Full text: St. Ingberter Anzeiger

ugberler Anzeiger. 
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ha'StFagberter Anzei a ẽ (und das mit dem Hauptblatte verbundene unterhaltungsblalt, mit der Dienstags⸗, Vonnerstags- und Sonntags— 
dummer) erscheint wöchentlich vre rin al! Dieustarg, Donmerstag, Sams kag'und Somnmtag. Abonnementspreis vierteljührig 40 Krzr. oder 
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ser. 147. — —— Sonntag, den 19. Septenbher 1869 
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München. Der bayherische Gesandte am Dresdener Hofe, 
Braf Reigersberg ist seines Postens enthoben worden. Gleichzeitig 
vird er gerichtlich — unwissend wo? — verfolgt wegen zweier 
Wechsel, die ihrer Bezahlung harren. Der edle Graf war unterm 
ichzwurdigen Pfordten'schen Regime in Bahern im Anfang der 
nfziger FJahre Minister des Innern umd zeichnete fich durch die 
xutalsien und nichtewürdigsten Maßregeln gegen jeden liberaler 
hesinnung irgend Verdächtigen aus. Bekannt ist die von ihm 
eranstaltete Ktazzia gegen die sogenanmen Robert Blumeshüte 
egen rothe Halsbinden und andere Dinge, welche die Gristenz des 
aherischen Staats gefährdeten. 
an Dienstesnachrichten. J 
Die vrot. Pfarrstelle zu Heiligenmoschel, Decanais Winnweiler 
st dem bisherigen Pfarrer zu Doͤrrmoschel, Decanats Rockenhausen, 
friedrich Knipser, und die prot. Pfarrstelle zu Erlenbach, Decanats 
hermersheim, dem bisherigen Pfarrer von Steinbach, Decanats 
Winnweiler, Philipp Friedrich Wilhelmi verliehen worden. 
Stutug art, 16. Sept. Graf v. Beust kam vorgestern von 
Nünchen aus hier au und reiste gestern wieder weiter, nicht aber 
hne daß er dem Minisser des Aeuͤßern, Hrn. v. Varnbüler, einen 
angeren Besuch abgestattet hatte. Graf Beust reist, diesmal 
hne Kanzlei. 
8erhin, 15. Sept. Berliner, Blätter melden: Aehn · 
ich wie beim Juristentage haben auch nach Schluß des volks⸗ 
virtschaftlichen Congresses zwischen den politischen Parteiführern 
nig denn Norden und Süden Deutschlands Besprechungen stattge⸗ 
unden, welche anf die Organisation und Haltung einer einheitlichen 
nationalen Partei in Nord- und Süddeutschland Bezug hatten, sich 
zorläufig aber noch der Oeffentlichkeit entziehen. 
Frankfurt, 16. Sept. Morgen läuft der sechswöchent⸗ 
iche Ausweisungstermin für die erste Serie der damit gemaßregelten 
ungen hiesigen Leute ab. Eine Verlängerung des Termins wurde, 
die das „Frkf. Journ.“ im Gegensatze zu einer Mittheilung der 
Frif. Zig.“ vernimmt, nicht gesteitei, und es soll Fepen Dieje⸗ 
niigen, welche nach dem gesetzten Termin sich noch auf preußischem 
boden betreffen lassen, vorgegangen, d. h. sie werden polizeilich 
ber die nächste Grenze bei Isenburg gebracht. Eine Anzahl 
unger Leute hatte ihr Gesuch um Auswanderungserlaubniß wieder 
urudgezogen. — — 
Frantkfuri 17. Sept. Heute ist das erfte Aus—- 
veisungsdecret gegen einen 16jährigen Bürgerssohn, den seine 
fltern aus dem preußischen Staatsverband hatten treten lassen, 
jollzogen worden. Der junge Mensy wurde über die preußische 
grenze uach Offenbach gebracht. 
Pra, 15. Sept. Die Prager Zeitung meldet in ihrer 
achhsten Nummer nach besonderer Mittheilung: Herwarth von 
Zittenfeld ist zum Gouverneur von Mainz ernannt. Man wil' 
arin Annexions-Vorzeichen finden. 
Lausanne, 185 Sept. Gestern wurde hier der Friedens“ und 
steiheitscongreß unler Anwesenheit van 500 Theilnehmern eröffnet. 
die Verhandlungen nehmen einen ausgezeichneien Verlauf. Gestern 
rachen Victor Hugo und Ludwig Simon. Heute wurde die De⸗ 
ꝛatte lebhaft fortgesekt. 
ermischtes. 
7 Sbehyer, 16. Sept. Gestern Nachmittag ist seine Kgl. 
hoheit Prinz Luitpold von Bayern, Feldzeugmeister und General⸗ 
inspector der bayerischen Armee, mit dem Eisenbahnzuge von 
Nannheim kommend, in Ludwigshafen eingetroffen und nach kurzem 
lusenthalte sammt Gefolge nach Germersheim gereist. 
fAm 16. Sept. haätte beimek. Landgestüte in Zweibrücken 
se diesjährige Musterung der schönsten in der Pfalz gezogenen 
erde statt, in Gegenwart des k. Reg.⸗Commissärs, k. Reg. 
dathes Herrrn Wand, durch die von Seiten k. Regierung ernannte 
trberten Commission, bestehend aus den Herrn: ) Dti. Buhl 
von Deideshein, 2) v. Géricht en von Offenbach, 5) Jans o n 
von Harrheim, 9 Heinrich Krämer von St. JIngbert, 5) 
Leinen weber vbon Pirmasens, 6) Thierarzt Pleitner 
bon Zweibrücken, 7) k. Gestütsdireckör b. Rsa d von Zweibrücken, 8) 
Reubdelhuberr von Lambsheim, 9) Wolff von Wachenheim. 
— Vorgeführt wor den: 
Etha jtchrige Stuten, welche zum Erstenmalé trächtig gehen, 
Musterstuten mit. diesjährigen Fohlen, 
Stutfohlen: und 
7 Hengstfohlen, zusammen 
128. 16 Stück gegen das Vorjahr mehr. Dieselben gehören 
yen Bezirken Zweibrücken, Homburg, Pirmasens, Kusel, Kaisers⸗ 
autern, Frankenthul und Bergzabern an 
Es wurden 35. verschiedene Geldpreise im Betragedvon 
330 fl. vertheilt, ferner 7 Ehrendiplome mit Medaillen und 6 
Diplome und Medaillen. 
Die Feuerwehrmänner, welche die erste Uebung der neu 
zegründeien Kuseler Feuerwehr am 26. Sepi. de befuchen wollen, 
erhalten einfache Eisenbahnbillets für freie Rückfahrt, nur müssen 
die Betreffenden sich legitimiren, daß sie Feuerwehrmaun sind. Die 
Billete geiten für 2 Tage. 74 J 
Paris, 14. Sept.“ Die Zahler der zPersonen,wilche 
jeim Sturm vom letzten Sonntag durch Dachziegeln, Schoͤrnfteine 
und dergleichen ernstlich derwundet worden, beträgt an 40 bis 580. 
Fin junger Dachdecker wurde bon einem Hause heruntergeweht und 
erschmetterte sich den Hirnschädel. An den Nordküsten wurden 
ine Masse kleiner Fahrzeuge ans Land geworfen und viele größere 
Schiffe sark beschädigt. Eines ging in der Nähe von Havre mit 
htann und Maus unter. Man kennt den Namen desselben 
edoch nicht. Von dem Scheitern größerer Schiffe vernimmt man 
bis jetzt nichtss. 
F Madame Judith Mendes, eine enthustastische Schwärmerin 
ür Richard Wagner, schreibt in einem Pariser Blatte nach der 
sßeneralprobe von „Rheingold“ von „Noten, diée wie Milchtropfen 
on dem Lichte, das über den Pauken zittert, von dem gepanzerten 
Schimmer der Trompeten, von Riesen, deren schwerer Tritt in 
ꝛen Kontrebäfsen droͤhnt, von Flammen, die um die Violinen 
auleln, von dem Gold, das in einem Tremolo der herrlichen 
Tymbeln aufglytzert, von einem Drachen, dessen Stimme aus den 
Posaunen spricht, von der mysteriösen Atmosphäre der Hörner u. s. w.“ 
F (Ein neuer Rutter.) Ueberall bewährt sich in 
Desterreich der „zeitgemäße“ Liberalismus. Das beweist die juͤngste 
Adelsverleihung. Wie es den Anschein hat, sind nicht genug 
debende vorhanden, um sie auszuzeichnen, daher zeichnet man in 
Desterreich die Todten aus. Der Anfang wurde bereits mit dem 
yvor 8 oder 4 Jahren in Prag verstorbenen Prof. Puskinje ge⸗ 
macht. Derselbe wurde als Ritter des Leopoldsordens in den 
stitterstand erhoben. — Nach einer unverbürgten Schiffernachricht 
oll darüber im Himmel eine große Freude sein. Die himmlischen 
deerscharen haben dem neuen Ritter ihre Aufwartung gemacht. Als 
emselben auch von Petrus gratulirt wurde, soll dieser ihm aber 
bememerkt haben: wenn er so jett so hochmüthig würde, wie es 
Adlige auf der Erde gebe, so würde er ihm zeigen, wo der Zim⸗ 
nermann das Voch gelassen habe. 
Ein Ueberschreiten des Niagara auf einem Bichcle. — 
Dieses Wagestück wurde, wie die „New York Times“ bexrichtet, am 
25. August von dem Professor Jenkins unter den Augen einer 
ingeheuren Zuschauermenge gluücklich ausgeführt, und zwar auf 
einem zweizölligen Seile, das über den Strom an derselben Stelle 
jespannt war, die Blondin einst mit einem Manne auf seinem 
kücken passirt hatte. Zweimal machte der kühne Velocipederitter 
auf seiner Bahn einen Halt, einmal wenige Yards vom Ufer und 
dann in einer Entfernung von 50 Fuß, um dem Photographen 
hßelegenheit zur Aufnahme des Gesammtbildes zu geben. Lautlose 
Ztille herrschte unter der Menge, während des elf Minuten dauernden 
deberganges, die jedoch einem betäubenden Applaus wich, als das 
zefahrvolle Ziel glüclich erreicht war.