Full text: St. Ingberter Anzeiger

wie die gestrigen officioͤsen Blätter es uns glauben machen woll— 
ten. Man bemerkt die häufigen Conferenzen zwischen Herrn v. 
Mous tier, Lord Lyons und Fürst Metternich. Es heißt, 
eine Concentration österreichischer Truppen an der serbischen Grenze 
stehe bevor. Die englische Regierung habe anbefohlen, ihre Koh— 
lenvorräthe in Malte beständig complet zu erhalten und beabsich 
tige dort sowie in Gibraltar eine Flotte von Kanonenbooten zu 
bilden. Auch die französische Marine setzt Alles in den Stand, 
um in wenigen Stunden nach dem ersten Alarm die Anker lichten 
zu können. 
England. 
London, 8. Febr. Der ‚Globe“ bestätigt die Nachrich: 
vom Rücktritt des nordamerikanischen Gesandten Herrn, Adams 
welcher wahrscheinlich Anfangs April England verlassen wird. — 
Die aus Newyork eingetroffene Post vom 29. Jan. enthält die 
Nachricht, daß das Repräsentantenhaus eine Bill angenommen 
hat, welche die Legislaturen der einzelnen Staaten ermächtigt, 
die Actien der Nationalbanken zu besteuern. — Santa Anna ist 
aus Havanna ausgewiesen worden. 
Cork, 7. Febr. Der notorische Fenierhaͤuptling Makah 
ist verhaftet worden; bei seiner Verhaftung verwundete er einen 
Polizei ⸗Agenten. Widersetzliche Pöbelhaufen, welche die Verhaf⸗ 
tung Madah's verhindern wollten, wurden von bewaffneter Po— 
lizeimannschaft auseinander getrieben, wobei mehrere Personen 
verwundet wurden. — 
Southampton, 9. Febr. Der Dampfer „Weser“ ist 
hier eingetroffen und bringt folgende Nachrichten aus Newyorl 
vom 30. Jan.: Die Convention von Louisiana nahm eine Bill 
an, wonach allen Congreßmitgliedern und Mitgliedern der Legis⸗ 
bative, sowie allen National- und Staatsbeamten, welche an der 
Rebellion Theil nahmen, das Wahlrecht entzogen wird. — Die 
Convention von Connecticut erklärte in einer Resolution, daß sie 
Johnson's Politik billige, die Haltung des Congresses jedoch ta⸗ 
deln müsse. — Gestern hat in Chicago eine große Feuersbrunst 
stattgefunden, welche einen Schaden dvon drei Millionen Dollars 
anrichtete. 
Irtalieu. 
Rom, 5. Febr. Prinz Iturbide, der Adoptivsohn des 
Kaisers Maximilian, ist als gemeiner: Dragoner in die päpstliche 
Armee eingetreten. Er bezieht e ine Pension von 50,000 Francs 
bon dem Kaiser von Oesterreich, der ihn zu seinem Adjutanten 
hatte machen wollen. .. * 
Amerika. 
Wafshington, 27. Jan. Vorgestern übergab der preu— 
ßische Gesandte, Baron Gerolt, dem Präsidenten Johnson sein 
neues Beglaubigungsschreiben als Gesandter des Norddeutschen 
Bundes und hielt dabei eine Ansprache, auf welche der Präsidenf 
erwiderte: 
„Baron Gerolt! Ein sonderbares Factum in Preußens Ge— 
schichte verdient bei dieser Gelegenheit Beachtung. Es hieß, daß 
nachdem Preußen im Jahr 1807 Frieden erlangt hatte, mit Ver— 
minderung seines Territoriums und Verlust seines politischen Ein⸗ 
flusses, der König einen Lehrer des Volkes, Fichte, aufgeforder! 
habe, ihm zu rathen, ducch welche Mittel die preußische Regie 
rung ihr früheres Prestige wiederherstellen koönne. Nach langer 
Ueberlegung erwiderte jener, daß der Tempel deutscher Unabhaän 
gigkeit jetzt von Grund aus wieder aufgebaut werden müfse, daf 
der alte Stamm der Freiheit verwittert und von dem Orcan, der 
jüngst über ihren Häuptern getost habe, hinweggeschleudert worden 
sei, daß ein neues Wachsthum eintreten müsse, einer tieferen 
Wurzel entkeimend, beseelt von einem neuen Strome. Da⸗ 
Mittel, das er zu diesem Zwecke anführte, war die Errichtung 
einer Schule für höhere Bildung in Berlin, frei von den Mäm 
zeln der alten Universitäten, von wo aus, als dem geistigen 
Herzen des gesammten Volkes, ein Strom von Leben und Ene 
gie sich durch ganz Deutschland ergießen könnte. Der Rath 
wurde angenommen und seither stets practisch befolgt. 
„Sie Baron, werden, besser als ich, die Wahrheit in Bezug 
auf das eben erwähnte Ereigniß kennen. Sicherlich aber ist es 
nicht blos die neue Etablirung des Königreichs Preußen auf 
festeren Grundlagen als bevor, was uns heute zusammenführt, 
sondern auch ein großer Fortschritt auf die Einigung des deut⸗ 
schen Volkes zu. Bei uns ist es immer ein Grundsatz gewesen 
daß Intelligenz und fstricte Beobachtung des constitutionellen Ge. 
setzes für eine freie Regierung wesentlich sind, und in Deutsch 
iand hat es sich gezeigt, daß dort allgemeine Bildung ein Ele— 
ment der nationalen Einigung und Kräftigung ist. 
„Ich wäre nicht im Stande, Ihnen ein Willkommen in 
Ihrer neuen und erhöhten Stellung als Gesandter der norddeut⸗ 
schen Union zu versagen, ohne den Gefühlen des gesammten 
amerikanischen Volkes Gewalt anzuthun. Sie waren, wenn auch 
auch nicht der einzige, so doch der hervorragenste fremde Reprä⸗ 
sentant hierselbst, dessen Wünsche, Rathschläge und Arbeiten be— 
ständig und /ohne Furcht, während unseres Bürgerkrieges, der Sache 
der Verwaltung und der unzerstörbaren Einigkeit der Vereinigten 
Staaten von Amerika zu Gute kamen: Versichern Sie Ihren 
seönig und das Volk Deutschlands, daß sie steis auf die schätzens⸗ 
werthe und sympathische Freundschaft von Regierung und Volk 
in den Vereinigten Staaten zählen können. Und Sie selbst, 
Baron, bleiben Sie versichert, daß die Hochschätzung, welche wir 
immer für Sie gehegt, nicht abnehmen wird. Wenn solch ein 
Unglück fich ereignen sollte, würden wir versucht werden, an der 
Möglichkeit eines Vertrauens zwischen Staätsmännern und auf- 
geklärten Nationen zu verzweifeln.“ 
u 
Vermi schttes. 
f Kaufbeuern, 7. Febr. Ein grauenereegendes Ver— 
brechen drüdtt seit heute Morgens auf die Gemüther der Bevöl— 
kerung. Gegen 791 Uhr Morgens sahen Vorübergehende aus 
dem Hause des Privatier und vormahligen Geranten der hiesige 
Baumwollspinn⸗ und Weberei Hrn. Schrader aus den noch ge⸗ 
schlossenen Fensterläden Rauch herausdringen, Da auf Läuien 
der Hausglode nicht geöffnet wurde, schlug man das in den Hof⸗ 
raum führende Thor ein, öffnete die hintere nur in der Schnalle 
liegende Hausthür und sah Hrn. Schrader, dessen Frau und die 
Köchin Babette Deeg ermordet in der untern Hausflur liegen. 
Der Anblick war so schauderhaft, daß er sich jeder Beschreibung 
entzieht. Sämmtliche drei Personen waren angekleidet und tragen 
die Spuren arger Gewaltthat. Die Koͤchin lag da mit durch⸗ 
schnittenem Halse unv ausgerissenem Haarzopfe. Hr. Schrader 
und seine Frau trugen weit klaffende Wunden am Zopfe, wahr⸗ 
scheixlich mit einem Beile beigebracht, die Augen aus dem Kopfe 
hervorgetreten. Frau Schrader soll noch die letzten Lebenszuck⸗ 
angen von sich gegeben haben. Aus dem daneben liegenden Lo- 
kal früher als Kuͤche, jetzt als Holzlege benützt drang Feuer und 
Rauch entgegen. Nach Ällem zu schließen, wurde der dreifache 
Mord bereits gestern Nachts gegen 8 Uhr verübt, indem einem 
Manne, welcher um halb 9 Uhr eine Depesche überbringen wollte, 
nicht mehr geöffnet worden war; hiefür spricht insbesondere der 
Umstand, daß die Ermordeten angekleidet waren und in der Küche 
noch das Nachtessen der Köchin siand. Man glaubt allgemein, 
daß zuerst die Köchin erschlagen wurde und die auf deren Hilsfe- 
ruf herbeigeeilte Herrschaft sodann unter den Streichen der frechen 
Mörder gefallen sind und daß Letztere sodaan, um die Spuren 
des Verbrechens zu vertilgen, das Haus in Brand gesteckt haben. 
Daß der Brand nicht früher als erst heute Morgen in lichterlohen 
Flammen ausgebrochen ist, wird dem Umstande zugeschrieben, daß 
das Lokal, in dem der Braud gelegt wurde, zu wenig Luftzug 
hatte. Daß es den Mördern zunächst nur um Beraubung des 
Hrn. Schrader, welcher zu den reichsten Bürgern dahier zählte, 
zu thun war, wird nicht bezweifelt. Wir konnten jedoch nicht 
erfahren, in wie weit ihnen die Ausführung dieser Abficht ge⸗ 
lungen ist. Von den Thäteru hat man noch keine Spur. 
F In Darmstadt ist eine der Vergiftung ihres Mannes ver⸗ 
dächtige Bürgerfrau am 7. Febr. verhaftet worden. 
FSaarbrücken, 11. Febr. Aus Longwig (Mosel⸗ 
Departement) wird berichtet: Eine Bäuerin, welche am frühen 
Morgen des 8. d. nach der Stadt fuhr, fand auf ih⸗ 
rem Wege eine fest verschlossene Kiste von ziemlichem Umfang 
und in der Meinung, dieselbe sei von einem Fuhrwert gefallen, 
brachte fie ihren Fund mit Hülfe eines dazu gelommenen Mannes 
auf ihr Fuhrwerk, um ihn auf dem Octroi⸗Amte zur Verfügung 
des sich meldenden Eigethümers zu stellen. Am Thore von 
Longwig angekommen, vermutheten die Beamten denen bon ber 
Sache Anzeige gemacht wurde, irgend eine Schmuggelei und off⸗ 
neten nicht ohne Schwierigkeiten die Kiste, wo sich ihnen alsbald 
ein entsetzlicher Anblick darbot; der in Stücke gerschnittene Leich⸗ 
nam eines Frauenzimmers. Zur Ermittelung des hier vorlie⸗ 
genden Verbrechens sind unverzüglich Seitens der Behoörden alle 
nothwendig scheinenden Maßregeln angeordnet werden. 
F Von Köln werden wieder 20,000 Thlr. (unabhaͤngig vom 
Peterspfennig) an den Papst gesandt. 
Baden, 831. Jan. Bäͤhrend die Gesetzgebung den Leh⸗ 
zern kein anderes Recht korperlicher Züchtigung einräumt, als 
Schläge auf die Hände der Schüler miltelft einer Ruthe, kommt 
es nicht selten vvr, daß andere weit stärkere Züchtigungen ange⸗ 
wendet werden. Damit stumpft man das wichtigste Erziehungs⸗ 
mittel ab, nämlich das Ehrgefühl der Kinder, und setzt sich der 
Gefahr aus, mit dem Strafgesetz in Collision zu gerathen, wie 
andererseits die Schullinder leicht eine bedeutende Verletzung er⸗ 
leiden können, wenn der Lehrer, die heilsame Schranke des Ge— 
setzes üherschreitend, sich in der Aufregung zu Thatlichkeiten hin⸗ 
reißen lassen. In allen diesen Beziehungen lehrreich ist die heu⸗ 
sige Verhandlung vor der hiesigen Srafkammer. Hauptlebrer