Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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san und Sonntags mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 —, einschließli 
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Bestellungen 
‚St. Ingberter Anzeiger“ 
für die Monate 
Mai und Juni 
ehmen fortwährend an: die Postanstalten, die 
sostboten, die Umträger und 
Die Expedition. 
Deutiches Reich 
Müuͤnchen, 30. April. In der gestrigen 
ↄntzung des Petitionsausschusses der Abgeordneten⸗ 
mer gelangte die Petition des Volksvereins 
zaiserslaulern, welche den Städten mit 31,500 
Feelen die Berechtigung zur selbstständigen Wahl 
netß Landtagsabgeordneten ertheilt wissen will, zur 
zeralhung. Referent Abg. Herz beantragte die 
leiche Behandlung dieser Petition wie bei der am 
8. Ifd. Mts. im Plenum besprochenen Petition 
et Stadtgemeinde Fürth, und sein Antrag auf 
notibirte Tagesordnung wurde vom Ausschuß ein⸗ 
immig angenommen. Ueber die Petition verschie⸗ 
ener Nagelschmiede und Einwohner der Pfalz um 
lbdaͤnderung des Hundesteuergesetzes und Einführung 
iner Minimaltaxe für die im Kleingewerbe der 
dagelschmiede verwendeten Hunde referirte Abgeord⸗ 
eset Richter mit dem Antrag auf Hinübergabe 
ieser Pelition an die Staatsregierung zur Wür⸗ 
igung. Der Antrag fand die Billigung des Aus⸗ 
jusses, von dessen Mitgliedern besonders die Ge- 
zesbestimmung, wonach ausnahmslos alle Hunde, 
uch die nothwendigen und unentbehrlichen. wenn 
e durch Verlust oder Tod im Lauf eines Jahres 
urch neue ersetzt werden müssen, immer von Neuem 
er Besteuerung unterliegen, als empfindliche, einer 
lenderung bedürftige Härte bezeichnet wurde. 
München, 1. Mai. Gestern Nachmittags 
alb 5 Uhr hat in den Zimmern des Praäsidenten 
er Kammer der Abgeordneten die von uns ange⸗ 
indigte Besprechung über die Lage der kgl. Cwil⸗ 
iste ftattgefunden, zu welcher sümmtliche Staats- 
iinister, das gesammte Direktorium der Kammer 
er Abgeordneten und die Vorstandischafien der 
eiden Fraktionen erschienen waren. Die Besprech⸗ 
ing währte bis gegen 8 Uhr Abends. Ein Beschluß 
jurde nicht gefaßt. Soviel wir indessen hören, 
esteht unier den liberalen Abgeordneten, soweit sie 
nn dem Stande der Dinge Kenntniß haben, Ge— 
ꝛeigtheit, Mittel und Wege zu finden, um die 
chwierigkeiten der Kabinetskasse, jedenfalls aber 
hne Belastung des Landes, zu heben. Von ultra⸗ 
iontaner Seite jedoch wird mit Entschiedenseit zur 
eit einer Regelung der Dinge mit Zuziehung der 
andesvertretung widersprochen. Ueber die Einzeln⸗ 
eiten der gestrigen Verhandlung, die sehr inlime 
lngelegenheiten berührte, wird strenges Stillichweigen 
XR 
Karlsruhe, 1. Mai. Die zweite General⸗ 
ersammlung des „Deutschen Kolonialvereins“ wurde 
eflern Mitiag um 11 Uhr in Anwesenheit des 
roßherzogs bom Fürsten Hohenlohe eröffnet und 
ib derselde eine Nebersicht Uber den jetzigen Stand 
e Kolouialfrage und der Aufgaben des Vereins, 
atunter sei besonders das Auswanderungs⸗ und 
disionswesen zu berücksichtigen. Der Großherzog 
nabschiedete sich gegen halb 2 Uhr mit dem Aus⸗ 
Dienstag, 4. Mai 1886. 
21. Jahrg 
druck des Dankes und der warmsten Anerkennung; 
Prinz Wilhelm von Preußen sei jetzt zum Besuche 
n Karlsruhe, ihm werde es beschieden sein, ein 
entwickeltes deutsches Kolonialreich zu leiten, wie 
vir es jetzt erstreben. Im Anschluß an diese Be⸗ 
nerkung, die siürmisch begrüßt wurde, brachte der 
hroßherzog ein Hoch auf den Kaiser aus. Fursi 
hohenlohe forderle hiernach die Versammlung auf, 
em Großherzog ein Hoch auszubringen, was ebenso 
egeistert geschah. Es wurden sodann folgende 
tesolutionen beschlossen: 1) Die bestehenden han⸗ 
elsrechtlichen Normen find zu Kolonialzwecken un⸗ 
jeeignet; es bedarf neuer Rechtsnormen, welche 
zußerhalb des Aktiengesetzes die Begründung von 
Besellschaften mit beschränkter Haftbarkeit der Mit⸗ 
ztieder gestatten. 2) Errichtung einer überseeischen 
Zank zur Unterstützung des Ausfuhrhandels wird 
us Foͤrderungsmittel zur Vermehrung unseres 
ransatlantischen Verkehrs angesehen. 8) Die 
Wahrung gegen die massenhafte Einfuhr von 
granntwein in deutsche Schutzgebiete, namentlich in 
Westafrika, wird als nothwendig erklärt sowohl im 
Interesse der Bevölkerung dortselbsi, als auch des 
Fin⸗ und Ausfuhrhandels selbst. Die Einfuhr von 
Waffen und Munition wird als kolonialpolitische 
Frage hingestellt, die auf verschiedenen Gebieten 
verschieden behandelt werden müsse. 
Berlin, 2. Mai. Eine Note des Kardinol⸗ 
jaatssekretärs Jakobinmi, welche gestern vom 
kultusminister dem Abgeordnetenhause mitgetheilt 
vorden, lautet in deutscher Uebersetzung: „Aus den 
hemächern des Vatikans, 25. April: Nachdem der 
interzeichnete Kardinalstaatssekretär die ihm von der 
reußischen Regierung als Antwort auf die letzte 
Note des Heiligen Stuhles übergebene Note vom 
283. ds. Mis. zur Kenntniß Seiner Heiligkeit ge⸗ 
racht hat, beeüt er sich, Eurer Exzellenz folgendes 
nitzutheilen: Mit wahrer Genugthuung hat der 
seilige Vater vor allem erfahren, daß der Vorschlag 
es Heiligen Stuhles, eine weitere Revision der in 
er gegenwärtigen Vorlage nicht in Betracht gezo⸗ 
jenen Gesetzesbestimmungen vorzunehmen, seitens 
— 
iung aufgefaßt worden ist, welcher dazu diene, den 
eligivsen Frieden vollständig herzustellen. Die dem 
Zeiligen Stuhl gemachte Zusicherung, zu dieser Re⸗ 
ision zu schreiten und in solchem Sinne eine neue 
besetzvorlage an die Kammer zu bringen, konnte 
aher Seiner Heiligkeit nicht anders als erfreulich 
ein. Ebenso ist der im Herrenhause für die neue 
hesetzesvorlage mit den betreffenden Amendements 
erzielte Erfolg ein Gegenstand der Befriedigung für 
zie erhabene Absicht Seiner Heiligkeit gewesen, und 
eshalb, um seine hohe Werthschätzung der oben 
ingegebenen Vorgänge zu konstatiren, wie auch, um 
der preußischen Regierung einen neuei und beson⸗ 
eren Beweis seines Vertrauens und seiner Will—⸗ 
ahrigkeit zu geben, hat der Heilige Nater den un 
erzeichneten Kardinalstaatssekretär ermächtigt, der⸗ 
elben Regierung mitzutheilen, daß es seine Absicht 
ei, daß die Anzeige für die gegenwärtig vakanten 
Bfarreien schon von jetzt ab beginne und daß sie 
ohne Verzögerung erfolge. Wenn Euer Erxzellenz 
Ihrer Regierung die gegenwärtige Mittheilung macht, 
jo werden Sie nicht unterlassen, den besonderen 
Werth derselben hervorzuheben, namentlich in Be— 
iehung auf die Herbeiführung des definitiven reli— 
zjiösen Friedens. Der Unterzeichnete benutzt ꝛc 
gez.) L. Kard. Jakobini.“ 
Berlin, 3. Mai. Die Bischöfe von Hildes⸗ 
seim, Limburg und Osnabrück zeigten im Auftrage 
des apostolischen Stuhles dem Oberpräfidenten die 
Absicht an, die vakanten Pfarreien zu besetzen und 
theilten die Namen der hierfür in Aussicht genom⸗ 
menen Kandidaten mit. 
Berlin, 3. Mai. Der Unterstaatssekretär 
Braf Bismauc und der englische Botschafter 
Sir Edward Malet vereinbarten Namens Deutsch⸗ 
iands und Englands am 6. April behufs Abgrenz 
ung der deutschen und der englischen Machtfhpare 
m westlichen Stillen Ozean eine Grenzlinie, welche 
von einem Punkte in der Nähe von Mitre⸗Rod 
an der Nordostküste Neu Guineas, unterm 8. Grade 
üdl. Breite ausgehend, die Salomon⸗Inseln durch ⸗ 
chneidet, sodaß die drei größern noöͤrdlichen Insein 
Bougainville, Choiseul und Isabel Deutschland 
»erbleiben, worauf sich die Linie nordöstlich zu den 
Marschall-Inseln wendet. Deutschland und Eng⸗ 
and verpflichten sich gegenseitig, in demjenigen 
Theile des Stillen Ozeans, welcher diesseits oder 
jenseits gedachter Theilungslinie liegt, alle frühern 
Bebietserwerbungen oder Schutzherrschaften aufzu⸗ 
zeben und weder neue Gebietserwerbungen zu 
machen, noch der Ausdehnung des deuischen resp 
englischen Einflusses entgegenzutreten. Auf Samoa 
Tonga und die Niue-Inseln findet diese Abmach⸗ 
ung keine Anwendung. Diese bleiben wie bisher 
neutrales Gebiet. 
Deutschland und England vereinbarten ferner 
am 10. April kine Erklärung über gegenjeilige 
Freiheit des Handels und Verkehrs in den deutschen 
und englischen Besitzungen und Schutzgebieten im 
westlichen Stillen Ozean, wonach die Schiffe beider 
Staaten gegenseitig die gleiche Behandlung sowohl 
wie die Behandlung als meistbegünstigte Nation genie⸗ 
zen. Entscheidungen über stre tige Landausprüche sollen 
durch hierfür von beiden Regierungen zu ernennende ge⸗ 
nischte Kommissionen erfolgen. Die Einrichtung von 
Strafniederlassungen soll nicht stattfinden. Die 
Kolonieen, welche bereits vollständig eingerichtete 
Regierungen mit legislativen Körperschaften haben, 
sind in diese Erllärung nicht einbezogen. 
— 
Ausland. 
Bern, 2. Mai. Das neue Impfgesetz. welches 
den Impfzwang anordnet, wurde mit 28,606 gegen 
26,215 Stimmen abgelehnt. 
Paris, 2. Mai. Das „Journal ojfiziel“ 
oeröffentlicht das Dekret betreffend die auf den 10. 
Mai festgesetzte Substription auf die neue Anleihe 
von 504 Millionen Francs dreiprozentiger Rente. 
Der Emissionspreis für 3 Francs Rente ist 79,80 
Francs, welche in vier Raten zu zahlen sind, und 
zwar mit 15 Francs am Tage der Subjkription, 
und mit je 21,60 Francs am 1. Juli, am J. 
Oktober d. J. und am 1. Januar 1887. 
London, 2. Mai. Die Großmächte beschlossen, 
die griechische Note unbeantwortet zu lassen. 
London, 8. Mai. Griechenland etließ heute 
die Ordre bezüglich der Abrüstung. 
Petersburg, 2. Mai. Das „Journal de 
St. Poétersbourg“ bespricht die in der Autwort auj 
das Ultimatum enthaltene Aeußerung der grirch⸗ 
ischen Regierung, daß dieselbe zu einer graducllen 
RFeduktion des Effektivbestandes nur in Fristen 
chreiten werde, wie sie für eine solche Maßregel 
durch die unerläßliche Vorsicht geboten erscheine, 
und bemerkt dazu: Es sei gewiß, daß die Maͤchte 
auf diese unerläßliche Vorsicht Rüdsicht nehmen 
werden, aber dieselben müssen ebenso fordern, daß