Full text: St. Ingberter Anzeiger

F Welchen Culturstand um dit Mitte des 19. Jabrhunderts 
as neue ungarische Reich aufweist, ergibt sich aus Folgendem: 
AInz dem vier Stunden von Zalathna entfernten Dorfe F.Bucsum 
wird dem „M. Polgar“ berichtet, daß daselbst vor einigen Wochen 
n 80 Jahre altes Rumänisches Mütterchen starb und daß drei 
ynkel der Verstorbenen, nachdem die vom Begräbniß zürluckgekehrt 
Jaren, erkrankten, welche angaben, ihre Großmutter rufe fie⸗be⸗ 
sandig und sie müßten sterben?“ Das Gerücht davonverbreitete 
ich schnell im Dorfe und gelangte auch zum Popen, welcher nun 
arauf drang, die Beerdigte imüsse wieder ausgegraben und getödtel 
werden, sie stelle sich nur todt, denn sie sei eine Hexe. Dies 
geschah denn auch wirklich im Beisein vielen Volkes; nachdem der 
Zatgdeckel geöffnet worden, führte, einer, der- Anmwesenden einen 
i aner Heugobet in die Vrust det Leiche und! da dem 
Heraͤusch, das dies veruxsachte, riefen die Leute: sie lebknoch 
Deauf an ousgedienter Soldat einige Schüsse auf die Leiche 
aibfeuerte, die nun wieder eingescharrt wurde. Tags darauf erzählte 
vJer Soldat, die Alte sei ihnr Abends auf dem Heimwege erschienen 
ind habe ihm gedroht, ünd nun ängstigen sich dalle, die “ dem Be⸗ 
zräbnisse beigewohnt. die Hexe werde auch ihnen eine Visite 
abstatten. Wo der Geistliche ein solcher Iluminat, wird man sich 
rreilich uber den Aberglauben seiner Pfarrkinder nicht übermäßig 
pundern lönnen. 75 — J 
Das Pungolo von Neapel vom 2. Huyi bringt Einzelheiten 
iber eine Luftballonfahrt, welche die bekanute Madame Poitevin 
in Begleidung ihres Schwiegersohues in den Abruzzen vorgenommen 
hat und bei welcher letztere sehr große Gefahr lief.“ Diese Luft- 
chifffahrt wurde in der Stadt Aquila vorgenommen. Als der 
Ballon sich bis auf eine Höhe von 350 Meter erhoben hatte, riß 
x ploͤtzlich an zwei Stellen entzmei.“ In einemn Augenblick ent⸗ 
eerte sich der Ballon vollständig und fiel mit schrecklicher Geschwin⸗ 
digkeit herunter. In diesem kritischen Augenblick faßte Herr Sivel 
mit großer Geistesgegenwart den Strick, der über den Ballon weg⸗ 
zeht, und brachte so im Stoff ein Höhlung hervor, wodurch der⸗ 
selbe Luft faßte und nun des Herabfallen verlangsamte. Mehr 
als 30,5000 Menschen wohnten diesem schrecklicher Schauspiele bei 
der arme Sivel hing an dem Seil, welches die Gondel festhielt. 
kinige Augenblicke später berührte er den Boden mit den Fuß—⸗ 
pitzen, und als die Gondel auf bie Etdé niederfiel, wurde sie von 
dem Stoff des Balons eingewickelt. Plötzlich sah man Sivel aus 
dieser Masse hervorkriechen; er war nicht im Geringsten zu Scha⸗ 
den gekommen und das Anzichen des Seiles hat ihn gerettet. 
F Stat istische Nachweisungen über das unselige Laster der 
Trunksucht führen die Zahl: derer; Opfer in den verschiedenen 
dandern also an: In England tödtel das Uebermaß im Trinken, 
der Mittelzahl nach angenommen, jährlich 50,000 Menschen, worunter 
12,000 weiblichen Geschlechtes. Deutschland. folgt alsdann mit 
10,000 Opfern nach. In Rußlandd zählt man nur 10,000, in 
Belgien 1000 und in Frankreich 1800. Die Nation aber, welche 
den Mißbrauch der alkoholischen Cetränke am ärgersten treibt, 
ind die Amerikaner. Nach der von Dr. Everest verfaßten Sta— 
tistik rechnet man 500,000 Personen in den Vereinigten Staaten. 
welche in dem Zeitraume von 9 Jahren an den Folgen der 
Trunksucht zu Grunde gegangen sind.. 
Der Afrikareisende Powel, ein Engländer, wurde auf 
einem Jagdzuge in Abessinien mit Frau, Kindern, Dienerschaft 
und zwei Missionären von den Eingeborenen ermordet. 
Volkswirthschaft, Handel und Verkehrr. 
Mäünchen, 3. Juni. Nach zweijährigen Verhandlungen 
vurde unter den Eisenbahnverwaltungen, welche dem süddeutschen 
kisenbahn⸗ Verbande angehören, die Abgabe von Rundreisebilletten 
ꝛeschlossen und wird diese dem reisenden Publikum höchst günstige 
kinrichtung mit dem 15. ds. Mis. in Wirksamkeit treten. Sie 
erstrekt sich nur auf Personen, denen bei Benützung der Rund— 
deisebillets Jreigepack nicht gewährt wird. Die für die einzelnen 
Bahngebiete besisehenden Reglements für den Perfonen· und Ge— 
päckverlehr bleiben im Algemeinen in Kraft. Mit den Rundreise 
illets, welche zur Fahrt in zweiter Wagenklasse ohne Unterschied 
der Züge berechtigen, ist ein Nachlaß von 45 put. der gewöhnlichen 
Fahrpreise verbunden. Selbe haben eine Giltigkeitsdauer von 
z0 Tagen, vom Tage der Abstempelung an gerechnet. Einzelne 
orlommende Couponblätter werden nicht respectirt. Das gesammte 
dereinsgebiet ist von achtzehn Routen durchzogen, innerhalb deren 
ie Reife von jeder Station beliebig begonnen oder beziehungsweise 
ortgesetzt werden kamn. 
München, 7. Juni. Wie man vernimmti, beabsichtigt 
le Staatsregierung in nicht ferner Zeit die Telegraphengebühren 
ir den internen Vienst auf die Haͤlfte herabzusetzen, so daß die 
mfache Depesche in gunm Rabern vur Fa sen mürde 9Yogt 
exst durch eine solchen Gebühren⸗Ermäßigung die an vielen kleinen 
Orten erichtelen Telegraphenstationen eine irgend erhebliche GEin⸗ 
nahme erzielen werden, dürfte außer Zweifel sein; denn erst dann 
wird es selbst den kleineren Handels- und Gewerbsleuten moͤglich 
iein, sich des Telegraphen zu geschäftlichen Zwecken zu bedie nen. 
Die Generaldirection der k. Verkehrs-Anstalten macht be— 
züglich der fortdauernden Giltigkeit der Briefmarken vͤlterer Auf⸗ 
sage sämmtliche Postanstalten darauf aufmerkfam, daß die Eni⸗ 
ichließung vom 25. September 1868, wonach die mit Marken zu 
õ kr. in blauer und zu 9 kr. in hellbrauner Farbe beklebten 
Briefe als ungenügend franlirt zu behaudeln sind, sich nur auf 
die mit dem bayerischen Wappen versehene Auflage dieser beiden 
Markengattungen vom 1. Januar 1867 bezieht und diese Verfüg⸗ 
uing darin ihren Grund hat, daß die im September v. J. emitire 
en 7 r.Marken die blaue, und die neuen 6 kr.Marken die 
raune Farbe erhiellen, und sonach Möglichkeit zur Verwechselung 
deider Auflagen gegeben war. Dagegen ist vortommenden Falles 
zie Frankirung von Briefen mit Ziffermarken der Auflage vom 
J. October 1862 (1 kr. gelb.3 ir. carminroth, 6 kr.dlau dO ite. 
»raun, 12 kr. grün und 18 kr. zinnoberroth) nicht zu beanstanden. 
Ziffermarken der ersten Auflage jedoch können zur Frankirung nicht 
enützt werden. 
Die k. General⸗Zoll⸗Adminisiration gibt bekannt, daß die in 
Leipzig stattfindende Ausstellung von Geräthen der Müllerei und 
Bäckerei und der damit im directen Zusammenhange stehenden 
Landwirthschaft, welche am 31. Mai begonnen hat, sich auf die 
Dauer des Monats Juni l. J. erstrecken soll. 
Postverkehr nach Frankreich. Fahrpostsend⸗ 
angen werden nur dann weiter befördert, wenn auf den dazu 
zehörigen Begleitadressen die von dem Absender unterzeichnete 
Erkläruag, „Keine schriftliche Mittheilungen enthaltend“ bei⸗ 
gefügt ist. J 
Zu leichtes Geld. Die in 1808 in Oessterreich aus⸗ 
zeprägten Scheidemünzen zu 20 und 10 Neukreuzer, die in 
Bayern zu 18 und 6 kr. circuliren, haben hier keinen gesetzlichen 
Fours“; sie dürfen nicht von Staatskassen und brauchen nicht von 
PBrivaten angenommen werden. Ihr wirklicher Werthist nur 
3910 und 42/410 kr. süddeutscher Währung. 
Vom 1. Juni an beiträgt die Gebühr für die telegraphische 
Besörderung einer Depesche von 10 Worten nach New. York 26fl. 
36 kr. Jedes weitere Wort kostet 2 fl. 20 kr. 
Landwirthschaftliches. 
Stanund der Früchte. Von der bekannten Bauernregel: 
„Mai kühl und naß füllt dem Bauer Scheuer und Faß“, ist der 
rste Theil auf's Vollkommenste erfüllt; ob auch der zweite Theil 
xfüllt werden wird? Dem Anschein nach allerdings! Vorerst 
ieht es fest, daß der Ungeziferschaden in diesem Jahre geringer sein 
vird, als in den vorhergegangenen Jahren, denn die küh'e Wisierung, 
jerbunden mit vielen feuchten Niederschlägen ist der Entwicklung 
ver Insekten hinderlich gewesen. Sodaun sind auch manche Er— 
chrinungen des Pflanzenlebens zurückzehalten worden und werden 
ich bei günstiger Witterung im Monat Juni um so besser entwi⸗ 
keln. Manche Früchte haben freihlich auch durch die andauernde 
Rässe gelitten, insbesondere gilt dieses von dem Roggen, denn der⸗ 
selbe hat sich namentlich auf dem mehr schweren, ja theilweise 
noch auf den Lehmböden so stark gelagert, daß er einen äußerst 
zeringen Körnerertrag liefern wird, auf den mehr leichten Böden 
dagegen hat er sich allerdings um so besser entwickelt. — Der 
Weizen steht allgemein befriedigend, ebenso zeigt die Gerste durch⸗ 
veg einen schönen Stand. Bei günstiger Witterung im Monat 
Juni kann es nicht fehlen, daß diese beiden Fruchtgattungen einen 
cecht reichen Ertrag erhoffen lassen. Die Futterkräuter, die bei 
Beginn des Frühjahrs sich nur spärl ich entwickelten, haben inzwi⸗ 
schen einen vielverspechenden Stand angenommen;; insbesondere 
sieht man allgemein einer recht reichen Heuernte entgegen. 
Aufbewahrung von Eier. Man lege die Eier in 
eine kräftige Kochsalzlösung uud lasse sie so lange darin, bis sie 
untersinken. Alsdann werden sie abgetrocknet und an einen 
ühlen Ort verbracht. Auf diese Weise halten sich die Eier 
jange Zeit, brauchen auch bei der Verwendung nicht mehr gesalzen 
zu werden. 
Brandweinbrennerei Für Unsere Pfälzer Land⸗ 
virthe dürfte es wohl von Interesse sein, zu erfahren, daß der 
yon dem rühmlichst bekannten Kupferschmiede Herr Jean Schafhaus 
von Alzei für das Gut des Herrn Generalsecretärs Adam Müller 
in Gerhardsbronn neu erbaute Brennapparat vom 20. Juni bhis 
Juli in Landstuhl ausgestellt sein wird.