Full text: St. Ingberter Anzeiger

Italien. 
Aus Rom erfährt die Kreuzz., daß die Frage der Einladung 
der weltlichen Fürften zum nächsten Concile soweit gediehen sei, 
daß beschlofsen wurde? daß über die Kinladungen erst im nächften 
Jahre entschieden, Napoleon auf jeden Fall, Victor Emanuel auf 
Jeinen Fall eingeladen werden soll. 
Florenz, 16. Aug. Die „Italie“ von Neapel vom 12 
meldei, daß den Tag und die Nacht zuvor in Resina eine große 
Anzahl Verhaflungen vorgenommen worden waren. Die behufs 
Unlerdrückung des Tumultus herbeigeeilte Truppenmacht bestaud 
us einer lleinen Anzahl von Portici gesandter Soldaten und 
Tarabiniers zu Pferde von Torre del Greco. — Der „Pungolo“ 
don Neapel behauptel, unter den in Resina verhafteten Pecsonen 
befinde sich der Major der Nationalgarde. Diesem Blatte zufolge 
hetrüge die Zahl der Verhafteten an 150. — Man meldet der 
Itaue“ aus Ravenna, daß die dortige Bevölkerung durch die 
Schandthaten der Briganten, in der Umgegend in Angst und Schre⸗ 
ken versetzt ist. — Man liest in der „Riforma“: General Gari⸗ 
haldi schreibt uns von Caprera, um uns zu bitten, öffentlich sei— 
nen Wunsch zur Kenntniß zu bringen, nicht mehr auf seiner Insel 
Besuche zu erhalten. Er wünscht auch, daß wir hinzufügen, das 
schließe durchaus nicht seinerseits die Absicht ein, auf das politische 
deben verzichten zu wollen, oder bereits darauf verzichtet zu haben 
wie man das kürzlich ohne allen Gruud in einer englischen Publi⸗ 
cation ungegeben haite. Garibaldi will der ihm so heilsamen Ruht 
auf Caprera genießen und nicht in seinen eigenen Beschäftigungen 
und seinen Gedanken gestört werden. Das ist die ganze Sache. — 
Die „Italie“ meldet wieder von vier Desertionen aus dem päst⸗ 
lichen dLager von Rocca di Papa. Die Deserteure geben als Grund 
hrer Desertion an: daß die päpstliche Regierung ihre Ver⸗ 
pflichtungen nicht erfülle, und namentlich das bedungene Hand⸗ 
geld nicht zahle. 
zlorenz, 190. Aug. Das Schlußprotokoll zum franzö 
sisch⸗ialienischen Vertrage vom 7. Decbr. 1866 betreffs Italiens 
Antheil an der päpstlichen Schuld ist jetzt veröffenilicht. Das 
Prolololl, unterzeichnet am 81. Juli 1868, setzt Italiens An 
cheil an stäͤndiger Schuld auf —2 Fr. und seinen Antheil 
m abloslicher Schutd auf 10,689,000 Fr. fest. Alle streitiger 
Frahen, welche sich noch erheben können, werden durch Vermittel 
ung der französischen Regierung geordnet. 
— Die von Lamarmora veröffentlichte neue Schrift über 
den Feldzug von 1866 wird von den liberalen Blättern schars 
zritisirt. — Der Erzbischof von Paris wird, wie ‚man“ ver 
sichert, bei dem im Sept. stattfindenden Consistorium zum Cardi⸗ 
nal ernannt werden. 
Spanien. 
Madridi, 18. August. Es scheint eine Minister krisi 
m Anzuge. zu sein; auch der Kriegsminister reichte sein Entlas 
jungsgesuch ein. 
Amerika. 
New-Yotk, 1. Aug. Im Westen und Südwesten der 
Vereinigten Staaten gehört Lynchjustiz noch immer zur Tagesord⸗ 
nung. Gestern wurden in Memphis im Staate Tenessee zwei 
Pferdediebe den Händen der Polizisten mit Gewalt entrissen und 
sofort gehängt; die Henker befestigten Placate an die Koͤrper der 
Behängten, welche die Inschrift trugen: „Pferdediebe, gehangen 
don eiñner entrüsteten Menge.“ In Jacinto, Missisippi, holte der 
Pobel einen Räuber aus dem Gefängnifse und hängte ihn. In 
Indiana wurden vor kuzem 6 Mitglieder einer Räuberbande an 
ein und demselben Baume aufgehangen. 
New⸗York, 8. August. Nach einem Bericht des Gou⸗ 
berneurs Louffiana haben sich in diesem Staate bewaffnete Ban⸗ 
den gebildet, welche die Republikaner (d. h. die Anhänger der 
Union) ermorden oder vertreiben. Es sollen bereits 150 Mord 
—EV hat Militär requirirt. 
um den Unordnungen steuern zu können, wogegen ein Mitglied 
der demokratischen Partei der Legislatur beantragte, die Angaben 
des Gouverneurs für unbegründet zu erklären. — Aus Mexice 
Dird wieder einmal eine Empörung gemeldet; sie soll in Vara-Cruz, 
wo das gelbe Fieber herrscht, ausgebrochen und von Dominguez 
geleitet sein. — In der Havanna ist die Cholera völlig erloschen. 
In S. Domingo breitet sich die Revolution weit aus, und 
man glaubt an die baldige Vertreibung des Präsidenten Casz. 
Schwurgerichtssitzung. 
— II. Quartal 1868. 
—Zweibrückn, 19. August. Verhandlung gegen Wilhelmn 
Degünther, lediger Dienstknecht von Harxheim, wegen Mordes 
geriheidiger Herr Rechtscandidat Erxbelding. Der Angeklagte, 
velchem bis jetzt ein nicht ungünstiger Ruf zur Seite stand, trar 
im 8. Juni 1867 bei dem Ackerer Dinger in Wachenheim a. d 
Pfrimm in Hessen in Dienst. An Weihnachten darauf lernte er 
die kurz vorher bei dem Vaier seines Dienstherrn eingetretene 
Maria Muller von Dalsheim in Hessen kennen, welche Belannt⸗ 
chift nach kurzer Zeit zu einem intimen Verhältnisse und der 
Zchwangerschaft der Müller führte. Der Angeklagte glaubte in 
letzierer Zeit die Wahrnehmung zu machen, daß die Zuneigunz 
einer Geliebten erkalte, er bewachie eifersüchtig alle ihre Schritt 
is er endlich nach seiner Behauptung zu! der Ueberzeugung ge⸗ 
langte, datg fie mit dem Enkel ihres Dienstherrn Umgang pflege, 
ine Anficht, die wohl nur durch den Um and unterstützt wird, 
daß derjelbe im verboten hatte, in den Stall seines Großvaters 
zu gehen, wenn die Müller dort sei. Thatsache ist, daß die Mül— 
er In Monaie Juni sich gänzlich vom Angeklagten zurückgezogen 
atte und trot seiner Vorsiellungen in eine Fortsetzung der Be⸗ 
unntschaft nicht einwilligen wollte, angeblich, weil ihgre Eltern 
nicht damit einverstanden seien. Am gochmittag des 25. Juni 
. Is. war die Maria Müller in einem nur 10 Minuten vom 
Dorfe Möolsheim entfernten Weinberge ihres Dienstherrn mit drei 
Weibspersonen mit Laubschneiden beschäftigt. Um etwa 2 Uhr 
am der Angeklagte mit einer schweren Hacke in den erwähnten 
Weinberg und schlug der Müller mit solcher Gewalt auf den Rü⸗ 
ken. daß sie zu Boden stürzte, sie erhob sich rasch wieder und 
u hte, um weiteren Mißhandlungen zu entgehen, zu entflichen. 
Der Angeklagte sprang ihr nach und versetzte ihr im Laufen mit 
der Hace zwei Schläge von hinten auf die linte Seite des Kop⸗ 
ies mit solcher Kraft, daß die Müller sofort zusammenbrach und 
augenblicklich ihren Geist aufgab. Während des ganzen Vorfalls 
hat der Angeklagte kein Wort zu der Getödteten gesprochen und 
r einem in nmnntelbarer Nähe befind!i hen Mädchen, welches um Hilfe 
ief, zugerufen, wenn sie nicht ruhig sei, mache er es ihr ebenso. 
Darauf entfernte sich der Angellagte mit den Poren Da liegt 
es das schlechte Mensch, geht hin und zeigt mich der Polizei an,“ 
kleidete sich in der Wohnung seines. Dieustherrn um, und begab 
sich dann nach Harrheim, wo er sich bei einem Bekannten ein 
Messer holte, angeblich um einen einen Stock zu schneiden. Dann 
zing er. nach seiner eigenen Aufstellung wieder an den Ort, wo 
er die Muller erschlagen, zurück und wurde gegen 9 Uhr Abends 
auf bayerischem Gebiete verhaftet. Bei seiner Verhaftung gestand 
er die That umständlich ein mit allen Details, wie sie später durch 
die Zeugen festgesiellt wurden, und setzte hinzu: „Er bereue die⸗ 
selbe nicht, wenn die Müller noch lebe, so würde er sie umbrin⸗ 
gen.“ Erst am nächsten Tage weinte er und sprach den Wunsch 
zus, mit der Leiche der Muͤller gehen zu dürfen. Auch heute 
jelll der Angeklagte die Tödtung der Müller nicht in Abrede, be⸗ 
Jauptet jedoch, er habe nicht die Absicht gehabt, sie zu tödten. 
Die Vertheidigung machte geltend, es sei zwar erwiesen, daßz 
der Angeklagte die Maria Müller getödtet habe, allein es sei nicht 
nachgewiesen, daß diese That mit überlegtem Entschlusse und in 
der Absicht zu tödten verübt worden sei. Der Angellagte habe in 
Folge der Eifersucht und des Zornes über die Untreue seiner 
rüheren Geliebten sich in einem Zustande befunden, welcher es 
hin unmöglich gemacht habe, ruhig und klar zu überlegen, was 
x thue; sein Entschluß sei nicht das Resultat reiflicher. kalter 
leberlegung und ruͤhigen Nachdenkens gewesen. Dies müsse auch 
aus den Umständen, unter welchen die That verübt, und dem 
Benehmen des Angeklagten vor, bei und nach der That geschlofsen 
verden; ebenso sei die Absicht zu tödten nicht erwiesen, da der 
Angeklagte die Müller nur züchtigen wollte für ihre Untreue. Je⸗ 
denfalls habe er sich im Zustande der geminderten Zurechnungs⸗ 
fähigkeit befunden. Der Angeklagte wurde des Mordes für schul⸗ 
dig erklärt und zu lebenslänglichem Zuchthaufse 
verurtheilt. 
Zweibrücken, 20. Aug. Anklage gegen Anna Steil, 
24 Jahre alt, ledige Dienstmagd von Roßbach, wegen Kinds— 
mordz. Nach dem Geständnisse der Anz;klagten und demsdamit 
übereinstimmenden Resultat der Verhandlung hätte dieselbe schon 
an verflossener Weihnacht gemerkt, daß fie in andern Umständen 
sei, diesen ihren Zustand aber Jedermann verheimlicht, auch nichts 
zum Empfang des Kindes hergerichtet. Erst am 24. Juni abhin, 
als sich die Wehen eingestellt, hatte die Angeklagte ihre Mutter 
ins Vertrauen gezogen, die ihr Vorwürfe hierüber machte und im 
Unwillen das Zimmer verließ. Kurz darauf kam das Kind, 
ein Mädchen, zur Welt, das die Angeklagte sofort aufhob, an den 
heiden Beinchen faßte und mit dem Kopf an die Langseite des 
Bettes anschlug, bis es todt war. Da trat gerade deren Mutter 
ins Zimmer und äußerte, als fie das toote Kind sah, sofort den 
Berdacht, daß es umgebracht worden sei, faud sich jedoch auf Er— 
juchen ihrer Tochter nach einigem Streiben bereit, die Leiche in 
hrem Gärtchen zu begraben, wo es später bei der Untersuchung 
ufgefunden wurde. Der ärztliche Befund constatirte, daß das 
ꝛZind ein vollständig lebensfähiges gewesen sei, nach der Geburt 
noch gelebt habe, aber nach derselben dutch Zertrümmerung der