Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Zenzeiger. 
Der St. Ingberter Anzéeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unter haltungsblait / mit der Dienstags⸗ Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
tunimer) erscheint woöchentlich wi e r m al: Diensta g, Donnerstag, Samsta g und Sonntag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Krzr. oder 
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Nr. 111. Sonutag, den 18. Juli. 1869. 
Die Gemeindeordnung für die Pfalz. 
Gortsetzungj. 
Dritte Abtheilung. Von dem Gemeinde⸗- und 
Stiftungs-Vermögen, den Gemeindebedürf⸗ 
nissen und den Mitteln zu deren Befriedigung. 
Erster Abschnitt. Von dem Gemeindevermögen. 
Art. 189. Die Gemeinden find verbunden, den Grundstock 
hres Vermoöͤgens ungeschmälert zu erhalten und veräußerte Be— 
standtheile des rentirenden Vermögens durch Erwerbung anderer 
centirender Ohjecte sofort oder mindestens allmählich nach vorher 
festgestelltem Plane zu ersetzen. — Abweichungen von diefen Vor— 
schriften könaen nur mit Genehmigung der vorgesetzten Verwal⸗ 
ungsbehoͤrden stattfinden. 
Art. 20. Die Vertheilung von Bestandtheilen des Grundstock 
permögens ist nur bei dem ganz oder theilweise zum Vortheile der 
Bemeindeangehörigen benützten Gemeindegelder zur Förderung der 
landwirthschaftlichen Cultur gegen Auferlegung eines im fünfund⸗ 
zwanzigfachen Betrage ablösbaren Grundzinses zum Besten der 
Gemeindekasse zulässig, wenn dem Antrage auf Theilung, und 
Festsetzung des Grundzinses mindestens drei Viertheile der Ge— 
meindebürger zustimmen, und wenn die Zustimmenden zusammen 
nehr als die Hälfte der Grundsteuern entrichten, womit die sämmt 
lichen Heimathberechtigten in der Gemeinde angelegt sind. — Auf 
diese Adstimmung haben die Vorschriften des Ärt. 78 Abs. 4 und 
5 keine Anwendung. — Der Anspruch auf einen Antheil und 
der Vertheilungsmaßstab richten sich immer nach den Bestimmungen 
des Art. 258. — Denjenigen, welche in Gemeinschaft ihre Antheile 
zu bleiben wünschen, sollen dieselben im Jusammenhange zugemessen 
verden! Die zur Vertheilung gelangenden Antheile gehen kraft 
)es genehmigten Theilungsactes in das Eigenthum der Theilnehmer 
iber. Die Erhebung von Taxen und Stempelgebühren findet bei 
olchen Besitzveränderungen nicht stalt. Bei jeder Gemeindegrund⸗ 
cheilung ist ein besonderer Aniheil für den Vollsschulfond derje⸗ 
aigen Gemeinde, in welcher die Vertheitung stattfindet, auszu⸗ 
scheiden. Der betreffende Antheil bleibt von der Belastung mit 
Brundzins frei. — Vorstehende Bestimmungen finden auch 
bei Verthellung von Gemeindegründen, welche sich im Eigen⸗ 
hum einer keinzelnen Orischaft befinden (Art. 5), analoge 
Anwendung. 
Art. 21. Eine Vertheiluig von Gemeindegründen zur Nutz 
meßung auf Lebensdauer oder auf bestimmte Zeit ist ebenfalls an 
die in Art. 20 Abs. Lbezeichneten Voraussetzungen gebunden, 
msoferne die Nutznießung unentgeltlich oder gegen Entrichtung einer 
dem Nutzungswerthe nicht entsprechenden mäßigen Abgabe gestattet 
verden will. —. 
Art. 225 Gemeindewaldungen lönnen nur behufs der nach 
nen Forstgesetzen zulässigen Rodung und nur dann vertheilt wer— 
den wenn sie zur Waldcultur nicht geeignet sind, oder wenn der 
rtliche Ueberfluß an Waldbeständen und der Mangel an Waid— 
Ader· oder Wiesgründen eine Theilung im wirthschaftlichen 
Interesse nöthig macht. — Der durch Ablreibung erzielle Erlds 
un in die Kasse der betreffenden Gemeinden oder Orthschaften 
lteßen. 
Art. 23. Die Vewirthschaftung der Gemeindewaldungen 
anterliegt den gesetzlichen Vorfchtiften. 
Art. 24. Der Ertrag des Gemeindevermögens ist zur 
bestreitung der Gemeindebedürfnisse zu verwenden. Die Verwend— 
g von Nutzungen des Gemeindevermögens zum Privatvortheile 
et Gemeindẽangehörigen findet jedoch auch fernerhin statt, soweit 
gestr ein besonderer dechistitel befteht, oder die Benuͤhung der 
Almenden und die Vertheilung des Gabholzes bisher zugelassen 
poe — Die Vertheilung von Ueherschüsffen der Erträgnisse des 
Nemeindevermogens an die Gemeindeangehörigen ist nur dann 
Alässig, wenn alle Gemeiudebedürfnisse ohne Erhebung von Ge— 
uendenmlagen und drtlichen Verbrauchssteuern gedegt sind und 
n größere Ausgaben für außerordentliche Beduͤrfnisse nicht in 
ussicht stehen. 
Art. 25. Soferne nicht durch besondere Rechismittel eine 
Ausnahme begründet ist, haben alle in der Gemeinde Heimath- 
verechtigte, welche daselbst seit Jahresfrist wohnen und einen eigenen 
Heerd besitzen, gleichheitlichen Anspruch auf die Theilnahme an den 
Bemeindenutzungen. 
„. Art. 26. Diejenigen, welche Gemeindenutzungen beziehen, 
ind verpflichtet, die auf den Objeten ihres Nutzungsrechtes ruhenden 
dasten zu tragen, die zur Gewinnung der Nuͤtzungen, zur Erhal⸗ 
ung oder Erhöhung der Ertragsfähigkeit erforderlichen Auslagen 
zu bestreiten und die etwa bestehenden Gegenleistungen an die 
Gemeinde zu entrichten. — Werden die Erträgnisse eines Gemeinde- 
Jutes theilweise zum Besten der Gemeindekasse und theilweise zum 
Privatvortheile verwendet, so sind die in Abs. J erwähnten Lasten 
ind Auslagen verhältnißmäßig von der Gemeindekasse und den 
Betheiligten zu tragen. 
Art. 27. Werden Nutzungen am Gemeindevermögen auf 
Brund eines privatrechtlichen Titels in Anspruch genommen, so 
entscheiden hierüber im Falle eines Streites die Gerichte; gründen 
sich die Ansprüche auf den Gemeindeberband, so entscheiden die 
Verwaltungsbehörden. 
Art. 28. Enisteht Streit darüber, ob ein Vermögensstück 
Figenthum der Gemeinde oder Privateigenthum mehrerer sei, oder 
entsteht Streit darüber, ob und wie weil das Verfügungsrecht der 
Bemeinde über Gemeindeverwögen kraft privatrechtlichen Titels 
hurch Nutzungsrechte Einzelner beschränkt sei, so hat die der be— 
heiligten Gemeinde vorgesetzte Verwaltungsbehörde den Sühneversuch 
vorzunehmen. Dieselbe isi berechtigt, im Falle verübter oder 
orohender Selbsthilfe, oder wenn die Verhütung anderer dringender 
Befahren es erfordert, die nöthigen vorsorglichen Verfügungen zu 
treffen. Diese sind so lange aufrecht zu halten, bis die Gerichte 
rine andere vorforgliche Verfügung getroffen oder in der Haupt⸗ 
'ache, sei es über die Besitz⸗ oder Rechtsfrage, rechtskräftig erkannt 
haben .· — Jeder Gemeindebürger kann im Interesse der Gemeinde 
die Einleitung eines solchen Rechtsstreites beantragen. Wird von 
der Gemeindeverwaltung seinem Antrage nicht stattgegeben, so ist 
die Entscheidung der vorgesetzten Verwaltungsbehörde zu erholen, 
velche berechtigt ist, den Sühneversfuch vorzunehmen und, wenn 
dieser mißlingt, einen Anwalt zur Proceßführung im Namen 
der Gemeinde aufzustellen. 
(Gaortsetzung folgt.) 
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Deutschland. 
München, 15. Juli. Bei den Discussionen über die 
Neubewaffnung unseres Heeres mit Hinterladgewehren wurde von 
den Gegnern des Werdergewehres, beziehungsweise dessen Ein— 
ührung in unserer Armee, ein großes Gewicht auf die Waffen⸗ 
zleichheit mit dem norddeutschen Bundesheere gelegt, während ande— 
erseits hervorgehoben wurde, daß Preußen, resp. der norddeutsche 
Bund auch nicht mehr lange bei seinem Zundnadelgewehre bleiben 
vürde, ja jedenfalls schon daban abgegangen wäre, wenn man das 
hei einer nothwendigen Anzahl von 1 Millionen Gewehren so im 
handumdrehen thun konnte. Preußen hat sich nun von der Ge— 
vehrfabrik in Amberg zur nochmaligen Anstellung bon Proben und 
Versuchen zwei vollständige Werdergewehre mit Munition ausgebeten 
und erhalten. Man scheint also auch in Preußen von der Vorzüg⸗ 
aichkeit dieses, des Werderschen, Gewehrsystems bis jetzt angeregt 
And man glaubt hier annehmen zu dürfen, daß man dort auch 
bald vollständig überzeugt wird. 
Dienstesnachrichtei 
Die protestantische Pfarrstelle zu Gaugrehweiler, Decanats 
Obermoschel, ist dem bisherigen Pfarrer zu Alsen brück, Decanats 
Winnweiler, Ludwig Anton Ru ppelius, die erledigte erste pro 
estantische Pfarrstelle zu Otterberg, Decanats Kaiserslauiern, dem 
isherigen Vfarrer zu Großsteinhausfen. Decanals Wweibrücken