Full text: St. Ingberter Anzeiger

efwas geschehen, am Thor drüdte, soll der Angeklagte dasselbe 
ein wenig geöffnet und dem Humm mit aller Gewalt einen Stich 
in die linke Brustseite verseßt haben, der nun nusrief: „Müller 
hat mich gestochen, ich muß sterben?, und daͤvoneiite, um der 
Gendarmerie die Anzeige zu machen: Derselbe wurde sofort in 
ürztliche Behandlung genommen,« am 20. November traten Er 
scheinungen von Lungen, und Rippenfellentzündung ein mit ver— 
mehrtem Bluterguß in den Brustraum, das Befinden des Verletzten 
verschlimmerte sich, bis er am 3. Dejember verschied. Der Tod 
war nach dem bezirksamtlichen Gutachten Folge des erhaltenen 
Stiches und auch durch die regelrechte Behanduung des Verwun— 
deten nicht abzuwenden. 
Der Angeklagte, der gut beleumundet ist, will an jenem 
Abend betrunken gewesen sein, behauptet auch, daß er fich habe 
wehren müssen, da noch Kameraden des Humm in den Hof hät⸗ 
ten eindringen wollen, und daß er manchmal nicht bei ganz klarem 
Verstande sei, was er durch Zeugniß von Dr. Heuck in Mutier. 
stadt zu belegen sucht. 
Der Vertheidiger des Angeklagten, Herr Advocat Rosenb erger 
jührte aus, daß er, wie erwiesen, geistig nicht vollig gesunde und 
'onst bis zum Excesse gutmüthige Angeklagte, der jenen Abend 
noch mehr als er vertragen konnte getrunken hatte, im Zustande 
der Ueberraschung, der Furcht bor den draußen stehenden Bur— 
schen und des Schmerzes an seinem, wie er behauptet, bei dem 
Zu⸗ und Aufdrücken des Hofthores eingellemmten Fuße im Noth⸗ 
ttand und im Zustande völliger Unznrechnungsfähigkeil blindlingt 
ju dem nur ein wenig geöffneten Thore in die Luft hinausge⸗ 
stochen und hiebei höchsstens aus Fahrlässigkeit den Gestochenen 
zetroffen habe, jedenfalls habe er bei geminderter Zurechnungs. 
fähigkeit gehandelt. Die Geschworenen erkannten den Angeklagter 
nur der fahrlässigen Tödtung schuldig und nahmen geminderte 
Zurechnungsfähigkeit an, worauf derselbe zu einer Gefangnißstrafe 
don 2 Jahr und 6 Monaten verurtheilt wurde, wovon noch 
3. Monate und 20 Tage provisorijche Haft in Abzug zu 
hringen isftt. * 
„ Zweibrücken, 16. März. Anklagesache gegen Karl 
Faul, 30 Jahre alt, Tagner von Moͤrsch, wegen crimineller 
Korperderlezung und Gewaitthätigkeit. Der Angeklagle wurde am 
26. September vorigen Jahres wegen Koͤrperverletzung in Fran⸗ 
lenthal zu einer Arrefistrafe von 30 Tagen deruriheili. Da der 
Bürgermeister Adam Krein von Mörsch bei der Verhandlung ale 
Belastungszeuge vernommen worden war, stichelte und schimpfte 
des andern Abends der Angeklagte denselben in der Wirthschaf! 
hon Budclle und später vor der Seitz' schen Wirthschaft zu Moörsch 
in welchen der Bürgermeister die Runde gemacht. Als Letztere⸗ 
mit dem Nachtwächter Hoffmann die Wirthschaft von Seitz verließ, 
praug der Angellagte gegen seine Wohnung, kam aber mit einem 
großen Messer zurück und drohte mit demselben dem Bürgermeister 
der es ihm mit dem Stocdk aus der Hand zu schlagen suchte. 
Baul entfernte sich nun mit der Aeußerung, er gehe nach Fran 
kenthal. Als der Bürgermeister und der Rachtwächter in dieser 
Richtung ihre Runde fortsetzten und an das Haus von Georg 
Meyer kamen, sprang der Angeklagte aus dem dort mündenden 
Seitengäßchen auf den vorausgehenden Hoffiann mit dem Messer 
los. Dieser und der Bürgermeister wehrlen mit dem Stock ab 
wobei Letzterer den Stock von Hoffmann traf, so daß er ihm 
aus der Hand fuhr. Diesen Umfiand benützend holte der Ange⸗ 
tlogte von Neuem aus und versetzte dem Hoöffmann einen Suͤch 
in den Arm unterhalb des Armgelenkes, der den ganzen Arm 
durchdrang; hierauf stach er, nochmals gegen den vürgermeisser, 
dem es mit Hülfe des Verwundeten endlich gelang, ihn zu über⸗ 
mwältigen. Die Folge der Verwundung waͤr eine mehr als sech- 
zigtägige Arbeitsunfähigkeit und eine dauernde Lähmung der 
beiden letzten Finger der linken Hand. Der Angeklagte gibt zu 
im Aerger geschimpft und, nachdem er vorher geschlagen worden 
auch nach seinem Angreifer gestochen zu haben, sei aber damals 
sehr betrunken gewesen. Sein Kuf ist ein in jeder Hinficht 
schlechter. 
Herr Rechtscandidat Lang, als Vertheidiger des Angeklagten 
machte geltend, daß von überlegtem Entschlusse keine Rede sein 
bonne. da eigentlich die beiden Angegriffenen dem Angeklagten 
nachgegangen, demselben auch, wie sie zu zugeben, zuerst geschlagen 
haben; der Angellagte sei angetrunken gewesen, habe daher im 
Zustande geminderter Zurechnungsfähigkeit gehandelt; die dem 
jelben noch weiter zur Last gelegle angebliche Gewaltthätigkeit sei, 
jelbst wenn erwiesen, mit der stattgehabten Korperverlezung so 
untrennbar verschmolzen, daß man ihn nicht noch eines Vergehens 
der Gewaltthätigkeit oder Bedrohung des Bürgermei sters schuldig 
erkllären köͤnne. 
Die Geschworenen erlannten den Angeklagten jedoch beider 
Reate, unter Annahme von überlegtem Eutschluß, für schuldig 
und verneinten die Frage wegen geminderter Zurechnungsfähigkeit 
worauf derselbee zur Zuchthausstrafe von fünf Jahren verur 
theilt wurdee.... —RA—— 
F Fur die. Sitzungen der drei leßten Tage dieser Wodh⸗ 
wurde der GeschworeneHausck dispensirt. da er nothwendige 
Weise seine Geschäftseinkaͤufe auf der Frankfurter Messe ma— 
ben muß. 2* 
. J.EB. 
f, In Kaiserslautern sind die Blattern ausgebrochen. Die⸗ 
selben seien von einem Eisenbahnbedie nsteten aus Namstein dork 
hin eingeschleppt worden. 
München. Bei dem Posipacker Becher, ist als er 
perhaftet wurde, dem Vernehmen nach noch ein Betrag von 
28,000 Gulden vorgefunden worden. Wegen seiner Ausli— 
sjerung sind die nöthigen diplomatischen Schriile in Wien 
bereits gethan. B 
Sqhlaf-Entbehrüngen: Fünf junge Männer in 
Berlin wetteten jungst, wer von ihnen eine ganze Woche lang 
den Schlaf zu entbehren vermoͤchte. Fünf und einen halben Tag 
lang hielten sie sich alle Fünf den Schlaf ferne. indem sie sid 
anunterbrochen Vergnügungen, aufregenden Spielen u. s. w. hin⸗ 
zaben und viel starken schwarzen Kaffee tranken. Nach Verlaus 
aieser Zeit jedoch gaben zwei derseiben, von unüberwindliche; 
Schlafsucht befallen, den Kampf auf. Einer erlag dem Schiaf 
während des Reitens, er fiel vom Pferde und brach einen Arm 
Der Vierte bekam Ohnmachten, wurde bedenklich krank und mußte 
zleichfalls den Kampf aufgeben. Ein einziger von ihnen hielt die 
ijeben Tage aus und gewann die Wette, doch verlor er dadurq 
28 Pfund Fleisch, — er war nach Verlauf der 7 Tage, troj 
reichlichen re und Trinkens, um 25 Pfund leichter, als bein 
Beginn der Wette. — Friedrich der Große und Voltaire ver— 
juchten bekanntlich einst ein gleiches Experiment; beide brachten 
26 aber blos auf 4 Tage. * —J 
F Der „Ung. Lloyd“ berichtet von einem mißl ungenen 
Fluchtver suche der Ebergenhi aus Reudorf in der Verkleidung 
einer Nonne. 
X In voriger Woche wurde Stra ßburg von selner 
ungefähr 4 Tagr währenden Feuersbrunst heimgesucht, welche leider 
drei Menschen, einer eben erfi verheiratheten Frau, ihrem Vater 
und ihrem Bruder das Leben gekostet hat. Das Feuer, welchet 
sich sehr rasch ausbreitete, entstand früh Morgens 6 Uhr in einer 
nach dem Münster führenden engen Gasse in dem Haufe, in wel⸗ 
hem sich das Casino“ der Theologen befand; daffelbe brannie 
vollstandig nieder sammt der reichhaltigen theologischen Bibliothel. 
Die Straße ist so eng, daß man, um die Menschen zu reien, 
Leitern von einem Fenster in das gegenüber befindliche legie 
Zwei der Verunglückten stürzten sich in der Verzweiflung aus dem 
3. Stock des starkbevölkerten Hauses auf das Pfiaster, wurden 
aber durch den Fall zerschmettert, die 3. fand man gar nicht und 
vermuthet, daß sie in dem Feuer verbrannte. Unter den gereb 
teten Bewohneru des Hauses sind viele Arme, die nun ohne Ob⸗ 
dach und jegliche Habe dastehen, da fast nichts an Möbeln gerettet 
werden konnte. Ganz Straßburg ist aufs Tiefste durch diesen 
Unglücksfall erschüttert. 
Paris, 12. März. Vor dem hiesigen Zuchtpolizeigerichte 
vird feit einigen Tagen ein Proceß verhandelt, bei welchem einige 
Mitglieder der sogenannten schwarzen vander von Laben die 
dauptrolle spielen. Dreien Mitgliedern derselben, Namens Meyer 
laus Rheinbayern), Standbridge Englaänder) und Ilinski Pole), 
war es nämlich gelungen, für 104,000 Franken Diamanten und 
Zeidenwaaren, erstere von dem Juwelenhändler IX 
Etzteren von Loude Languillet u. Co. ju erschwindeln. Die 
Kau fleute, die ihre Waaren ziemlich leichtsinniger Weise geliefert, 
chöpften später Verdacht, stellten Nachforschungen an und über⸗ 
Jeugten sich bald, daß sie das Opfer von Gaunern geworden 
waren. Meyer wurde fettgenommen und derselbe gestand ein, daß 
er die Waaren an die Gebrüder Lehmann losgeschlagen habe. 
Bier dieser Gebrüder Lehmann (es sind deren —R 
vor einigen Jahren keinen Sou und sind heute Millionen reich) 
hefinden sich mit Meyer auf der Anklagebank, da Standbridge und 
Ilinskti London bewohnen. 
Herr Doctor Goppelsreder in Basel hat an 212 verschie⸗ 
denen Sorten Oblaten aus verschiedenen Fabriken Versuche ange⸗ 
tellt und ist zu folgenden Resultaten gelangt: Die rothen Ob⸗ 
laten enthalten Menning, die gelben Blei⸗Orxyd, die weißen efl 
Blei, die grünen und blauen Berlinerblau und Chrom. E⸗ 
wird gerathen, nur schwarze, weiße oder braune Oblaten an⸗ 
zuwenden. 
xBei Cette Eüdfrankreich) ist ein hannoversches Schiff 
mit Mann und Maus zu Grund gegangen. 55 
f In Habre wurden 6 Falschmünzer verhaftet, die 
dort große Einläufe gemacht hatten, um ihr falsches Geld 
anzubringen. 
—“