest, daß das Theater am Schotten⸗
inge zur Morgue geworden ist, aus der stündlich
eue fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannte und
drückte Leichen an das Tageslicht gefördert werden.
der Brand hatte mit Gedankenschnelligkeit das
mze Gebäude so erfaßt, daß es ein Flammen—
erd geworden war und, dem Vesuve gleichend, aus
inem Krater auf Straßenweite brennende Stoffe
ler Art schleuderte. Ihr Correspondent, welcher
ei Straßen hinter der Unglücksstätte wohnt, glaubte,
Haus stände in Flammen, denn plötzlich ergoß
in den Mittel- und Seitenhöfen ein Regen
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prühender Funken, glimmender Stoffe und Holz⸗
tücke, so daß die Bewohner an ihre Rettung und
Flucht dachten. Das furchtbarste Bild der ganzen
datastrophe aber entrollte sich gegen zehn Uhr Nachts.
Aus der Stadt, den Vorstädten und Vororten
PWiens waren Menschenschaaren herbeigeströmt, und
estürmten die bereits an der Brandstätte Anwesen⸗
en mit Fragen, ob und wie viele Opfer die Kata—
rophe gekostet habe. Die Antwort, welche amt—
iche Organe zu geben vermochten, lautete so, das
ie Hoffnung die erregten Gemüther belebte, es dürften
iur wenige Meuschenleben zu beklagen serin. Nur
u bald sollte diese Hoffnung die furchtbarste Ent—
äuschung erfahren. Der Ruf: „Plaßz! Platz!“
heuchte die dicht zusammengekeilte Menge ausein⸗
inder, und ein gespenstiger Zug durschritt die Reihen.
gon Sicherheitsmännern getragen und escortirt,
amen Bahre an Bahre, Karren mit verhüllten
zeichengruppen, Sanitätswagen mit Sterbenden und
rodten aus dem Gebäude der Polizeidirection, in
essen weitem Hofe bald nicht mehr Raum genug
var, um die Leichen neben einander zu legen, so
aß sie aufeinander geschichtet werden mußten. Der
rauenvolle Zug bewegte sich zum allgemeinen
frankenhause, in dessen Höfen und Todtensälen die
Ipfer der Katastrophe zur Agnoscirung ausgestellt
hurden. Da gab es kein Halten mehr, Weinend,
hreiend aus Verzweiflung stürzen sich Männer,
Frauen und Kinder auf die Bahren und Sanitäts-
bagen und rissen die Hüllen auf, um zu sehen,
b Einer der Ihrigen sich unter den Leichen und
ttöchelnden befinde Das Bild wird sich Jedem
ief ins Gedächtniß prägen, der Zeuge desselben
var; so gräßlich es aber auch war, es war leider
iur ein Vorbild des Gesammtbildes der Katastrophe
om Schottenring.
4 Es stellt sich heraus, daß an dem Wiener
Theaterbrand die Verwaltung eine große Schuld
rifft: Fünf Wasser⸗Wechsel oberhalb der Bühne
varen nicht geöffnet, der eiserne Vorhang nicht
erabgelassen, die Oel-Lampen auf den Gängen
icht angezündet, Alle Gänge und Rettungs-Pfade
varen unbeleuchtet. Die Bühne war bereits ein
zeuer⸗-Meer, als das Publikum auf der Galerie
lur eine Kenntniß vom Brand erhielt.
(Gas Wiener Ringtheater.) Wie
n Muͤnchener Künstlerkreisen erzählt wird, hat Herr
Irchitekt v. Schmädel vor einiger Zeit in einem
hortrag das so tragisch zu Grunde gegangene Wie—
ier Ringtheater (früher komische Oper) als das
rägnantesten Beispiel eines schlecht und feuersgefähr⸗
ich gebauten Theaters bezeichnet. Sämmtliche
zaͤnge des Baues waren krumm, unter denselben
efanden sich sogar Sackgassen. Nur auf diese
Weise ist die furchtbare Ausdehnung des Undlücks
u erklaären.
Wien, 12. Dez. Verschiedene in der Pro—
inz beheimathete Opfer des Theaterbrandes wur—
en heute mittelst Eisenbahn in ihre resp. Heimath
efördert, Alle in den nächsten Tagen im Schutte
orgefundenen Leichen und menschlichen Ueberreste
ommen sofort in Metallsärge und werden desinfi—
irt. Gestern und heute wurden Ueberreste gefun—
en, welche von sieben Personen herrühren dürften.
das Hülfscomitee des Gemeinderathes hielt heute
eine erste Sitzung, um über augenblickliche Maß—
ahmen zur Linderung der Noth zu berathen; das
somitee wird die Institute und Corporationen,
yelche Subscriptionen veranstalteten, zur Entsen—
ung' von Delegirten in das Hilfs-Comitee der
ztadt Wien einladen. Das Hilfsbureau wird am
dienstag früh eröffnet werden. Bei dem Bürger—
ieisteramte sind rund 134 000 fl. deponirt. Das
zilfs-Comitee der Stadt Wien erläßt einen Auf—
uf, worin dasselbe bekannt gibt, daß am Dienstag
essen Wirksamkeit beginnen wird und in Noth ge⸗—
athene Personen, eventuell deren Vormünder oder
zerwandte, auffordert, sich zu melden. Eine den
orhandenen Mitteln entsprechende schnelle Hilfe
odird ohne Rücksichtnahme auf Zuständigkeit geboten
oerden.
Die Kosten des Lebens unterhaltes
n den Ver. Staaten sind in den letzten zwölf Mo—
aten ganz außerordentlich gewachsen: abgesehen von
Niethen sind die Lebensmittel theils in Folge von
5peculation, theils durch die mangelhaften Ernten
zanz erheblich gestiegen. Nach einer Berechnung
er „Chicag. Tribune“ sind die Preise für Lebens—
aittel allein beim Verkauf im Großen durchschnitt-
ich um 24Procent in die Höhe gegangen, und
war zum Beispiel Schweinefleisch um 7, Schmalz
2, Weizen 40, Mais 68, Mehl 48, Butter 14
fFier 21. Kartoffeln 119, Aepfel 100 Vrocent
—AR
ioch womöglich ein größerer Procentsatz erhoben.
Zolche Preisschwankungen machen sich immer am
neisten bei den Arbeitern fühlbar, wo der größte
Procentsatz der Gesammteinnahme für die nothwen⸗
zigsten Lebensbedürfnisse verwendet werden muß,
ind leider dauern ihre Wirkungen dort auch am
ängsten an.
FLondon, 9. Dezember. Eine heute bei
der Börse eingelaufene Depesche meldet einen ern⸗
ten Unglücksfall in einer Kohlengrube bei Cockerill,
wobei 60 Menschen ums Leben gekommen seien.
Sterbfälle.
Gestorben: in Kaiserslautern Kathchen
T. d. Lokomotivführers C. Müller, in Speyer
yrau Anna Maier, 76 J. a.; in Dierbach
Foh. Heinrich Wilker, 69 J. a.; in Lambrecht
Tuchfabrikant Jakob Kölsch sen. 76 J. a.; in
deunkirchen Frau Apollonia Meßner, geb.
derrmann 65 J. a.; ebenda Wilhelm, 8
F. a. Sohn von Wilhelm Hermanny.
Neueste Nachrichten.
Essen, 12. Dez. Nach der „Essener Zeitung“
andte gestern eine zu Düsseldorf gehaltene General⸗
Bersammlung des Vereins deutscher Eisenhütten⸗
nänner folgendes Telegramm an den Reichskanz-
er: 300 hier versammelte Mitglieder des Vereins
»eutscher Eisenhütten-Männer danken Ew. Durch-—
aucht für die segensreich wirkende Wirthschafts⸗
zolitik, welche eine Wiederkehr besserer Zeiten für
WVerke und Arbeiter herbeigeführt hat.
Wien, 12. Dez. Heute Morgen fand im
„tephans-⸗Dom ein feierliches Requiem für
ie im Ring-Theater verunglückten Personen statt.
der Dom war ganz schwarz drapirt; ein Katafalk,
imgeben von exotischen Pflanzen, stand in einem
Neer von Lichtern. Die Kirche war überfüllt.
inter Vortritt der Geistlichen erschienen der Kron—
zrinz, die Erzherzoge, der gesammte Hofstaat,
ämmtliche Minister, die Mitglieder des Herren⸗
ind des Abgeordnetenhauses, der Gemeinderath, das
Ifficiercorps u. v. a. Der Bischof Angerer cele⸗
rirte die Todtenmesse. Die Mitglieder des Hof⸗
pern⸗Chores sangen Chorgesänge. Vor dem
dome, sowie in den einmündenden Straßen waren
iele tausend Menschen versammelt.
London, 12. Dezbr. Wichtige Docu—
nente und Pläne sind aus dem Ber—
liner Generalstabs-Archiv entwendet
worden.
Fur die Redaltion verantwortlich F. X. De meß
Offene Correspondenz.
Wiederholt nach M. Ich kann nicht begreifen,
vie sie noch im Unklaren sein können: Die Brücken—
unuer Lotterie ist nicht für die Bürger, sondern le⸗
ziglich zu Gunsten öffentlicher Gehäude, wie Kirche,
Pfarrhaus, Schulhaus, Krankenhaus ꝛ⁊c., welche Ge⸗
zäude s. Zt. durch die gräßliche Feuersbrunst zer—⸗
tört wurden.
Nenuutausend Exemplare sind bereits von dem
Autographen⸗Album des Deutschen Reiches „Aus Sturm
ind Roth“ verkauft worden, welches die Verlags-Handlung
des „Deutschen Familienblattes“ (J. H. Schorer) in Berlin
um Besten der Gejellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im
etzten Sommer herausgegeben hat. Der Reinertrag dieses
Verkaufs ergiebt eine ziemlich ansehnliche Summe fuür die
nenschenfreundlichen Zwecke unserer Rettungs-Gesellschaft,
und ihre Mannschaften, die braven Seeleute, welche nicht
achtend Weib und Kind, in den letzten Herbsistürmen so
häufig ihr Leben wieder für die vom Wasser Bedrängten
ruf's Spiel setzen, werden mit Freuden hören, daß die
Nation mit ihrer Sympathie hinter ihnen steht und daß
zuf alle Fälle für die Familien derer gesorgt wird, welche
inst nicht wiederkehren sollten.
Es bleibt aber noch genug zu thun übrig; zur Vermehrung
er Stationen und der Böte ist immer noch viel Geld nöthig.
Darum, wer sich eine doppelte Weihnachtsfreude bereiten
oill, der kaufe dieses interessante Album, welches alle ähn⸗
ichen Werke des Auslandes durch seine Vollständigkeit bei
deitem übertrifft. Ein reich gebundenes Exemplar lostet 7
Rark und ist in allen Buchhandlungen zu haben.
»Eine Kaiser-⸗Ausgabe auf gunz starkem Papier,
n größerem Format und mit zweifarbigem Druck bereitet
ie Verlagshandlung zu Weihnachten vor. Diese Ausgabe
vird nur in 450 Exemplaren gedruckt, wovon jedes einzelne
eine Nummer erhält. Der Preis der Kaiser-⸗Ausgabe in
esonders prächtigem Einband beträgt 25 Mark. Wir
athen mit den Bestellungen hierauf nicht zu zögern.