Full text: St. Ingberter Anzeiger

„im Sinne des Fortschritteß, Ihre Hohe Zustimmung 
theilen.“ 0 
Zweibrücken, den 18. März 1868. 
khrerbietigst verharren der Hohen Kammer der Reichsräthe 
. 3 gehorsamste: 
Keller, Burgermeister, Schinitt (L.), erster Adiunkt, Bruch, 
weiter Adiunkt. 
Die Stadträthe. — 
Ambos, Auerbacher, Cu llmann, Dingler, Franck yuen 
Glasser, Guggenheim. Gulden, Heck (J.) Heck (I. 3) 
ree —E8 (von)Kohl. Lang⸗ (X) HZabrikant Laug 
— osthalter Lindemann, Schlimmer, Schmitt (A), Schultz 
heisohn, Theobald, Wild, Wolff. 
München., 21. März. Die vom Abgeordneten Streit letz 
hin an das Gesammistaaisministerium gerichtete Interpellation wurde 
vomek. Staatsminister v. Gresser in der heutigen Sißung der 
Abgeordnetenkammer beantwortet wie folgt: 
„Auf die von dem Hrn. Abgeordneten Streit an das Ge⸗ 
sammtStaatsministerium gerichtete Interpellation bezüglich der 
Agitation gegen den dem Landtage vorgelegten Entwurf eines Ge⸗ 
seßes über das Volksschulwesen habe ich die Ehre folgendes zu 
erwidern, und zwar: 
„J. zunächst auf die Frage: „ob das Gesammt ⸗Staatsmi⸗ 
nisterium Kenniniß von der gegen den Schulgesetz-Eutwurf her⸗ 
vorgerufenen Agitation habe.“,“” 
Der Stagtsregierung ist die Bewegung nicht entgangen 
welche die Vorlage des Gesetz Entwurfs über das Völksschulwesen 
an den Landtag, und früher schon die Vorbereitung eines 8 
Entwurfes, in mehreren Bezirken des Königsreichss, und nament⸗ 
lich unter der katholischen Landbevölkerung hervorgerufen hat, und 
welche neuerdings in mehrfachen an die Kammer der Reichsräthe 
gerichteten Adressen ihren Ausdruck fand. Irgend erschöpfende 
amtliche oder sonst hinreichend beglaubigte Mittheilungen über 
Entstehung und Verlauf dieser Bewegung, und über die Mittel 
deren man sich zu ihrer Förderung bediente, sowie über die Per⸗ 
sonen welche dieselbe in Fluß gebeacht, sind der Staatsregierung 
bhis zu dieser Stunde noch nicht zugekommen. Was sie in dieser 
Richtung bis jetzt in Ecfahrung gebracht hat. beschränkt sich auf 
dasjenige was in gleicher Weise wie der Regierung so auch der 
sKtammer der Abgeordneten zugänglich gewesen ist, nämlich auf die 
Nachrichten die in der Presse verbreitet worden sind, und auf die 
kurzen Verhundluugen der Kammer der Reichsräthe vom 29. v. 
M. Da sich übrigens aus den Mittheilungen der Presse Anhalts- 
punkte für die Annahme ergeben, daß die Urheber der Bewegung 
nicht auf Geltendmachung und wahrheitsgemäße Begründung einer 
a bweichenden Meinung sich beschränkt, sondern auch zu dem Mit— 
lel der Erregung irriger Vorstellungen über die Absichten der 
Staatsregierung und der Verbreitung von Mißtrauen gegen die— 
elbe gegriffen haben, mußte die Staats-Regierung es als eine 
unabweisliche Pflicht erachten den Thatbestand amtlich festzustellen. 
Zu diesem Zwecde sind die erforderlichen Anordnungen bereits ge⸗ 
troffen worden, und wird den seinerzeitigen Vorlagen der Behör⸗ 
den entgegengesehen. 
„II. Aniangend die zweite in der Eingangserwähnten Inter⸗ 
pellation gestellte Frage: „„wie sich die Regierung gegenüber der 
Bewegung wider den Schulgesetzentwurf angesichts der bestehenden 
Gesetße und insbesondere des III. Abschnittes der II. Beilage zur 
Verfassungsurkunde und des Artikels XV. des Konkordates zu 
»erhalten gedenke,““ so habe ich die Ehre folgendes zu erklären 
„Bei der Würdigung des Ergebnisses der angeordneten Er⸗ 
hebungen und bei Bemessung des weiter einzuhaltenden Verfah— 
rens wird sich die Staatsregierung so wenig wie in andern Fäl⸗ 
len ähnlicher Art von dem Unbehagen bemeistern und überwälti- 
gen lassen, welches die naturgemäße Folge der Erfahrung ist, daß 
ihren das Wohl des Vaterlandes bezielende Absichten und ihren 
reiflich durchdachten, von aufrichtiger Vaterlandsliebe getragenen 
Vorschlägen statt bereitwilliger Anerkennung von manchen Seiten 
Widerspruch und Kampf entgegentritt. Die Staatsregierung wird 
das Beispiel einer Vergewaltigung des Gesetzes nicht geben. und 
ist hiebei der Zustimmung aller Parteien gewiß; sie wird der 
allseitigen Erörterung des Gegenstandes und der freien Meinungs⸗ 
üußerung über denselben, so lange beide die vom Gesetze gezoge⸗ 
nen Schranken nicht überschreiten, uirgends Hindernisse in den 
Weg legen, und sich wohl bewußt bleiben, daß nur auf dem Wene 
erschöpfender und freier Discussionen der Erkenntniß des Guten 
und Nothwendigen offene Bahn bereitet werden kann. 
„Die Regierung wird sich dabei selbstverständlich des Rechtes 
nicht begeben in möglichst und wirtsamer in jeder gesetzlich zulässigen 
Weise die Gründe für ihr Vorgehen in das rechte Licht zu setzen, 
um diejenigen die fürs Erste Gegnet ihrer Propositionen sind, von 
deren Unschädlichkeit und Nothwendigkeit zu überzeugen. 
„Zu diesem Ende wird fie sicherlich auch die Thätigkeit der 
ihr zur Verfügung stehenden Stellen und Behörden in Anspruch 
nehmen, und, wie es ihr Recht und ihre Pflicht ist, jedem Wider⸗ 
er⸗ 
stande nachdrucksam zu begegnen wissen den sie auf diesem Wege 
etwa finden könnte, möchte sich nun dieser Widerstand äußern in 
unthätigem Schweigen oder in offener Parteinahme gegen die Ma— 
rimen der Regierung. Je mehr aber die Staatsregierung ihrer⸗ 
seits ohne Wanken festzuhalten gedenkt an Recht und Gesetz, je 
mehr sie durch Achtung jeder anderen Meinung darauf Anspruch 
erwirbt daß ihr von den Gegnern ihrer Vorschläge ein gleiches 
widerfahre, mit desto größerer Entschiedenheit wird sie bemüht sein 
die Gesetze zur Anwendung zu bringen, wenn sich wirklich ergeben 
sollte, daß bei Geltendmachung irgend einer Ueberzeugung zu ver⸗ 
pönten Mitteln gegriffen wurde. 
„Niemand wird die Handhabung von Repressalien erwarten 
wo das oͤffentliche Recht Obliegenheiten festsetzt und Schranken 
zieht, ohne zugleich für die Verletzung solcher Verbindlichkeiten und 
für die Ueberschreitung solcher Schranken Vorkehrungen zu treffen. 
Wo das Gesezß aber solche Repressalien statuirt, und wären es 
selbst die Strafgesetze des Landes, wird die Regierung nichts au 
ihrer Pflicht versaumen demselben seinen Vollzug zu sichern.“ 
München, 18. März. (Landwehr-Offiziere) Se. Maj. 
der König haben durch allerhöchste Entschließung vom 15. 1l. M. 
folgendes zu genehmigen geruht: 
J. Die Ernennung zum Offizier der Landwehr ist jedem 
Wehrpflichtigen nach tadelfrei zurückzelegter Dienstzeit in der ac— 
tiven Armee dann zugänglich, wenn derselbe: 1) bereits ein volles 
Jahr als Of fizier der activen Armee entsprechend gedient, oder 
2) die zur Ernennung zum Offizier der activen Armee festgestell⸗ 
ten Vorbedingungen vollstäͤndig erfüllt, oder endlich 3) die Nach⸗ 
weise über a) jene allgemein wssenschaftliche Bildung wie dieselbe 
für Zulassung zum einjährigen Freiwilligendienste vorgeschrieben 
ist, und b) den Besitz des durch 8. 45 der „Bestimmungen über 
die militärischen Dienstesverhältnisse der zum einjährigen Freiwilli— 
zendienste zugelassenen Wehrpflichtigen“ normirten Qualifications⸗ 
Zeugnisses zum Landwehr⸗Offizier geliefert hat. 
II. Wehrpflichtige welche bereits der Rserve oder Lundwehr 
anzehören, und das in l. 3 geforderte Qualifikations-Zeugnis 
nachträglich erlangen wollen, können zu diesem Zwecke als Kapi— 
tulanten aufgenommen werden. 
III. Die vorstehenden Bestimmungen haben auch auf dieje— 
nigen Wehrpflichtigen Anwendung zu finden, welche den Charac⸗ 
ter als Offiziere à la suite betleiden. Denselben ist jedoch ge⸗ 
stattet, ihre Wehrpflicht in der activen Armee oder ihr Kapitula— 
tionsjahr in ihrer Eigenschaft als Offizier à la suite ohne Be— 
züge und mit der Uniform derjenigen Abtheilung abzuleisten, in 
welcher sie zugelassen sind. Vom Tage einer Mobilmachung an 
treten aber diese Offiziere à la suite in sämmtli he Bezüge ihrer 
Charge ein. 
IV. Diej enigen Wehrpflichtigen, welche die Vorbedingungen 
zur Erne nnung zum Landwehr⸗Offizier in der einen oder andern 
hier vorgeschriebenen Weise nicht erlangen, haben der ihnen oblie⸗ 
genden Reserde⸗ oder Landwehrpflicht ohne Rücksicht auf ihre bis⸗ 
herige oder frühere Stellung als Offizier zu genügen. 
München, 19. März. Der Finanzausschuß hat gestern 
den Etat des Cultusministeriums berathen. Der Ausschuß beschloß, 
daß die Erhöhung des Mindestgehaltes der Geistlichen auf 800 fl. 
zwar verbleiben, aber die Fassion ses Diensteinkommens in der 
Art rectificirt werden soll, daß die Erträgnisse aus den Grund- 
fqücken nicht wie bisher auf Grund der Instruction des Jahres 
1857 mit der Hälfte der Steuerverhältnißzahl in die Fassionen 
aufzunehmen seien, sondern daß die ganze Steuerverhältnißzahl 
als Werthanschlag für die Grundstücke eingesetzt werde. Die 
Lehrer der Lyceen, Gymnafien, Lateinschulen und Schullehrerse⸗ 
minarien sollen analog den übrigen Beamten eine Theuerungs⸗ 
jusage erhalten, so daß die Einnahmen der Gymnasialprofessoren 
1000, 1150, 1300, 1450 und 1600 fl., die der Studien lehrer 
300, 950, 1100, 1250 und 1400 fl. betragen würden. Die 
Inspectoren der Schullehrerseminarien sind den Gymnsfialprofesso⸗ 
den, die Präfecten den Studienlehrern gleichgellt. Der Functions⸗ 
hezug der Gymnasialassistenten soll auf 500 fl. und der Lehrer 
der franzosischen Sprache auf 600 fl. erhöht werden. Ferner 
'ollen von den Religionslehrern der Gymnasien, welche zwar den 
Titel Professoren, aber weder ihren Gehalt noch pragma— 
tische Rechte haben. viser derselben auch in den letztge⸗ 
nannten beiden Beziehungen wirklichen Professoren gleichge⸗ 
ttellt werden. 
München, 21. März. Der Socialausschuß der Abgeord⸗ 
netenkammer hat die erste Lesung der Gemeindeordnung nunmehr 
heendigt, sa daß die Ausschußberathungen über den Schulge⸗ 
etzesentwurf beginnen bönnen. Bezüglich der Ge⸗ 
neindeordnung hat der Socialausschuß die Bestimmung des Regie⸗ 
ungsentwurfes, welche die Wähler unter Geldstrafandrohung zum 
Wählen anhalten will, verworfen