Full text: St. Ingberter Anzeiger

Reformen der Disciplingrgesetze der geistlichen Orden; 3) endlich 
das Verhöltniß der Kirche zum Stagte, unter Verückfichtigung der 
verschiedenen; Regterungsformen der Neuzeit. 
—B 
Madrid 409. März. Der „Impartial“ kündigt an, daß 
die Regierung an General Dulce, General⸗Capitän von Cuba. 
den Besehl telegraphirt hat, er solle die Ausführung aller geger 
die Insurgenten verhängten Todesurtheile suspendiren. 
New-PYork, 9. Mäsz. Aus Cuba wird gemeldet, daß 
die Regierungstruppen 4000 Insurgenten bei Puerto Principe 
geschlagen hätten. 
Amerika. 
ESchwurgerichts⸗Sitzung .· 
J. Quartal 1869. 
Zweibrücken,9. März. Anklagesache gegen Wilhelmine 
dupp, 31 Jahre alt, Dienstmagd von Minelberbach, wegen Dieb⸗ 
stahlsverbrechens. Die Angekiagte war von Weihnachten 1866 
his 1. April 1868 in Dienft bei Kaufmann Simon Stern dahier 
wührend welcher Zeit sie mit einem gewissen Johann Eckstein von 
Weißdorf ein Verhältniß hatte. Anfangs Maͤrz 1868 hatte der⸗ 
jelbe seinen Militärabschied erhalten und wollten sich Beide nach 
dem Dienstaustritt der Lupp ehelichen. Wahrscheintich in Rück 
ficht auf den in Aussicht gestellten Ankauf der Aussteuer hatte 
Fhefrau Stern die Angeklagte, welche derselben vorgeschwindel⸗ 
hatte, fie besitze einen Aterlichen Erbtheil von 500- 600 fl. 
aͤngeladen, sie hier öfter zu besuchen und bei ihr das Essen zu neh⸗ 
mich, von welcher Einladung die Angeklagte den ausgiebigsten 
Gebrauch machte. Im Laufe des vorigen Jahres fand der Sohn 
David Karl Stern, der die Bücher führte und die periodischen 
Revisionen der Hauptkasse vornahm, daß aus derfelben, die in 
iner Schublade links des im sog. guten oder großen Zimmer 
im zweiten Stock des Siern'schen Wohnhauses dahier slehenden 
Seccetars sich befindet, Geld entlonmmen hein mußle, und zwar 
—X 75. Juni in 480 fl. 45 tr. am 27. 
Sctober dagegen im Ganzen in 1434 fl. 38 kr. Woͤhrenddem 
nahmen auch Eheleute Stern wahr, daß ihnen Geldeentwendet 
wurde. So war im August ein 25.Thalerschein, bald daranf die 
Hälfte eines ZThalerscheines nud einige Wochen später auch die 
andere Häfte aus dem Secretär verschwunden. Am 17. October 
-Tag des hiesigen Schützenballes — kamen aus der Ladentasse 
im Secretär ein Württemberger 10-Guldenschein, ein Zwanzig⸗ 
frankenstück und ein ziemlich bedeutender Betrag an Silbergeld 
weg, was zum Entschlusse führte, des Diebs um jeden Preis hab⸗ 
haft zu werden. Der Schlüssel des stets verschlossenen See retärs 
liegt unter einem Tüchelchen versteckt in der obern Schublade einer 
m Schlafzimmer befindlichen Kommode, deren Schlüssel Frau 
Stern Heständig bei sich trägt. Die Thüren zum Schlafzimmer 
und guten Zimmer sind gewoͤhnlich verschlossen und die Schlüssel 
dazu in dem im untern Siocle hinter dem Laden liegenden Wohn— 
simmer im Schlüsselkörbchen oder an einem Nagel aufbewahrt 
Das Geld wurde nun genau gezaͤhlt, aufgeschrieben und zum 
Theil gezeichnet. Am 7. November, Morgens 10 Uhr, erschien 
die Anceklagte wieder bei Stern, blieb den ganzen Morgen da 
und aß bei der Magd in der Küche. Kaum war das Mittagessen 
herüber, als Stern die Nachricht erhielt, ste sei in den zweiten 
Stock hinauf, worauf er sogleich die Stiefel anszog und rasch 
nachschlich. Als er die Thüre zum Schlafzimmer öffnete, steckte 
auch die Lupp den Kopf heraus, erschrack sehr und sagte, sie habe 
die Vorhänge betrachtet, da fie sich solche anschaffen wolle. Da 
Stern sich scheinbar mit dieser Auskunft zufrieden gab und wieder 
hinunterging, ließ sich die Angeklagte, die schon um 1 Uhr 
10 fortwollte, bereden, bis zum Abend zu bleiben. Um etwa 
Z Uhr glaubte fie, unbemerkt wieder hinauf zu gelangen. Als 
sie nach einiger Zeit wieder herunterkam, ließen Eheleute Stern 
die sich sofort überzeugten, daß Geld aus dem Secretär entkommen 
sei. den k Polizeicommissär herbeirufen, der, als die Angeklagte 
auf Zureden leuguete, bei der körperlichen Visitation ein deren 
Taschen ein Poriemannaie mit 5 fl. 114 kr., in der innern 
Rockiasche, den Strümpfen und den mit Gummischuhen überzogenen 
Zeugstiefelchen verstedt drei Lotterieloose für Nestauration der 
Katharinenkirche in Heinsberg, 17 fl. 49 kr. in Geld und in den 
Struͤmpfen einen kleinen Schlüffel fand, mit dem die —XXX 
Kommodschublade gebffnet werden konnte. Diesen Diebstahl ge 
stand die Angeklagte ein, leugnele aber die früheren Diebstähle 
Die Unlersuchung hat jedoch ergeben, daß außer den verschiedenen 
Reisen diese mit Eckstein im Ganzen zwischen 600 —709 fl. ver 
qusgabte, dagegen keine andere Einnahmsquellen hatte, als den 
Cessionspreis ihres Erbthells mit 55 fl. Dieselbe fuchte auch 
meast von einem der Söhne Stern, daun von dem Beter Stero 
inn Gaten u Rochen dis Hoten diese fie dumh Geld unlet 
hützt. An dem Tag, wo der Schutzenball hier⸗ statthatte und 
oben ecvoahun wenfalls Geld bei Stern weggekomnmen war, 
befand sich die Angeklagte bei denselben auf Besuch. 
Der Vertheidiger der Angeklagten, Herr Rechtscandidaf 
dang, führle aus, daß eigentlich gegen dieselbe nur der letzte 
Diebstahl, bei dem sie in die Falle gegangen war, erwiefen sei, bei 
früheren aber beständen aber nur Vermuthungen und seidhe 
Groͤße des entnommenen Geldbetrags nicht festgellt. Bezüglich 
des ersten Manko's im Juni habe der junge Stern sich mit allen⸗ 
fallsigem Irrthum, Koursdifferenz und dergl. beruhigt, eben⸗ 
—E im Oktober ganz oder theilweise 
auf Irrthum in der Buchführung, Richteintranung von Aus⸗ 
gaben beruhen. Die Angebllagte habe, wenn auch fittlich nicht 
jut beleumundet, doch immer für ehrlich gegolten. Da sie beab— 
ichtigte, fich zu verehelichen, seien die Anschaffungen bon etwas 
Mobiliar, Kuͤchengeschirr und einem seidenen Hochzeitaͤkleide nich 
auffallend Sie habe sich etwas erspart, etwas dazu geerbt und 
Fchstein, der während seiner Diensizeit marketendert hatte, fich 
ruch etwas zurüchgelegt, und endlich will die Angellagte Geld be 
Herren sich verdient haben. Da nun die gestohlene Summe nich! 
zachgewiesen sei und ebensowenig, daß die Angeklagte sich imme 
des Schlüssels zum Secretär vorher heimlich bemächtigt habe, da 
derselbe ja auch manchmal gesteckt haben kann, so könne eben in 
bon einem Diebstahlsvergehen, nicht aber von criminellem Dieb⸗ 
stahl die Rede sen. 
Die Geschworenen erkannten die Angellagte des Geldstieb⸗ 
ftahls, jedoch nur im Betrag von über 100 Gulden mittels 
rechtswidrigen Gebrauchs eines Schlüssels schuldig, worauf dieselbe 
zur Zuchthausstrafe von 6 Jahren verurtheilt wurde. 
Aus Speyer, 11. März, wird dem Pfälz. Kur. ge 
schrieben: Die mit großer Spannung erwartete Serichtsverhand⸗ 
iung „Paulus contra Speyerer Vorschuß⸗Verein“ faud gesterr 
in Anwesenheit vieler Zuhörer vor dem Bezirksgerichte Frankeuthel 
ihren vorläufigen Abschluß. Hr. Einnehmer Paulus wurde mi 
ner Klage abgewiesen und iu die Kosten verurtheilt. Her 
Haulus wird sich jedoch bei viesem Urtheilsspruch nicht beruhigen, 
ondern er wird sein Recht weiter suchen. Beiden Anmwälten, den 
HDH. Horn für Paulus und David für den Vorschuß-Verein, se 
sur Ehre gesagt, daß sie mit größter Umsicht und Gewandthei 
hre Partieen zu vertreten suchlen. Ersterer fand sich sogar ge 
nöthigt, letzteren zu unterbrechen, als dieser so weit ging, Charac 
terzüge des Hrn. Paulus aus Meisenheim zu citiren. 
7Hersdelberg, 10. März. Heute früh starb hier with 
kurzer Krankheit im Alter von 79 Jahren Geheimerath Dr. Karn 
Theodor Welcker, längjähriges Mitglied der badischen zweiter 
nimner und 1848 Reichetagsabgeordneter und Reichsministe. 
jeither hier privatisirend. 
Gayerischer Briefma rder.) Sänmmtliche an 
Freitag in München zur Post gegebenen, nach Frankfurt a. M 
hestimmten Pakete mit Geld und Werthpapieren, bedeutende Sum 
nen enthaltend, sind abhanden gekommen. Seitdem ist ein Pos 
packer flüchtig. 
p' Neunkirchen, b. März. Leider hat sich den be 
Wellesweiler schon mehrfach vorgekommenen Ungiücksfällen gefiern 
ein neuer beigesellt. Der Wirth Hoppstädier von Wellesweiler, 
ein Mann in den besten Jahren und Vater von fünf Kindern— 
wurde, als er Abends von Bexbach nach Hause wollte und dap 
seinen Weg auf dem Schienenstrange nahm, von einem daher 
hrausenden Zuge, den der Unglückliche des heftigen Schneegestöbei 
wegen jedenfalls nicht gesehen, erfaßt und sofort in Stüulke zer 
rissen. Der Tod erfolgte angenblicklich und fand man die Leich 
erst am andern Morgen. Es ist dieser traurige Fall ein neud 
Mahnruf zur Vorsicht. S. u. Bl.⸗Zig.) 
pCoblenz, 8. Möärz. Ueber die in New-NYorl erfolgt 
terhaftung des Postbeamten Unbehend aus Umbach schreibt di 
New⸗ Yorker Handels⸗ Zeitung: Dem New⸗ Yorker norddeutschen G 
eral-Tonfulat war am 8. Febr. per Kabel die Mittheilung ju 
gegangen, daß ein preußischer Postbeamter Namens Unbehen. 
Hste Januar im Umbach bei Wiesbaden einen Geldbruf w 
6500 Ddollars unterschlagen habe und via Antwerpen nach Vver 
pool geflüchtet sei, wo er unter dem Namen Günther Posse 
Juf dem Dampfer Australia“ nach Partland, Me., nahm. Eint 
der Anwälte des General-Consulats von der Firma Kapp, Goeh 
nd Burke begab sich sofort nach Portland, wo Unbehend b 
Antunft des dampfers mit Hülfe der dortigen Polizei verhaft 
Ind nach New⸗-NYork gebracht wurde. Am 11. Februar Morgen 
VBermischtes.